Branchencheck, Konjunktur und Kooperationen
Den Dachdeckereien geht die Arbeit nicht aus. Damit ihre Kunden klimafreundliche Energie nutzen können, müssen die Betriebe mehr Photovoltaik-Anlagen installieren.
Verschoben oder sogar aufgehoben – viele Bauprojekte liegen derzeit auf Eis. Das bereitet auch dem Dachdeckerhandwerk Sorgen, weil vor allem die für das Gewerk relevanten Ein- und Zweifamilienhäuser betroffen sind. „Die Baubranche hat mit dem Einbruch des Wohnungsneubaus zu kämpfen, davon sind auch etliche Betriebe des Dachdeckerhandwerks betroffen, trotzdem blickt der überwiegende Teil des Handwerkszweigs dank anhaltender Nachfrage optimistisch nach vorn“, beobachtet Felix Fink, Bereichsleiter für Wirtschaft und Betriebsführung beim Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks (ZVDH).
Hinzu kommt: Ohne Dachdecker gelingt keine klimarelevante Umrüstung für die Zukunft. Um bis 2030 den Bruttostromverbrauch zu mindestens 80 Prozent aus erneuerbaren Energien zu decken, treibt die Bundesregierung den Solarausbau voran. Die aktuelle Photovoltaik (PV)-Strategie sieht vor, mehr PV-Anlagen auf Hausdächern und Freiflächen zu verbauen.
Weiterer Umsatzzuwachs erwartet
Im ersten Quartal 2023 wurden bereits knapp 2,7 Gigawatt neu installiert. Ab 2026 sollen es dann sogar 22 Gigawatt mehr pro Jahr sein. Geplant ist, die Anlagen zur einen Hälfte auf Dächern, zur anderen auf Freiflächen aufzubauen. Der ZVDH setzt dabei auf Kooperationen mit dem Elektrohandwerk (ZVEH) sowie auch dem Bundesverband GebäudeGrün. „Weitere Kooperationen stehen an“, stellt Bereichsleiter Fink in Aussicht.
Die Klimawende-Offensive trägt dazu bei, dass – trotz vermehrter Baustopps im Neubau – die Auftragsbücher der Betriebe prall gefüllt sind. Zu Jahresbeginn lagen dem ZVDH-Manager zufolge den Betrieben mehr Aufträge vor als im Jahr zuvor. Seine Prognose: „Bei abgeschwächten, aber immer noch vergleichsweise hohen Preissteigerungsraten könnte das Jahr 2023 für das Dachdeckerhandwerk einen weiteren nominalen Umsatzzuwachs zwischen sieben und zehn Prozent bringen.“
Branchentrends
- Steigende Nachfrage bei PV-Anlagen
Das Interesse der Hausbesitzer an der Gewinnung von Strom durch Sonnenenergie steigt. In fast allen Bundesländern besteht die Pflicht, Photovoltaik-Anlagen einzusetzen, wozu die Bundesregierung steuerliche Vergünstigungen oder Förderprogramme für energetische Sanierungen bietet. Um Dachdeckerbetriebe rund um das Thema PV fit zu machen, hat der ZVDH Anfang 2022 einen einwöchigen Weiterbildungskurs zum zertifizierten PV-Manager im Dachdeckerhandwerk aufgelegt.
- Mehr Nachhaltigkeit erwünscht
Auftraggeber, aber auch Dachdecker machen sich mehr Gedanken über verbaute Materialien. Daneben spielen auch die Themen Entsorgung und Recycling zunehmend eine wichtige Rolle.
- Hohe Auslastung
Bei Projekten gibt es lange Vorlaufzeiten, zusätzlich machen den Betrieben nach wie vor Lieferengpässe und hohe Materialkosten zu schaffen.
- Einbruch beim Neubau
Vor allem der für Dachdecker relevante Bau von Ein- und Zweifamilienhäusern geht weiter zurück. Das bereitet den Betrieben Sorge, obwohl in den vergangenen fünf Jahren außerordentlich gute Umsatzergebnisse erzielt wurden – trotz Corona und den bekannten Auswirkungen des Ukraine-Kriegs.
- Fachkräftemangel
Erstmals seit fünf Jahren sind die Azubi-Zahlen wieder gesunken, wenn auch nur leicht. Der Fachkräftemangel macht sich seit Längerem bemerkbar, nun sinken auch die Zahlen bei den gewerblichen Arbeitnehmenden, möglicherweise ein erstes Zeichen, dass die Babyboomer-Generation in Rente geht. Das Problem des Personalmangels wird sich in den nächsten Jahren deutlich verschärfen: Das hat nicht nur Auswirkungen auf die einzelnen Betriebe, sondern auch auf die Umsetzung der Energiewende.
Branchendaten & Prognosen
Prall gefüllte Auftragsbücher treffen auf weniger Fachkräfte: Um die Arbeiten rund um den Klimawandel zu bewältigen, ist das Dachdeckerhandwerk eines der zentralen Gewerke, die die Photovoltaik-Strategie der Bundesregierung umsetzen sollen.
Umsatz (in Mrd. Euro)
Prognose 2023: Die Aussichten für das Jahr 2023 sind gut, auch bedingt durch das politische Forcieren der energetischen Sanierung und den Ausbau der Solarenergie. Gebremst wird das Wachstum durch fehlenden Nachwuchs und Fachkräftemangel.
2019 | 10,5 |
2020 | 11,5 |
2021 | 11,4 |
2022 | 12,9 |
Beschäftigte (gesamt)
Prognose 2023: Weil in den kommenden Jahren die Babyboomer-Generation in Rente gehen wird, verschärft sich der Fachkräftemangel zusehends. Gleichzeitig nimmt die Zahl der jüngeren Arbeitnehmer ab, während die der älteren steigt. Mitte der 1980er-Jahre waren rund zehn Prozent der Arbeitnehmer über 51 Jahre alt, heute sind es bereits fast 30 Prozent
2019 | 63.601 |
2020 | 64.097 |
2021 | 64.431 |
2022 | 63.552 |
Anzahl der Betriebe
Prognose 2023: Ob sich der Aufwärtstrend fortsetzen wird, ist fraglich. Es zeichnet sich indes ab, dass die Zahl der Betriebe zunimmt, die das ganze Jahr über keine gewerblichen Mitarbeiter beschäftigen. Im Jahr 2022 gab es laut den Sozialkassen SOKA-DACH 3.689 solcher Betriebe. Der Anteil der Soloselbstständigen wächst somit auf 23,3 Prozent (Vorjahr: 21,7 Prozent).
2019 | 15.180 |
2020 | 15.170 |
2021 | 15.252 |
2022 | 15.256 |
Auszubildende
Prognose 2023: Bei den Azubis werden für das laufende Jahr keine hohen Zuwächse erwartet, eine Stabilisierung der Zahlen wäre angesichts des überall herrschenden Nachwuchskräftemangels wünschenswert. In den vergangenen Jahren konnten die Betriebe zudem mehr weibliche Azubis gewinnen: 208 in 2021 und 265 in 2022.
2019 | 6.767 |
2020 | 7.228 |
2021 | 8.480 |
2022 | 8.427 |