Gemeinnützigkeit in Vereinen, Verbänden und Stiftungen Gutes tun und dabei Steuern sparen? So funktioniert's!

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Nachhaltigkeit, Steuerstrategien und Stiftungsrecht

Ein Urteil des Bundesfinanzhofs aus dem Bereich des Kartenspiels Bridge erweiterte 2017 den Spielraum für ­Gemeinnützigkeit erheblich. Für Ihr ehrenamtliches Engagement in Sportvereinen und ähnlichen Körperschaften werden Sie dadurch endlich auch steuerlich belohnt.

Soziale Karten
Gute Karten für sozial engagierte Unternehmer: Durch ein BFH-Urteil aus dem Jahr 2017 kann die Gemeinnützigkeit eines Vereins jetzt auch über die Öffnungsklausel beantragt werden. - © R+R/Fotolia

Häufig bekleiden Führungskräfte wichtige Funktionen in Vereinen, Verbänden oder Stiftungen. Sie gestalten die Geschicke von Organisationen maßgeblich mit. Alleine in den Prüfungsausschüssen des Handwerks sind beispielsweise rund 110.000 Unternehmer tätig. Eine zentrale Frage für Handwerksunternehmer ist daher, wie man den Sonderstatus der Gemeinnützigkeit erfolgreich beantragen und bewahren kann. Denn Organisationen haben von der Gemeinnützigkeit viele Vorteile. Sie profitieren insbesondere von Steuererleichterungen für sich, aber auch für ihre ehrenamtlichen Kräfte. Zudem dürfen nur sie Spendenbescheinigungen ausstellen, die Spender zum Sonderausgabenabzug berechtigen. Nicht zuletzt haben gemeinnützige Körperschaften häufig auch einen Imagevorteil, der sich auf den Betrieb des engagierten Unternehmers positiv auswirken kann.

Deshalb schaut der Fiskus sehr genau hin. Die örtlichen Finanzämter prüfen, ob die Satzung die gesetzlichen Bestimmungen erfüllt und der Zweck im Gemeinnützigkeitskatalog gemäß § 52 Abgabenordnung aufgeführt ist, wie zum Beispiel Kunstförderung, Jugendhilfe oder Tierschutz. Falls nein, lehnen sie den Antrag der Gemeinnützigkeit ab und beharren auf Steuerzahlungen. So auch im Fall des Deutschen Bridge Verbandes e.V. (DBV), der sich mit einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) in München erfolgreich gegen die Finanzbehörden zur Wehr setzte.

Vergleichbarkeit mit Anforderungen für gemeinnützige Organisation gegeben?

Die Verbandsverantwortlichen beriefen sich im Prozess mithilfe der Anwaltskanzlei BKL Fischer Kühne + Partner (Spezialkanzlei für Bank- und Kapitalmarktrecht, Erbrecht und Vermögensnachfolge, Steuer- und Steuerstrafrecht sowie Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht) unter anderem auf die im Jahr 2007 eingeführte Öffnungsklausel, die besagt, dass der verfolgte Vereinszweck nicht identisch mit den Katalogzwecken sein muss, sondern eine Vergleichbarkeit ausreicht. Das Präsidium um Verbandspräsident Kai-Ulrich Benthack argumentierte, dass das Kartenspiel Turnierbridge erhebliche Ähnlichkeiten zum Schachsport und andere dem Sport nahestehenden Elemente aufweise und somit die Anforderungen für eine gemeinnützige Organisation erfülle.

Der Bundesfinanzhof schloss sich der Argumentation des Klägers an. Turnierbridge erfordere, ebenso wie Schach, erhebliche intellektuelle Anstrengungen sowie hohe Merk-, Konzentrations- und Kombinationsfähigkeiten. Zudem fördere es zumindest mittelbar, und das ist beispielhaft für einen gemeinnützigen Verein, das Gesundheitswesen, die Jugend- und Altenhilfe sowie den Völkerverständigungsgedanken. Gemäß Öffnungsklausel sei Turnierbridge für gemeinnützig zu erklären.

