Flechthandwerk Flechten: Altes Handwerk zeitgenössisch interpretiert

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Immaterielles Kulturerbe Handwerk

Das Flechthandwerk gilt als ein sehr altes Handwerk. Um diese alte Traditionstechnik zu erhalten, wurde es von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Über die Neuinterpretation eines Kunsthandwerks.

Das Flechthandwerk gilt als ein sehr altes Handwerk.
Aus einem Traditionshandwerk wird ein Kunsthandwerk. - © Fotoschlick - stock.adobe.com

Korbmöbel, geflochtene Körbe oder Trennwände aus geflochtener Weide: Alles Erzeugnisse aus dem Flechthandwerk. Heute wird dieses Handwerk nur noch von wenigen ausgeübt. Siegfried Katz, ehemaliger Bundesinnungsmeister für das Korb- und Flecht- und Gestalterhandwerk und Geschäftsführer der Flechtmanufaktur Katz, ist froh über die Anerkennung der UNESCO.“ Wir wollen das Flechthandwerk mit seiner Innovationskraft und seiner Vielfalt den Menschen wieder bewusst machen und näher bringen. Außerdem wollen wir, dass wieder mehr junge Leute den Beruf erlernen“, erläutert er. Seit 2016 ist das Flechthandwerk als immaterielles Kulturerbe der UNESCO anerkannt.

Handwerk reicht bis in die Urzeit

Das Handwerk ist sehr alt. Denn ohne Werkzeuge können Schnüre aus Binsen und Papyrus gemacht werden. „Trotzdem hat das Handwerk heute nicht mehr die Bedeutung wie noch vor 100 oder 200 Jahren“, bedauert Katz. Es gerät zunehmend in Vergessenheit. In seiner Blütezeit wurde es mit Funktionsgegenständen wie Wäschekörben, Kinderwagen oder Kartoffelkörben in Verbindung gebracht. Damals war Flechten ein wichtiger Markt. Seit sich jedoch Materialien und Techniken für diese Dinge verändert haben, wurde dem Handwerk der Rang abgelaufen. Dadurch entwickelte sich das Flechthandwerk vom Funktionsgegenstand zum dekorativen, emotionalen Einrichtungsgegenstand. Aus einem Traditionshandwerk wird ein Kunsthandwerk. Trotzdem oder gerade deswegen ist es nicht verstaubt.

Drei Ausbildungsrichtungen

Das Handwerk teilt sich in drei verschiedene Ausbildungsrichtungen. Da wäre zum einen die Feinarbeit. Bei dieser Grundtechnik erlernt man, die Weide zu teilen und in flache Bänder zu hobeln. Diese Technik war Anfang des 20. Jahrhunderts sehr erfolgreich. Aufgrund der Industrialisierung ist dieser Bereich heute nur noch museal angesiedelt und dient lediglich zum Erhalt der Tradition.

Der zweite Teil ist die Arbeit mit der Weide, die sogenannte „geschlagene Arbeit“. „Das kommt daher, dass die Weide verflochten und mit einem Gegenstand verdichtet wird. Wir nennen das ‚schlagen‘. Daraus entstanden früher die Wäschekörbe“, sagt Katz.

Der sogenannte Möbelbau bildet den dritten Ausbildungsbereich. Früher wurden aus Weidenstöcken Möbel hergestellt. Heute geht die Entwicklung in Richtung Rattan-Material. Grund dafür: Dieses ist flexibler und belastbarer. Außerdem gibt es eine Mischform, bei der sogenannte Sonderanfertigungen erstellt werden, wie beispielsweise Verkleidungen von Luxusyachten. Das bedeutet, dass sich der Möbelbau und das Flechten vermischen.

400 Flechter gibt es heute noch

Etwa 400 Personen üben den Beruf des Flechters heute noch aus. Etwa 150 Flechter verfügen zusätzlich noch über ein zweites Standbein, wie etwa eine Schreinerei. Die anderen betreiben zusätzlich einen Laden, in dem sie ihre Erzeugnisse verkaufen. Der Trend weg von Plastikmöbeln hin zu Naturprodukten, könnte auch die Nachfrage nach Naturmöbeln wie etwa die der Flechter steigern. Aktuell werden 23 Auszubildende dual an der Schule für Flechten ausgebildet.“ Mit dem immateriellen Kulturerbe wollen wir, dass das Handwerk der Flechter wieder flächendeckend wahrgenommen wird“, erläutert Katz.

Flechthandwerk

  • Handwerk: Teilen der Weide und Erstellen von flachen Bändern (früher). Heute überwiegend Erzeugung von Möbeln oder Gebrauchgegnständen.
  • Beitritt: 2016
  • Ursprung: Erzeugung von Schnüren aus Binsen- und Papyrus
  • Ausübung: 400 Flechter in Deutschland.

Kurz-Info: Immaterielles Kulturerbe der UNESCO in Deutschland

Definition: Durch das immaterielle Kulturerbe soll die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in und aus Deutschland sichtbar gemacht werden. Zu diesen Ausdrucksformen zählen neben Tanz, Theater, Musik und mündlich überlieferten Bräuchen auch verschiedene Handwerkskünste.

Voraussetzungen: Das Kulturgut muss eine besondere Technik oder auch Handwerkstechnik sein, die seit vielen Jahren generationsübergreifend betrieben wird und identitätsstiftend für eine spezielle Region ist.

Deutscher Beitritt am 10. Juli 2013

Verzeichnis: Auf Bundes- und Landesebene. Bundesländer wie Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben zusätzlich eigene landesweite Verzeichnisse. Aktuell sind 72 Kulturformen in der Liste aufgeführt.