Fahrbericht T6.1 VW Transporter T6.1 Plus: Alter schützt vor Leistung nicht

Zugehörige Themenseiten:
Autotest, Dieselfahrzeuge und Fuhrpark

Längst ist der VW Transporter T6.1 ein Klassiker und vielleicht der letzte ­voll­wertige VW in seiner Liga, die er einst begründete. Vor dem absehbaren Ende zeigt’s der Alte allen noch mal so richtig.

VW T6.1
Der Transporter hat sich fein gemacht – was so ein wenig schwarzer und weißer Schmuck bei einem Senior nicht alles bewirken kann. - © Randolf Unruh

Heiser wie ein Raucherkatarrh röchelt der Anlasser, danach ertönt gedämpft die Reibeisenstimme des Dieselmotors, der Joe Cocker unter den Motoren. An Bord des VW Transporter T6.1 gibt es einen klassischen Zündschlüssel, einen Schaltknauf und einen Handbremshebel. Und fast keine Assistenzsysteme. Der Fahrer kann daher – im Transporter unvermeidlich – auf kurvigen Landstraßen und in Autobahnbaustellen die Begrenzungslinien touchieren, ohne ein Feuerwerk an Warnungen in Gang zu setzen. Kein übereifriger Assistent lenkt auf kurvigen Sträßchen in gut gemeinter, aber in Konsequenz fast selbstmörderischer Absicht in den Gegenverkehr. Die Klimatisierung lässt sich mit drei übersichtlichen Drehreglern steuern. Hier ist der Fahrer noch selbstbestimmt unterwegs. Ein herr­licher Anachronismus für Engagierte nach allerhand Ausflügen in die schöne neue Welt der E-Mobilität und der Assistenten mit Helfersyndrom.

Schick eingekleidet

Bald wird der Alte 20 Jahre, manch heutiger Führerscheininhaber war noch nicht geboren, als der VW 2003 als T5 auf die Welt kam. Und doch steht der Senior richtig gut da, hat sich fein gemacht für den Test. Mit weißem Lack und dezenten Streifen, Stoßfängern in Wagenfarbe, schwarzen Spiegelgehäusen, abgedunkelten Scheiben im Fond und dem glänzenden schwarzen Dach. Muss man nicht haben, steht ihm aber gut.

Das betrifft auch die Fitness, der VW ist nicht nur schick, er packt auch an. Aufmerksame Beobachter bemerken die leer etwas hochbeinige Karosserie des Kastenwagens, der Dreitonner lauert auf Fracht. Angetreten ist er als Transporter Kasten­wagen Plus, hinter der Schiebetür steckt also eine Dreiersitzbank mit Trennwand zum Laderaum. Ein Alleskönner zum Transport von Mann und Maus, nichts wie hinein mit der Palette, beladen mit 900 Kilo Putz. Bitte längs einladen, sonst sind wegen der Trennwand die vorderen Zurrösen nicht mehr zugänglich. Kein Problem, der Frachtraum misst 1,4 Meter auf halber Höhe. Das heißt ebenfalls, dass die versprochenen zwei Paletten quer bei flächendeckender Beladung nicht passen. Aber für flache Gegen­­stände bis fast einsneunzig Länge ist Platz (mehr als die Werksangabe), denn die Rückbank kann über die volle Breite ­unterladen werden. Vor dem Verzurren wandert noch ein halbes Dutzend der 30-Kilo-Säcke in Handarbeit nach vorn vor die Rückbank, die Achslast­verteilung, klar.

Kräftiger Arbeiter

Nun muss er ran der TDI, er ackert und orgelt, rumort und röhrt, schnauft und prustet, lässt die Einspritzleitungen anschwellen und den Vorderwagen bei niedrigen Drehzahlen trotz Ausgleichswellen beim Anspannen der kräftigen Muskeln vor Anstrengung leicht vibrieren. Alles nicht laut, aber rau. Hier geht ein Arbeiter ans Werk, kein Bürohengst. VW hat den Diesel für die letzte Stufe von Euro 6 nochmals überarbeitet: motornahe Abgasreinigung mit doppeltem SCR-Kat, dreiphasige Abgasrückführung, neues Einspritzsystem, neuer Turbolader. Ganz tiefe Drehzahlen mag die Maschine nicht, ganz hohe Drehzahlen braucht sie nicht. Das tiefe Turboloch liegt, so VW, an der Konzentration auf möglichst saubere Abgase. Dazwischen fühlt sich der Motor pudelwohl, packt spontan und fest zu. 110 kW/150 PS Leistung und 340 Nm Drehmoment sind die Basis für prächtige Fahrleistungen – der Altmeister ist topfit. Kein Wunder also, dass VW 2,5 Tonnen ­Anhängelast spendiert. Passend dazu ist das Getriebe im ersten Gang so kurz übersetzt, dass die Fuhre auch am Berg ohne Kupplungsschaden anfährt.

