Fahrbericht Scudo und E-Scudo Fiat Scudo: Der Vorgänger des Talento ist auch sein Nachfolger

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Scudo? Da war doch was! Richtig, der neue Fiat-Kompakt­transporter ist ein alter Bekannter: Bis 2016 war er bei den Italienern der Vertreter der 2,8-Tonnen-Klasse, ehe er von seinem Nachfolger Talento abgelöst wurde. Auf der Testrunde in und um Frankfurt am Main zeigt er sich bei seinem Comeback als ein ruhiger und bequemer Vertreter seiner Klasse.

Fiat E-Scudo
Ein Italiener in Hessen: Die Testrunde führte unter anderem an den Fachwerkhäusern von Mittelbuchen vorbei. - © handwerk magazin

Für den Talento, den bisherigen Fiat-Vertreter der 2,8-Tonnen-Klasse, sei die römische Währung „Talent“ Inspirationsquelle, erklärte der Fahrzeugbauer aus Turin 2017. Warum nicht – der Talento hatte ja tatsächlich einige Talente, etwa ein vergleichsweise großes Ladevolumen. Allerdings scheint man sich im Hause Fiat jetzt dennoch wieder umorientiert zu haben: Seit Anfang 2022 ist für die Italiener bei den Mittelklasse-Transportern wieder der Scudo am Start.

Die Erklärung für den Namenswechsel: Der Transporter verlässt das Kooperationsprojekt mit Renault und Nissan und wechselt auf den EMP2-Baukasten des Stellantis-Konzerns, den neben Fiat auch Peugeot (Expert), Citroën (Jumpy), Opel (Vivaro) und Toyota (Proace) nutzen. Was das in der Praxis bedeutet? Eine Testfahrt in Frankfurt am Main bringt Aufklärung.

Ladevolumen kleiner, Mehr Nutzlast

Schon vor dem Einsteigen fällt sofort auf: Die neue Produktionsbasis, die das Fahrzeug auf eine Länge von 4,61, 4,96 oder 5,31 Meter bringt, verkleinert den Transporter ein wenig: War beim Talento das maximale Ladevolumen noch bei 7,2 Kubikmetern angegeben, sind es beim Scudo nur noch 6,6 Kubikmeter. Dagegen erhöht sich im Vergleich die Nutzlast (beim Verbrenner) von 1,2 auf 1,4 Tonnen.

Beim Testfahrzeug sind zudem die zahlreichen serienmäßigen Sicherheitsfunktionen bemerkenswert: 14 Assistenten wie etwa die automatische Verkehrszeichenerkennung, die automatische Notbremsung und der Spurhalteassistent sollen für einen stressfreien Gewerbeeinsatz sorgen.

Ruhig und ergonomisch

Apropos stressfrei: Besonders angenehm fallen die Federung und die geringen Betriebsgeräusche des neuen alten Italieners auf. Stoßgedämpft und leise setzt sich der Transporter in Bewegung. Man spürt: Der Hersteller hat viel Wert auf Federungskomfort, Schall- und Vibrationsreduktion gelegt. Auch ein überarbeitetes Ergonomiekonzept soll laut Fiat Professional für das Wohlbefinden des Fahrers sorgen – vom Lenkrad bis hin zum Sitz, der stabilisiert, ohne unbequem zu sein.

Diesel oder elektrisch?

Topthema neben der Gesundheit ist bei heutigen Transportern natürlich vor allem der Verbrauch und die Nachhaltigkeit: Das erste der beiden Scudo-Testfahrzeuge ist ein klassischer Verbrenner mit einem 107 kW/145 PS starken 2,0-Liter-Dieselmotor. Auch eine Variante mit 130 kW/177 PS oder ein 1,5-Liter-Dieselmotor mit 75 kW/102 PS oder 88kW/120 PS sind erhältlich. Da der Scudo vom Start weg auch als „E-Scudo“ mit batterieelektrischem Antrieb (BEV) angeboten wird, ist der zweite Testwagen ein 100 kW/136 PS starker Stromer mit 75-kWh-Batterie, den Kunden übrigens auch mit einer 50-kWh-Batterie bestellen können. Beide Varianten laden mit bis zu 100 kW Gleichstrom, die maximale WLTP-Reichweite beträgt 318 Kilometer.

Nutzfahrzeug bleibt Nutzfahrzeug

Bei der Testfahrt mit dem Diesel von Frankfurt am Main Richtung Hanau zeigt sich auf der dreispurigen A66 gleich der große Vorteil der Verbrenner: Man muss sich bei Überholmanövern keine Gedanken machen. Während die Diesel-Variante Lkw problemlos zügig überholt, ist beim E-Scudo aufgrund des Begrenzers bei exakt 137 Stundenkilometern Schluss. Auch die klassenbedingt naturgemäß eher mäßige Aerodynamik mit großer Windschutzscheibe wirkt sich für das Elektromodell bei höherer Geschwindigkeit negativ aus – die angegebenen 318 Kilometer Reichweite sind zumindest bei längeren Fahrten auf der Autobahn wohl kaum realistisch. Im urbanen Umfeld des Rhein-Main-Gebiets merkt der Transporterfahrer allerdings, dass nun auch beim Diesel die Verbrauchswerte schnell in die Höhe steigen. Das ist das Metier des Elektromotors, wenngleich hier eine Herausforderung zutage tritt, die auch beim getesteten Verbrenner zu spüren ist:

Trotz aller Bemühungen, die Fahrt mit dem Scudo ruhig und bequem zu gestalten, ist und bleibt das Modell ein Nutzfahrzeug. Bei der Lenkung durch die engen Fachwerkhäuser-Gässchen von Mittelbuchen muss ordentlich gekurbelt werden – das Handling ist in Ordnung, aber auch nicht überragend. Bleibt zum Abschluss der Testrunde das Rangieren und Parken. Wer möchte, kann hier ordentlich investieren: Neben Parksensoren gibt es optional auch eine Rückfahrkamera mit 180-Grad-View. Insbesondere die anfangs etwas gewöhnungsbedürftige, dreigeteilte Rückfahrkamera ist dabei sehr praktisch. Der „Rundumblick“ verhilft auch ungeübten Fahrern sicher in den Parkplatz.

Fazit: Solider Arbeiter mit Komfort

Ob sich der neue alte Scudo bei seinem Comeback allerdings insgesamt für den gewerblichen Kunden lohnt? Die Argumente liegen jedenfalls vor: Der Italiener liefert bei den Nutzfahrzeug-Kernkompetenzen eine solide Vorstellung ab und punktet zudem als ruhiger und bequemer Vertreter seiner Klasse. Der Nachfolger des Talento hat also ebenfalls einige Talente und ist mit anderen 2,8-Tonnen-Modellen absolut auf Augenhöhe.

Fiat Scudo und Fiat E-Scudo

  • Verbrauch Diesel: 5 bis 8 l auf 100 km (kombiniert nach WLTP)

  • Reichweite elektrisch: 217 km (50-kWh-Batterie) oder 318 km (75-kWh-Batterie)

  • Getriebe: Manuell, Automatik

  • Antrieb: 75 kW/102 PS bis 130 kW/177 PS, elektrisch100 kW/136 PS

  • Nutzlast: 1,4 t (Diesel) und 1,2 t (elektrisch)

  • Länge: 4,61 m, 4,96 m oder 5,31 m

  • Höhe: 1,89 m oder 1,94 m

  • Ladevolumen: 5,1, 5,8 oder 6,6 m3

  • Preise: ab 27.100 Euro netto (102-PS-Diesel) und 37.900 Euro netto (50-kWh-Batterie)