Gesundheit am Arbeitsplatz Berufskrankheiten: die 5 größten Risiken im Job

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Arbeitsschutz und Gesundheit und Berufskrankheiten

In Deutschland gibt es mehr als 80 anerkannte Berufskrankheiten. Einige treten aufgrund verbesserter Prävention und strenger Arbeitsschutzvorgaben nur selten auf. Doch ein Blick auf die Liste mit den häufigsten Berufskrankheiten zeigt, dass deren Ursachen vor allem auch im Handwerk eine große Rolle spielen.

Lärmschwerhörigkeit
Lärmschwerhörigkeit ist seit Jahren die am häufigsten anerkannte Berufskrankheit in Deutschland. - © Ingo Bartussek - stock.adobe.com

Niemand möchte sich gern wehtun und kein Arbeitgeber möchte, dass Beschäftigte aufgrund von Arbeitsunfällen ausfallen. Daher ist es weitgehend akzeptiert, dass man sich bzw. seine Mitarbeiter vor akuten Gefahren wie einem laufenden Sägeblatt, einem scharfen Messer, einer heißen Oberfläche oder einer ätzenden Chemikalie schützt. Doch andere Gesundheitsrisiken wirken langfristig und die Folgen sind erst nach Jahren, manchmal Jahrzehnten spürbar.

Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ( BAuA) wertet jedes Jahr die Zahlen von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten in Deutschland aus. Die Ergebnisse geben den aktuellen Stand von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit wider. Im jüngsten BAuA-Bericht von 2019 stehen Hauterkrankungen, Gehörschäden, Hautkrebs, Rückenprobleme und Lungenkrebs ganz weit oben bei den häufigsten Berufskrankheiten .

Grafik BAuA 2019
Am häufigsten angezeigte Berufskrankheiten (dunkelblau) und Anerkennungen (hellblau) - © BAuA 2019

Quelle: BAuA 2019

Am häufigsten angezeigte Berufskrankheiten (dunkelblau) und Anerkennungen (hellblau)

1. Hauterkrankungen

Die mit großem Abstand am häufigsten angezeigten Berufskrankheiten betreffen die Haut. Auch wenn längst nicht jede Verdachtsanzeige als Berufskrankheit anerkannt wird, zeigt dies, dass viele Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen unter Hautproblemen leiden. Als Ursache gelten nicht nur der Hautkontakt mit chemischen Substanzen, ob Öle, Lacke oder Reinigungsmittel, sondern auch mit vermeintlich harmlosem Wasser. Denn beim Arbeiten im feuchten Milieu quillt die Haut auf, wird weich und anfällig für Verletzungen, Infektionen, Pilzerkrankungen und Ekzeme.

Handschuhe schützen zwar vor Einwirkungen von außen, aber bei längerem Tragen flüssigkeitsdichter Handschuhe bildet sich zwischen Haut und Handschuh ebenfalls ein schädigendes feuchtes Milieu. Unterziehhandschuhe aus Baumwolle beugen dem vor. Darüber hinaus sollten Mittel zur schonenden Hautreinigung, Hautschutz und Hautpflege zur Verfügung stehen und ein Hautschutzplan über deren konsequentes Anwenden informieren.

2. Lärmschwerhörigkeit

Lärmschwerhörigkeit ist seit Jahren die am häufigsten anerkannte Berufskrankheit in Deutschland. Dies ist um so erstaunlicher, als Lärm gut wahrnehmbar ist und jeder sein Gehör vergleichsweise einfach und kostengünstig schützen kann. Je nach Arbeitsplatz und Mitarbeiter sind Einmal-Ohrstöpsel, Kapselgehörschützer oder individuell angepasster Gehörschutz, sogenannte Otoplastiken, angebracht, sobald technische und organisatorische Maßnahmen zur Lärmminderung nicht ausreichen.

Besonder wichtig ist beim Gehörschutz die Unterweisung. Denn oft ist zu wenig bewusst, dass Schädigungen des Innenohrs schleichend und irreversibel sind. Die Folgen von Gehörschädigungen am Arbeitsplatz werden als Hörverlust daher oft erst viel Jahre später spürbar, wenn es für einen Schutz zu spät ist.

