Bauseits gestelltes Material Fremdmaterial einbauen: So schützen sich Handwerker vor Gewährleistungsrisiken

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Bauseits gestelltes Fremdmaterial ist ein Trend. Dennoch zögern viele Handwerker mit dem Einbau – die Gewährleistungshaftung schreckt sie ab. Wenn jedoch die Haftung rechtssicher geregelt und der Verdienstausfall kompensiert ist, gibt es eigentlich keinen Grund, diese Aufträge nicht anzunehmen. So gehen Handwerker am besten vor.

Der Einbau von Fremdmaterial hat seine Tücken.
Der Einbau von Fremdmaterial hat seine Tücken. - © plai - stock.adobe.com

„Rund jeder zwölfte Auftrag im SHK- und Elektrohandwerk konfrontiert den Handwerker mit bauseits gestelltem Material“, sagt Julian Hartmann, Vertriebs-Chef bei Hand Schafft Wert. Und er sagt: „Das ist ein Trend, er wird zunehmen.“

Die Erkenntnis stammt aus einer Studie, die Hartmann 2021 zusammen mit der VVV-Versicherung durchgeführt hat. „Wir haben damals 201 Handwerksbetriebe aus den Bereichen, also aus den Gewerken Elektro und SHK, telefonisch befragt“, erzählt er. Er wollte wissen, wie häufig die Betriebe mit solchen Kundenwünschen konfrontiert sind, wie oft solche Aufträge abgelehnt werden und welchen Umsatzanteil Aufträge mit Fremdmaterial haben. Nach der Datenerhebung hat er analysiert: "In welchen Regionen häufen sich diese Aufträge und wo werden sie besonders oft abgelehnt?"

Trend zum Einau von Fremdmaterial

Die Erkenntnis: Der Trend zum Einbau von Fremdmaterial zeigt sich deutschlandweit, ohne regionale Schwerpunkte. Die Gründe für eine Auftragsablehnung sind ebenfalls überall gleich: 78 Prozent der Befragten sahen Gewährleistungsprobleme, 51 Prozent befürchten Streitigkeiten. „Auch die schlechte Qualität des einzubauenden Materials, die ausbleibende Marge und die ungeklärte Lage bei der Vorbereitung des Einbaus inklusive allen Zubehörs lassen Handwerker beim Einbau von Fremdmaterial zögern“, erklärt Hartmann.

Warum der Kunde Fremdmaterial will – und was der Handwerker davon hat

Endkunden haben viele Gründe, sich ihr einzubauendes Material selbst auszusuchen. So gibt es ein schier unendliches Angebot an sehr individuellen Designprodukten, die sich private Auftraggeber im Internet anschauen, konfigurieren und dort auch sehr einfach kaufen können. Der Kunde bestimmt also genau, wie sein Produkt aussieht. Zudem vermuten Privatkunden, einen geringeren Preis zu zahlen, als bei Bezug des Materials beim Handwerker.

„Für den Handwerker muss diese Entscheidung nicht nachteilig sein“, findet Dominik Kortmann. Er spare Zeit, weil er sich nicht lange auf die Suche nach dem identischen Einbauteil begeben muss, das der Kunde haben möchte. „Und der Handwerker kann mit einer Versicherung, die der Kunde zahlt, die Gewährleistung begrenzen und eine Garantie auf das Produkt geben“, wirbt Kortmann für die Police von Craft Care. Er ist Inhaber eines Sanitär- und Elektroinstallationsbetriebes und hat sowohl die Initiative "Hand schafft Wert", das Online-Portal "Digitale Werkbank", als auch Craft Care ins Leben gerufen.

Craft Care – was das ist und was es den Handwerker kostet

Craft Care ist eine Gruppenversicherung, der der Handwerker je Auftrag beitreten kann und deren Kosten der Endkunde trägt. Versichert sind Schäden, die durch handwerkliche Fehler entstehen (Gewährleistung) und Produktfehler (Garantie). Der Vorteil: Bei Produktfehlern haftet der Hersteller, wenn sich der Fehler nachweisen lässt. Aber: Der einbauende Handwerker hat weder ein Vertragsverhältnis mit dem Hersteller, noch mit dem Händler, was den Prozesse der Schuldfindung verkompliziert. Kortmann weiß: "Bis der ganze Kommunikationsprozess dort durch ist mit der Versicherung, hat Craft Care schon längst bezahlt. Denn hier muss keine Schuldfrage geklärt werden, da Gewährleistung und Garantie mit der Craft-Care-Police abgedeckt sind.

Aber Achtung: Das fremde Material ist versichert – Folgeschäden sind es nicht. Und mancher Handwerker denkt, dass seine Betriebshaftpflichtversicherung eventuell für den Schaden aufkommt. Doch meist ist bauseits gestelltes Material explizit ausgeschlossen. Handwerker sollten einen Blick in den Leistungskatalog und in die Ausschlüsse bei ihrer Betriebshaftpflichtversicherung werfen. Alternativ können sie auch bei ihrer Versicherung nachfragen.

Der Beitrag des Kunden mit Fremdmaterial

Die Abwicklung von Craft Care ist für den Handwerker und seinen Kunden mit Fremdmaterial denkbar einfach:

  1. Der Handwerker meldet sich kostenlos an und erstellt sein Kundenkonto zu dem ein kostenloser Gruppenvertrag gehört.
  2. Dann verschickt er einen Link an seinen Kunden. Dort muss dieser relevante Informationen zur einzubauenden Ware eingeben, etwa Hersteller, Modell, Kaufpreis, woraufhin ihm sofort die Prämie angezeigt wird. Beispiel: Bei einem rund 640 Euro teuren Doppelwaschbecken belaufen sich die Kosten für die Versicherung auf rund 119 Euro inklusive Versicherungssteuer.
  3. Stimmt der Kunde dem zu, kann der Handwerker mit einem Klick die Craft-Care-Police aktivieren und ist sofort bezüglich der Gewährleistungsrisiken rechtlich abgesichert.
  4. Die Prämie reicht er in seiner Rechnung an den Kunden weiter.

