Die UnternehmerFrauen im Handwerk (UFH) wollten in ihrer jüngsten Umfrage wissen, wie es die Betriebe mit dem Thema Inklusion halten. Ernüchterndes Ergebnis: Nur wenige fühlten sich angesprochen. Was bedeutet das – ist das Handwerk nicht bereit für die Mitarbeit von Menschen mit Beeinträchtigungen? Die Umfrage-Ergebnisse im Überblick und ein Interview mit der Bundesvorsitzenden der UFH, Katja Lilu Melder.
Die jüngste Online-Umfrage der UnternehmerFrauen im Handwerk betraf das Thema Inklusion. Sie stieß allerdings kaum auf Interesse bei den Usern. Grund genug, mit der Bundesvorsitzenden Katja Lilu Melder über die Gründe zu sprechen – und über die Veränderungen, die nötig sind.
handwerk magazin: Nur sechs Teilnehmer bei der aktuellen Umfrage. Hat das Handwerk kein Interesse an Inklusion?
Katja Lilu Melder: Ich glaube, es zeigt, dass vielen Betrieben die Erfahrung fehlt. Sie fühlten sich nicht angesprochen.
Warum gibt es denn so wenig Inklusion im Handwerk?
Es ist ein Extraaufwand, das ist klar. Viele scheuen ihn. Unternehmer und Belegschaft müssen sich mit den speziellen Herausforderungen des betroffenen Mitarbeiters auseinandersetzen und mitmachen wollen. Das ist nicht immer gegeben. Auch die gesetzlichen Vorschriften einzuhalten, erfordert Einsatz. Insgesamt scheint es für viele Unternehmer eine große Hemmschwelle zu geben. Manche sehen auch einfach keinen Grund, sich für Inklusion einzusetzen.
Haben Sie bereits Menschen mit Einschränkungen beschäftigt?
Ja, wir haben Gehörlose in meinem Abbruchbetrieb. Dafür haben alle die Gebärdensprache gelernt. Auf den Baustellen arbeiten sie immer mit einem Hörenden im Team zusammen. Sie sind vollwertige, wertvolle Mitarbeiter.
Gibt es auch Akzeptanzprobleme auf Seiten der Kunden?
Manchmal. Ich spreche vorher mit den Auftraggebern und baue Vorbehalte ab. Das ist bisher immer gelungen.
Es gibt sicher Tätigkeiten oder Gewerke, bei denen Menschen mit Einschränkungen kaum arbeiten können.
Ja, die gibt es. Aber es sind deutlich weniger, als mancher denkt. Nach dem Krieg 1945 gab es viele Menschen mit körperlichen Behinderungen. Und sie haben alle gearbeitet und das Land vorangebracht. Wir haben einerseits einen Fachkräftemangel und stecken andererseits diese Menschen in Behindertenwerkstätten, wo sie für wenig Geld mit geistig und körperlich Eingeschränkten arbeiten. Das ist unsinnig. Sie gehören in den ersten Arbeitsmarkt.
Macht Inklusion einen Arbeitgeber attraktiv?
Sicher. Eine Befragung hat ergeben, dass 19 Prozent der Umfrageteilnehmer eine Attraktivitätssteigerung sehen.
Warum setzen Sie sich so sehr für Inklusion ein?
Ich habe verstanden, dass es jeden treffen kann. Jederzeit. Und ich finde es unternehmerisch sinnvoll und gesellschaftlich notwendig, dass wir Integration leben.