Gemeinnützigkeit jetzt über die Öffnungsklausel beantragen

Das BFH-Urteil aus dem Jahr 2017 (Az.: V R 70/14) ist wegweisend und entwickelt die Leitlinien zur Gemeinnützigkeit fort. Das Urteil hat erhebliche Konsequenzen für alle Organisationen, deren Zweck nicht unmittelbar dem gesetzlichen Gemeinnützigkeitskatalog entspricht und deren Antrag bislang abgelehnt wurde. Verfolgen Sie mit Ihrem Verein Ziele, die mit den Katalogzwecken „vergleichbar“ sind, haben Sie nun also die Chance, den Status der Gemeinnützigkeit über die Öffnungsklausel zu beantragen. Wie der BFH entschieden hat, handelt es sich bei der Öffnungsklausel um ein eigenständiges Verfahren. Zuständig ist die oberste Landesfinanzbehörde oder eine von ihr bestimmte Behörde.

Betroffene Vereine, Verbände und Stiftungen, die bisher, wie der DBV, nicht von der Gemeinnützigkeit profitieren konnten, sollten einen Antrag gemäß der Öffnungsklausel prüfen. Neu gegründete Organisationen können daher jetzt zweigleisig vorgehen: Sie können nicht nur auf die Katalogzwecke abstellen, sondern parallel eine gemeinnützige Anerkennung nach der Öffnungsklausel beantragen. Vorab sollten die Organisationen aber fachlichen Rat bei einem Steuerberater oder Steuerrechtsexperten suchen.

Finanzbehörden überprüfen Sonderstatus der Gemeinnützigkeit

Achtung: Der Status der Gemeinnützigkeit ist nicht in Stein gemeißelt. Lange Zeit blieben kleinere und mittelgroße Organisationen von einer Außenprüfung des Finanzamts weitgehend verschont. Jetzt stehen steuerbegünstigte Organisationen unter besonderer Beobachtung der Finanzbehörden. Außenprüfer gehen explizit der Frage nach, ob Organisationen die in der Satzung festgelegten gemeinnützigen Zwecke tatsächlich umsetzen und dabei das Gebot der Selbstlosigkeit beachten.

Darüber hinaus soll festgestellt werden, ob es unrechtmäßig steuerbefreite Umsätze gibt, die zwar die Gemeinnützigkeit nicht unmittelbar gefährden, aber weitreichende steuerliche Konsequenzen haben. Bei einer verfehlten oder allzu laxen Geschäftsführung wird die Gemeinnützigkeit schnell wieder aberkannt. M it dem Wegfall der Gemeinnützigkeit werden alle Begünstigungen gestrichen, womöglich sogar rückwirkend vom Tag des Gesetzesverstoßes an.

Die Folge: Es können auf einen Schlag sehr hohe Nachzahlungen fällig werden, die den Fortbestand der Organisation gefährden. Um solche Auseinandersetzungen mit dem Fiskus zu vermeiden, muss man als im Verein tätiger Handwerksunternehmer wichtige steuerrechtliche Aspekte stets im Blick behalten. Verantwortliche sollten turnusmäßig fachlichen Rat einholen, um alle potenziellen Fallstricke zu erkennen und von vorneherein zu umgehen. So kann sich jeder mit Leib und Seele für ideelle Ziele engagieren – und davon steuerlich profitieren.

Drei Möglichkeiten: So belohnt Sie der Fiskus für Ihr Ehrenamt

Wie kann sich ein Ehrenamt konkret finanziell auswirken? Das Einkommen­steuergesetz fördert nebenberufliches Engagement im Ehrenamt durch folgende drei steuerliche Erleichterungen:

  1. Ehrenamtspauschale
    Mit der sogenannten Ehrenamtspauschale erhalten Sie gemäß § 3 Nr. 26a EStG eine Steuerbefreiung von bis zu 720 Euro pro Jahr.
  2. Übungsleiterpauschale
    Gemäß § 3 Nr. 26 EStG bleiben bis zu 2.400 Euro Einnahmen aus einem Ehrenamt steuerfrei, wenn Sie als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder in einer ähnlichen Tätigkeit aktiv sind und im Auftrag einer deutschen juristischen Person öffentlichen Rechts (z. B. Bund, Länder, Religionsgemeinschaften, Handwerkskammern) oder einer gemeinnützigen Körperschaft (Sportverein, Rotes Kreuz, NGOs) handeln. Ziel muss die Förderung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke sein. Achtung: Der Zeitaufwand darf nicht mehr als ein Drittel der regulären Erwerbstätigkeit ausmachen.
  3. Pauschale für rechtliche Betreuer, Vormünder und Pfleger
    Die nebenberufliche Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen wird vom Fiskus gemäß § 3 Nr. 26b EStG ebenfalls mit einer Steuerbefreiung von bis zu 2.400 Euro belohnt.