Gleichzeitig spreizt VW die sechs Gänge so weit, dass der Transporter in der höchsten Stufe gemütlich dahinbummelt. Tempo 100 bedeutet knapp 1.800 Touren, in voller Fahrt über die Autobahn mit 180 Sachen ist der VW mit kaum mehr als 3.000 Touren unterwegs. Längst übertönen dann Windgeräusche den kratzigen Diesel. Im Unterschied zu so manch jüngerem Kollegen liegt der Transporter selbst dann satt auf der Straße, die ruhige und präzise Lenkung hält ihn sicher auf Kurs. Selbst ein kurzer Haken beim Spurwechsel bringt ihn nicht aus dem Gleichgewicht. Angesichts der gut gewürzten Testrunde liegt der Verbrauch mit exakt acht Litern auf 100 Kilometern günstig, schließlich rollt der VW bei kühlen Temperaturen weit­gehend ohne Start-Stopp und mit Winterreifen in seinen zwanzigsten Frühling.

Breite Fond-Bank

Beladen zeigt sich der VW auch von seiner komfortablen Seite. Ja, er neigt sich dann in Kurven und der Vorderwagen taucht dann ein. Aber es passiert nichts, der Transporter steckt auch rüde Manöver gelassen weg, der ESP-Eingriff ist weit entfernt. Ohne Fracht an Bord wirkt das Fahrwerk dagegen etwas steifbeinig, es mag auch an den 17-Zoll-Rädern liegen. Mitfahrern steht neben dem eher knappen Doppelbeifahrersitz die breite Bank im Fond zur Verfügung. Die einzelnen Plätze sind leicht ausgeformt, der Raum genügt auch großen Passagieren. Ablagen in Seitenwand und Türen nehmen Kleinkram auf, die Vollverkleidung ist von angemessener Qualität, auch an ein Schiebefenster ist gedacht. Als Mannschaftswagen macht der VW eine gute Figur.

Material-Benchmark

Weiter vorn sowieso. Der Fahrersitz ist wie gewohnt mehr Sessel als Sitz, die traditionell hohe Sitzposition verleiht Übersicht, es gibt Ablagen zuhauf und die Rund­instrumente sind prima ablesbar. Nicht zuletzt setzt der Alte in Verarbeitung und Materialqualität Maßstäbe, die seine aktuellen Nachfolger nicht mehr erreichen. Manche Schrulle gehört auch dazu, so lässt der Spiegel rechts immer noch einen lästigen toten Winkel. Vielleicht wäre das eine oder andere Assistenzsystem doch nicht so schlecht. Immerhin hat das serienmäßige Radio kein Laufwerk mehr für die alte Joe-Cocker-­Musikkassette. Also spendiert der raue ­Diesel den passenden Sound. Der teure Sprit an der Tanksäule tut weh. 70 Liter passen in den Tank – da klingen Reichweitendebatten absurd, der Fahrer eines T6.1 tankt, wenn er will, nicht wenn er muss. Hinzu kommt ein ordentlicher Schluck Ad-blue, das spricht für eine wirksame Abgasreinigung. Vielleicht sollte man sich noch rechtzeitig ein, zwei T6.1 zurück­legen?

VW Transporter T6.1 Plus

  • Abmessungen (L/B/H): 4.904/1.904/1.990 mm
  • Radstand: 3.000 mm
  • Wendekreis: 11.900 mm
  • Laderaum (L/B/H): 1.400–1.870/1.700/1.410 mm
  • Breite zw. Radkästen: 1.244 mm
  • Ladekapazität: 3,5 m³
  • Leergewicht Testwagen: 2.000 kg
  • Nutzlast: 1.000 kg
  • Zul. Gesamtgewicht: 3.000 kg
  • Anhängelast bei 12 % Steigung: 2.500 kg
  • Zul. Zuggesamtgewicht: 5.200 kg
  • Motor: Turbodiesel
  • Hubraum: 1.968 cm³
  • Leistung: 110 kW/150 PS
  • Drehmoment: 340 Nm
  • Getriebe: Sechsgang-Schaltgetriebe
  • Antrieb: auf die Vorderachse
  • Höchstgeschwindigkeit: 183 km/h
  • Verbrauch: 7,3 l/100 km (WLTP kombiniert)
  • CO2-Emissionen: 192 g/km (kombiniert)
  • Teststrecke beladen: 8,0 l/100 km
  • Testverbrauch Adblue: 1,58 l/100 km
  • Preis (exkl. MwSt.): 38.360 Euro

Impresssionen