Kolumne "Professioneller Bauablauf" von Andreas Scheibe, 29. Folge VOB: Das Mindset ist für professionelle Verhandlungen und eine gute Projektabwicklung entscheidend

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Auftragsabwicklung, Baurecht und Professioneller Bauablauf – Kolumne von Andreas Scheibe

„Ich liebe es, wenn ein Plan funktioniert“, pflegte Hannibal aus der beliebten 80er-Jahre Kult-Serie „A-Team“ immer zu sagen, während er sich seine kubanische Zigarre anzündete und stolz über ein weiteres erfolgreich bestandenes Abenteuer war. So in etwa fühlt es sich an, wenn ein Projekt samt Nachträgen (z.B. einer Baubeginnverschiebung) endlich glückt. Was dieser kleine Fernsehmoment mit einer gesunden Einstellung am Verhandungstisch zu tun hat, verrät Kolumnist Andreas Scheibe in einer neuen Folge „Professioneller Bauablauf“.

In der 29. Folge von „Professioneller Bauablauf" schreibt Kolumnist Andreas Scheibe über die Notwendigkeit eines gesunden Mindsets während Projektabwicklungen und Verhandlungen im Handwerk.
Für erfolgreiche Projektabwicklungen und Verhandlungen braucht es ein gesundes Mindset, so Kolumnist Andreas Scheibe in der 29. Folge von „Professioneller Bauablauf“. - © auremar – stock.adobe.com

Nahezu alle aktuellen Bauprojekte fangen derweil mit Verspätung an. Es ist kaum verwunderlich, wenn dadurch viele Handwerker massive Probleme erleiden – seien sie finanzieller und/oder emotionaler Natur! Und auch wenn ein Bauzeitnachtrag fundierte Grundlagen hat (Stichwort Bauzeitrechner), so braucht es trotzdem noch ein gewisses Geschick sowie Standfestigkeit, wenn das Gegenüber dann sagt: „Moment mal, wie kommst du denn jetzt zu dieser irrwitzigen Forderung?“ An diesem Punkt ist es wichtig, ein gutes Mindset zu haben, um professionell und auf Augenhöhe mit dem Auftraggeber zu argumentieren. So lassen sich die Forderungen ganz ohne Anwälte und Rechtsstreit am besten durchzusetzen.

Kann man verlorene Zeit noch zu Geld machen?

Handwerker, die ihren Weg zu meinem Team und mir finden, stellen sich in der Regel alle denselben Problemen und Herausforderungen im VOB-Projektgeschäft. Zugegeben, es sind teilweise gravierende Probleme, aber deswegen noch lange nicht unlösbar! Ich spreche hier von der eingangs erwähnten Bauzeit, genauer gesagt, von der Beginnverschiebung. Hierbei handelt es sich um Projekte, die sich um mehrere Monate, in seltenen Fällen sogar um ganze Jahre verzögern. Viele wissen nicht, wie man diese verlorene Zeit überhaupt noch zu Geld machen kann. Denn, auch wenn die Handwerkerteams nicht ausrücken konnten, um den Auftrag zu leisten, so gab es dennoch einkalkulierte und disponierte Arbeitskräfte, Material sowie Gerätschaften.

Nicht schutzlos ausgeliefert!

Während sie zwar Fristen verschieben, geben kaum Bauleute offen zu, dass sie eigentlich ganz genau wissen, dass eine Bauzeitverlängerung zu Ansprüchen auf Seiten des Handwerkbetriebs führt. Denn: In der Regel gibt es ja vereinbarte Termine. Bauherren wissen das, hoffen aber natürlich auf die Unwissenheit der ausführenden Firmen. Oder aber natürlich die bewährten Druckmittel wie Drohungen, Anwälte oder eben schlichtweg Ignoranz. Und genau da kommen wir ins Spiel! Mein Team und ich machen nichts anderes als die Regelungen der VOB für den Handwerker zu übersetzen, um diese praktisch umsetzbar zu machen – mit einfachen Anleitungen sowie Vorlagen! Immerhin regelt die VOB die Rechte und Pflichten der Beteiligten und schützt so den Handwerker vor der Willkür des Auftraggebers.

Wie das Spiel gespielt wird

Steht ein Auftrag beispielsweise 3 Monate lang still, hat der Betrieb die Möglichkeit mittels Kündigung ganz aus einem Projekt auszusteigen. Allerdings hat so ein Schritt meist Reibereien im Projektteam zur Folge. Aber: Diesen Schritt müssen Handwerker jedoch gar nicht erst gehen, wenn sie es denn nicht wollen. Und wenn sie stattdessen sagen: „Wir wollen den Auftrag gern übernehmen, weil wir ihn sogar brauchen“. In dem Fall ist eine Kündigung selbstverständlich kein Muss. Jeder Handwerker bei uns hat die Zügel selbst in der Hand und kann bestimmen wie das Spiel gespielt werden soll. Will er „hart“ spielen, dann Kündigung, Abrechnung und Tschüss. Will er freundlich, kooperativ und zuvorkommend sein, dann reicht er dem Bauherren eine fundierte Aufstellung der entstandenen Kosten nüchtern weiter. Und zwar begleitet von einer exzellenten und klaren Kommunikation.

Eine Frage des Mindsets

Es ist immer eine Frage des Mindsets, also der inneren Einstellung, was man tut, um Erfolg für sich zu erzielen. Manchmal ist es ratsam, friedlich mit der Kündigungsabrechnung nach Hause zu gehen, um sich schließlich neuen Projekten zu widmen. Manchmal ist es aber auch lohnenswert, wenn man Willensstärke und Durchhaltevermögen demonstriert, um sich so die ganze Summe abzugreifen. Vielmehr noch stellt sich einem jeden Handwerker stets die Frage: Spiele ich weiterhin den Handwerker, der jeden Mist mitmacht, auch wenn ich dabei abgezockt werde, weil ich meine Rechte nicht kenne oder nicht durchsetzen kann? Oder will ich endlich ein Projekttreiber werden, der auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner agiert? Wer die Regelungen der VOB vollständig umsetzen und durchsetzen möchte, der braucht ganz klar Durchhaltevermögen. Und erst dann spielt man in der Champions League der Handwerksbetriebe mit!

Über Autor Andreas Scheibe:
Andreas Scheibe
© Continu-ING GmbH

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!

Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.

"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"

Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.

In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.

stark-im-handwerk.de

Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"

Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.

In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.

der-professionelle-bauablauf .de