Kolumne Mitarbeiterführung von Barbara Seidl, 2. Folge „Wieso stören mich die Mitarbeiter so oft beim Arbeiten?“

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Büroorganisation und So geht Mitarbeiterführung – Kolumne von Barbara Seidl

Brauchen Mitarbeiter immer den Chef als Rückendeckung? Barbara Seidl, Wirtschaftsmediatorin und Expertin für Personalführung in München, kennt die typischen Fragen der Chefs aus ihrer Beratungspraxis. Exklusiv auf handwerk-magazin.de gibt Sie Tipps zu den typischen Führungsproblemen – zum Nachlesen und Umsetzen.

störungsfreie Zeiten für den Chef
Auch als Chef müssen Sie nicht permanent für ihre Mitarbeiter erreichbar sein. - © (C) Andrey Popov

Die Frage des Monats

„Wenn ich im Büro sitze und konzentriert arbeiten will, werde ich häufig von meinen Mitarbeitern gestört. Entweder ruft jemand an oder ein Mitarbeiter kommt persönlich ins Büro. Da ich stets für meine Mitarbeiter als Ansprechpartner da sein und nicht unfreundlich sein möchte, beantworte ich die Fragen oder helfe kurz, manchmal verlasse ich dann auch meinen Arbeitsplatz. Die Folge ist, dass ich mich ärgere, weil ich den roten Faden verliere und mich wieder neu einarbeiten muss. Häufig beschäftigen mich dann auch die Mitarbeiteranliegen und es fällt mir schwer, mich wieder auf meine Aufgaben zu konzentrieren. So geht wertvolle Zeit und Energie verloren. Wie kann ich meine Mitarbeiter dazu bringen, mich in Ruhe arbeiten zu lassen?“

Die Einschätzung von Barbara Seidl

Störungen treten im Arbeitsalltag vielfältig auf - manchmal empfinden wir sie auf den ersten Blick aber gar nicht als solche. Denn Sie erscheinen als notwendige Begleiterscheinung unserer Arbeit oder sind uns gar willkommen: Denn sie unterbrechen eine unangenehme Arbeit, geben uns einen willkommenen Anlass zu einer Pause oder einem privaten Gespräch.

Andere Unterbrechungen empfinden wir sofort als Störung, aber wir haben häufig nicht den Mut, diese selbst abzustellen. Erst wenn Sie sich über die Art und den Umfang aller unerwünschten und spontanen Unterbrechungen im Tagesablauf klar werden, können Sie anfangen, diese konsequent zu vermeiden.

Schritt 1: Klären Sie, welche Störungen durch Ihren persönlichen Arbeits- und Führungsstil verursacht werden

Wenn Mitarbeiter scheinbar jede Kleinigkeit mit dem Chef abstimmen müssen, sollten Sie zunächst nach den Ursachen des Verhaltens forschen. Sind Sie ein Chef, der immer alles genau wissen will und sich einmischt? Dem niemand etwas recht machen kann? Die Mitarbeiter werten dieses Verhalten oft als mangelndes Vertrauen – und haben wenig Motivation, eigene Entscheidungen zu treffen. Deshalb sichern sie sich ständig beim Chef ab und überlassen ihm so auch die Verantwortung.

Sie wollen, dass Ihre Mitarbeiter eigenverantwortlich arbeiten und entscheiden? Dann müssen Sie Ihren persönlichen Führungsstil und Ihre Arbeitsorganisation auch darauf abstimmen. Dazu gehört die Fähigkeit zur Delegation genauso wie gemeinsam abgestimmte Ziele und klare Zuständigkeiten .

Schritt 2: Erlauben Sie sich störungsfreie Zeiten ohne ein schlechtes Gewissen

Auch als Chef müssen Sie nicht permanent für ihre Mitarbeiter erreichbar sein. Sie selbst haben für die Erledigung Ihrer vielfältigen Aufgaben das Recht - und meiner Meinung nach auch die „Pflicht“ - sich zurückzuziehen, um in Ruhe und ohne Unterbrechungen zu arbeiten. So wie Sie es vermutlich auch Ihren Mitarbeitern zugestehen. Stellen Sie ganz bewusst Ihre Bedürfnisse in den Mittelpunkt. Falls das aus Ihrer Sicht noch gar nicht oder zu wenig in Ihrem Betrieb praktiziert wird: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt das zu ändern.

Schritt 3: Erklären Sie den Mitarbeitern, warum der Chef nicht immer zu sprechen sein kann  

Wenn Sie ohne Informationen von nun an die Bürotür zu machen, nicht mehr an Ihr Telefon gehen und zu bestimmten Zeiten nicht zu sprechen sind, verunsichern Sie die Mitarbeiter. Zumal diese ja oft wissen, dass Sie eigentlich anwesend sind. Damit Ihr Team nicht die falschen Schlüsse aus Ihrem Verhalten zieht:

Informieren Sie Ihre Mitarbeiter, warum Sie nicht immer zu sprechen sein können und erklären Sie die Gründe. Legen Sie klar und eindeutig fest, wie die Kontaktmöglichkeiten zum Chef zukünftig gehandhabt werden. Sie haben Bedenken, dass das bei Ihrem Team nicht gut ankommt?

Sicher braucht es einige Zeit der Eingewöhnung, doch dann können beiden Seiten davon profitieren: Sie als Chef in Form von ungestörten Arbeiten, die Mitarbeiter, weil sie sich bei Nachfragen nicht immer als Störenfried fühlen müssen. Und jetzt auch auf einen entspannteren Chef treffen, der ihnen in Ruhe zuhört und ihr Anliegen nicht halbherzig zwischen Tür und Angel zu klären versucht.

Sie haben auch eine Frage zur Mitarbeiterführung, die Ihnen auf den Nägeln brennt? Dann schreiben Sie direkt eine Mail an kontakt@barbara.seidl.de, unsere Expertin wird sich gerne Ihrer Fragestellung annehmen. Die spannendsten Themen veröffentlichen wir dann hier auf der Website, selbstverständlich anonym.