"Im Link für den Kunden erklärt der Handwerker auch, warum er einen erhöhten Stundensatz berechnen wird", sagt Kortmann. Denn dass er dies tun müsse, findet Kortmann selbstverständlich: "Das Arbeiten mit fremden Materialien und das Beschaffen aller passenden Zusatz- und Verbindungsteile sowie der Wegfall der Marge stellen einen Extraaufwand dar, den der Kunde tragen muss", sagt er.

Beispiel: Craft Care in der Energiewirtschaft

Insbesondere wer größere Aufträge von Stadtwerken und Energieversorgern annimmt, sollte diese Police nutzen. "Denn diese Unternehmen treten in neuen Geschäftsmodellen immer häufiger als Kontraktoren auf und kaufen Material wie Wärmepumpen oder PV-Anlagen zentral ein", erklärt Kortmann. Handwerksunternehmer sollten sich für die Haftung beim Einbau der teuren Anlagen besser absichern, findet er. Andernfalls können sie unverschuldet in eine Situation kommen, in der sie an allen Fronten kämpfen müssen. Denn der Auftraggeber wird unzufrieden sein, wenn es zu Schäden kommt und die eigene Liquiditätslage wird bei einer möglichen Verweigerung, die Rechnung des Kunden zu bezahlen - oder gar bei Schadenersatzansprüchen, extrem belastet. Kurz: Ein Schaden kostet Geld, Nerven und Energie – "die wir Handwerker eigentlich lieber für die laufenden Aufträge aufbringen würden", sagt Kortmann.

Aufträge mit Fremdmaterial ablehnen – kann sich das Handwerk das noch leisten?

Als die Auftragsbücher voll waren, haben viele Betriebe den Einbau von Fremdmaterial einfach abgelehnt. 78 Prozent waren es in der Untersuchung von Craft Care. Dennoch findet Kortmann, dass die Frage, ob sich Betriebe diese Ablehnung heute noch leisten können, nicht richtig. „Viel wichtiger ist doch die Frage: „Wie sichern sich Betriebe bei Fremdmaterial ab?" Wenn das gegeben sei, sei eine Ablehnung gar nicht mehr notwendig. Meist käme ja kein Erstkunde mit eigenem Material, sondern es seien Stammkunden: „Baue ich beispielsweise bei einem Bestandskunden eine Heizungsanlage ein, die ich ihm auch verkaufe und er kommt ein paar Wochen später zu mir und fragt, ob ich ihm mal eine Armatur oder Leuchte anbringen kann, ist Neinsagen sehr schwierig“, weiß er aus eigener Erfahrung. Und genau für diesen Fall hat er Craft Care initiiert. „Der Einbau von Fremdmaterial soll ja nicht der Hauptumsatztreiber sein, sondern eine Dienstleistung, die der Handwerker erbringen kann, ohne in eine Haftungsfalle zu laufen“, erklärt Kortmann.

Das Gespräch mit dem Endkunden klug führen

Die Ablehnung bei einer E-Mail- oder telefonischen Anfrage nach dem Einbau eines bauseits gestellten Materials ist also nicht mehr nötig. Dennoch sollte der Handwerker seinem potenziellen Kunden sofort erklären, dass er anders kalkulieren muss. Dazu gehört, dass er die Versicherung vorstellt, die seine Haftungsrisiken begrenzt. "Und er muss einen erhöhten Stundensatz erklären, der sich ergibt, weil die Materialkomponente mit der Marge entfällt", sagt Kortmann. Diese Kommunikation übernimmt größtenteils Craft Care – der Handwerker muss dem Kunden also nicht alles selbst erklären. "Denn der Kunde wird via E-Mail vom Craft Care-Portal sensibel darüber aufgeklärt, warum der Stundenverrechnungssatz erhöht wird und wozu die Gewährleistungsabsicherung überhaupt notwendig ist. Das soll dazu beitragen, dass der Handwerker sich auf seine Kernarbeit konzentrieren kann und dem Kunden die Versicherung nicht "verkaufen" muss", erklärt Kortmann.

Der Kunde habe dann drei Möglichkeiten zu reagieren: Entweder er akzeptiert die Bedingungen – dann lohnt sich die Mühe des Handwerkers per Tarifrechner ein schnelles Angebot zu erstellen – oder er vergibt den Auftrag ohne bauseits gestelltes Material (wenn er dieses noch nicht gekauft hat) oder er steigt aus dem Prozess aus.

Schnell klären, welche Bauteile zusätzlich zum Fremdmaterial benötigt werden

Kortmann sieht einen weiteren positiven Aspekt bei diesem Vorgehen: "Wenn ich dem potenziellen Auftraggeber einen Link e-maile, mit dessen Inhalten er sich einverstanden erklären und wo er seine Materialliste eingeben muss, damit der Auftrag angenommen wird, entgehe ich dem zeitaufwendigen E-Mail-Pingpong", sagt er. Nur, wer tatsächlich eine Lösung wolle, würde sich die Mühe machen, seine eingekauften Materialien anzugeben. Und er selber könne nicht nur kalkulieren, sondern auch anhand der Liste schnell klären, welche Bauteile er zusätzlich benötigt. Ein Ersatz für die Sichtprüfung, ob das, was der Kunde sich wünscht überhaupt machbar ist, sei dieses Verfahren aber natürlich nicht.