3. Hautkrebs durch UV-Strahlung

Jahr für Jahr erkranken in Deutschland etwa 240.000 Menschen neu an Hautkrebs und das durchschnittliche Alter der Krebspatienten wird immer jünger. Wichtigster Risikofaktor für Hautkrebs ist ultraviolette (UV) Strahlung, ob im Solarium, bei Schweißarbeiten oder durch die Sonne. Mediziner sehen als Hauptursache für den Anstieg der Erkrankungen den ungeschützten Aufenthalt im Freien. Laut BAuA betrifft diese Gefährdung in Deutschland rund 2,5 Millionen Beschäftigte, die sich bei der Arbeit ganz oder überwiegend im Freien aufhalten.

Bevor man die Belegschaft mit Sonnencremes ausstattet, muss jeder Arbeitgeber technische Maßnahmen (z. B. Verschattung durch Sonnensegel) und organisatorische Möglichkeiten (z. B. Verlegen von Arbeiten in Zeiten geringerer Sonneneinstrahlung) prüfen. Auch hier ist das Unterweisen der Mitarbeiter mitentscheidend für einen Präventionserfolg. Vielen ist z. B. nicht bewusst, dass die UV-Strahlung der Sonne die Haut auch angreift, wenn es gar nicht besonders heiß ist. Doch „ Die Haut vergisst nichts“, so ein Report im Ärzteblatt.

4. Rückenprobleme

Deutschland „hat Rücken“, das ist nicht neu. Die Ursachen sind vielfältig. Bei den einen ist es Bewegungsmangel durch überwiegende sitzende Tätigkeiten im Büro und vorm PC. Im Handwerk können es jedoch auch ergonomische Defizite sein, welche zu Rückenbeschwerden führen. Beim falschen Anheben einer Last hat sich schon mancher „verhoben“. Betriebe, in den Lasten von Hand bewegt werden müssen, sollten alle technischen Möglichkeiten zur Verfügung stellen, diese Aufgabe zu erleichtern.

Je nach Arbeitsplatz und Tätigkeiten kann eine breite Palette geeigneter Hebe-, Trage- und Transporthilfen dazu beitragen, Wirbelsäule und Bandscheiben deutlich zu entlasten. Das reicht von Hebegurten über Saugheber und Klemmgriffe bis zu Treppensackkarren, Rollwagen und Hubtischen. Das ergonomiegerechte Bewegen von Lasten sollte zudem eingeübt werden, am besten gleich verbunden mit einer professionellen Rückenschulung, die auf Fehlhaltungen aufmerksam mache und Ausgleichsübungen zeigt.

5. Lungen- und Kehlkopfkrebs

Auch die Krebsformen der Atemwege betreffen unmittelbar viele Gewerke. Denn neben dem Rauchen stehen bei den beruflich bedingten Risikofaktoren Asbest sowie Stäube weit oben. Mit Asbestvorkommen muss in allen Gebäuden gerechnet werden, die bis etwa Anfang / Mitte der 90er Jahre errichtet wurden. Bei den Stäuben gelten insbesondere mineralische Stäube (Quarzstäube) sowie Holzstäube als besonders gefährlich.

Die Gefährdungsbeurteilung vor dem Anordnen staubender Tätigkeiten sollte diese Risiken ermitteln, bewerten und Schutzmaßnahmen festlegen. Diese reichen von der Verwendung staubarmer Produkte, z. B. Mörtel in Pelletform, über Elektrowerkzeuge mit Absaugung bis zur Atemschutz-PSA.

Verantwortungsbewusste Arbeitgeber denken langfristig

Jeder Arbeitgeber im Handwerk wünscht sich gesunde Mitarbeiter. Dass die Arbeitsbedingungen viel mit Gesundheit zu tun haben, wird niemand ernsthaft bezweifeln wollen. Häufig wird jedoch beim Arbeitsschutz – auch im Handwerk – zu sehr allein auf den Schutz vor akuten Verletzungen fokussiert, z. B. durch Helm und Sicherheitsschuhe auf einer Baustelle. Die tückischen weil schleichenden Gesundheitsfolgen aufgrund ungünstiger und belastender Arbeitsbedingungen werden noch viel zu häufig unterschätzt. Jeder Arbeitgeber steht in der Verantwortung, seine Beschäftigten auch vor langfristig wirkenden Gesundheitsschäden im Beruf zu schützen. Viele Fälle von Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentungen wären vermeidbar, ganz abgesehen vom persönlichen Leid der Betroffenen.