Kolumne "Professioneller Bauablauf" von Andreas Scheibe, 39. Folge VOB: 3 Kniffe für die perfekte Arbeitsvorbereitung eines Bauprojekts

Dass wir Handwerker nach VOB-Vorgaben die Ausführungsunterlagen anfordern sollen – und zwar mangelfrei und vollständig – ist mittlerweile hoffentlich jedem in Fleisch und Blut übergegangen. Aber es gehören noch weitere wichtige Aspekte zur Arbeitsvorbereitung eines Bauprojektes dazu, die Kolumnist Andreas Scheibe in der 39. Folge von „Professioneller Bauablauf“ einmal genauer vorstellt.

Kolumne „Professioneller Bauablauf“ Folge 39 von Andreas Scheibe
Neben einer tadellosen Planung gehören auch noch andere Aspekte zur perfekten Arbeitsvorbereitung eines Bauprojekts. - © contrastwerkstatt - stock.adobe.com

1. Kniff der Arbeitsvorbereitung: Fordere das Nachtrags-LV!

Sobald Sie und Ihr Team merken, dass das Leistungsverzeichnis (LV) unvollständig oder mangelhaft ist, dann meldet dies am besten umgehend und zusammen mit einer Mehrkostenanzeige an den Bauherren. Der soll Ihnen dann ein Nachtrags-LV schicken. Und da Sie ab diesem Zeitpunkt im Projektablauf behindert sind und nicht weiterarbeiten können, hängen Sie direkt noch eine Behinderungsanzeige mit an. Klingt zwar etwas scharf, aber ist nun mal nötig! Wir wollen schließlich alle wichtigen Details festhalten. Also notieren Sie sich so viel wie Sie können! Und erst, wenn das Nachtrags-LV beauftragt ist, geht es wieder weiter.

Dieser Schritt ist wichtig, um nicht im Nachhinein vom Auftraggeber zu hören, dass das ja so gar nicht gewollt war. Wenn Sie allerdings hören, dass das Nachtrags-LV nicht vom Bauherrn bzw. Fachplaner erstellt werden kann (aus welchen Gründen auch immer), dann nehmen Sie die Sache ruhig selbst in die Hand. Aber wenn Sie die Planung übernehmen, dann immer nur mit Haftungsausschluss und natürlich mit entsprechender Vergütung nach Stundenaufwand.

2. Kniff der Arbeitsvorbereitung: Disposition rechtzeitig machen!

Wir Handwerker haben ein Dispositionsrecht, das uns einerseits Freiheiten, aber eben auch Verantwortungen überträgt. Wir haben die Pflicht rechtzeitig vor Beginn die Ausführungsplanung (AFU) anzufordern, dann die Montageplanung zu erstellen sowie Personal und Material zu disponieren.

Ziel ist, dass wir unsere Fristen einhalten können. Als Faustregel gilt hier: Zwei Wochen vor den Tätigkeiten sollten alle Entscheidungen getroffen worden sein, damit die AFU komplett ist und entsprechend disponiert werden kann.

3. Kniff der Arbeitsvorbereitung: Überschreite die Einzelfristen nicht!

In der Regel gibt es immer einen kalendarisch genau festgelegten Anfang und Ende eines Projekts. Aber es gibt auch Zwischenfristen, die Sie keinesfalls aus Ihrem eigenen Risikobereich heraus überschreiten sollten, da sonst der Bauherr massive Druckmittel hat bis hin zur Kündigung und Schadenersatz.

Mit einer störungszentrierten Dokumentation können solche Drucksituationen umgangen werden. Denn wie wir wissen, kommen viele Störungen, die zu Verschiebung führen, nicht aus Ihrer Richtung, sondern stellen vielmehr ein enormes Chaos aus dem Zusammenspiel mit den anderen Projektbeteiligten dar. Also achten Sie auf die Termine und dokumentieren Sie alles, was passiert, damit Sie nicht in Verzug gesetzt werden können und vor allem auch die Vergütungsansprüche gesichert sind.

Alles steht und fällt mit einer guten Planung

Und darum geht es unterm Strich: Planer haben eine große Verantwortung für die Planung, aber auch die Ausführung muss sorgfältig geplant und umgesetzt werden. Nehmen Sie sich also Zeit, um die Dinge zu ordnen. Dann entsteht automatisch Ruhe, die das Projekt ruckelfrei laufen lässt.

Über Autor Andreas Scheibe:
Andreas Scheibe
© Continu-ING GmbH

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!

Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.

"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"

Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.

In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.

stark-im-handwerk.de

Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"

Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.

In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.

der-professionelle-bauablauf.de

Zugehörige Themenseiten:
Auftragsabwicklung, Baurecht und Professioneller Bauablauf – Kolumne von Andreas Scheibe