Handwerksorganisation: Auch hier lohnt es sich

Ob Hilfe bei Veranstaltungen und Prüfungen oder Vertretung des Handwerks in der Politik – sozial engagieren können Sie sich auch direkt in der Handwerksorganisation. Für all diese Tätigkeiten sind steuerfreie Aufwandsentschädigungen möglich. Hier eine Zusammenfassung:

Eine häufig genutzte Aufwandsentschädigung ist die Erstattung der Fahrtkosten. Die Art und Höhe der Entschädigung ist individuell je nach Beschluss der jeweiligen Organisationen festgelegt. Bei einem Verdienstausfall aufgrund hohen zeitlichen Umfangs des Ehrenamts werden dagegen Pauschalen für Ihren Einsatz gezahlt. Von Ihrem freiwilligen Einsatz können Sie auch steuerlich profitieren: Um das Ehrenamt zu fördern, wurden im Einkommensteuergesetz steuerliche Vergünstigungen geschaffen. Die Aufwandsentschädigung bleibt demnach bis zum Grenzsatz von 200 Euro im Monat bzw. 2.400 Euro im Jahr steuerfrei. Das gilt, wenn es sich bei Ihrer ehrenamtlichen Betätigung um eine nebenberufliche Tätigkeit handelt, deren zeitlicher Umfang nicht mehr als ein Drittel einer vollen Erwerbstätigkeit ausmacht.

Zusatz-Tipp: Steuerliche Vorteile gibt es auch bei ­privatem sozialem Engagement

Viele Handwerksunternehmer engagieren sich sozial, ohne gleich für Organisationen öffentlichen Rechts oder Vereine tätig zu sein. Sind aber in solchen Fällen ebenfalls steuerliche Vorteile zu erwarten? Annekathrin Wernsdorf, Steuerexpertin des Deutschen Steuerberaterverbandes (DStV), weiß die Antwort:

Soziales Engagement ist außerhalb eines Vereins für Privatpersonen und Unternehmer dann steuerlich absetzbar, wenn es sich um eine „Zuwendung für steuerbegünstigte Zwecke“ handelt. Hierzu zählen unter anderem die Förderung der Jugend- und Altenhilfe, des Tierschutzes oder auch Hilfen für Flüchtlinge. In der Regel werden in diesen Fällen Geld- und Sachspenden geleistet. Voraussetzung für den Spendenabzug ist aber, dass der Spender eine sogenannte Zuwendungsbescheinigung (Spendenquittung) vom Empfänger erhält. Eines Nachweises bedarf es zudem auch, wenn Steuerpflichtige bei einem Projekt tatsächlich mit „anpacken“ und ihre Zeit spenden. Die Spende ist in diesem Fall der Verzicht auf einen vorher schriftlich vereinbarten Vergütungsanspruch – andernfalls sind Tätigkeiten wie beispielsweise das Streichen einer Kita steuerlich unbeachtlich.

Beispiele für ein solches soziales Engagement finden Sie bei uns auch online auf unserer Deutschlandkarte der sozialen Projekte. Engagierte Betriebe werden hier mit Name, Adresse und kurzer Beschreibung auf einer digitalen Deutschlandkarte eingetragen. Interessierte können sich so schnell einen Überblick über helfende Handwerker in Deutschland verschaffen. Regelmäßig wird die Karte aktualisiert und erweitert. Die Deutschlandkarte der sozialen Projekte gibt es auf handwerk-magazin.de/soziales .

*Über Autor Dr. Daniel J. Fischer

Dr. Daniel J. Fischer ist Rechtsanwalt, Steuerberater und Partner der Kanzlei BKL Fischer Kühne + Partner in Bonn mit Tätigkeitsschwerpunkt Stiftungs- und Gemeinnützigkeitsrecht.