Kolumne "Professioneller Bauablauf" von Andreas Scheibe, 33. Folge VOB: Fehler in der Vergabephase vermeiden – So lässt sich ein Bauprojekt erfolgreich starten

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Auftragsabwicklung, Baurecht und Professioneller Bauablauf – Kolumne von Andreas Scheibe

Was haben ein Jahr und ein Bauprojekt gemeinsam? Stimmt, beide haben einen Anfang und ein Ende. Und alles, was dazwischen liegt, ist spannend und unbekannt. Aber kein Problem, egal was passiert, es lässt sich in einen Haufen kleiner Aufgaben unterteilen und nacheinander lösen. Parallel zum Januar – als Startschuss eines Jahres – sehen wir uns den Baubeginn von VOB-Projekten mal ein wenig genauer an. Was muss ganz am Anfang erledigt werden? Wo sind die ersten Stolperfallen? Wie manifestieren wir den Projekterfolg von Tag 1 an? Andreas Scheibe, unser VOB-Kolumnist, hat Antworten auf alle diese Fragen in der ersten Folge des Jahres 2024 seiner Kolumne „Professioneller Bauablauf“.

In der 33. Folge von „Professioneller Bauablauf" erklärt Kolumnist Andreas Scheibe, welche Fehler es in der Vergabephase zu vermeiden gilt, um ein Projekt erfolgreich starten zu können
Um erfolgreich in ein Projekt zu starten, gilt es in der Vergabephase (entscheidende) Fehler zu vermeiden. Welche das sind und was zu tun ist, erklärt Kolumnist Andreas Scheibe. - © H_Ko – stock.adobe.com

Wir denken uns direkt in die Kalkulationsphase hinein. Der erste Fehler ist hier, dass der Handwerksbetrieb zu viel Planungsaufwand betreibt. Was meine ich damit? Beim Bepreisen eines Langtextes im Leistungsverzeichnis sollte eines ganz klar gegeben sein: Der Handwerker muss direkt verstehen was genau da steht und was der Auftraggeber haben will.

Fehler Nummer 1: Detailplanung übernehmen

Ist das Leistungsverzeichnis jedoch unvollständig, mangelhaft oder widersprüchlich, tauchen unmittelbar Fragezeichen auf. Massen, Längen und Dimensionen sollte der Handwerker nicht selbst ermitteln müssen. Im ersten Schritt ist der Handwerker nur für die Einheitspreiskalkulation zuständig, nicht aber für die detaillierte Planung. Annahmen treffen, schätzen und operative Zeit verschwenden, gehören definitiv nicht zum Tagwerk eines Handwerkers.

Fehler Nummer 2: Falsche oder zu niedrige Kalkulationszuschläge

Kalkulationspreise in VOB-Projekten sind über das Jahr gesehen dynamisch und nie statisch. Das heißt: Zu Jahresbeginn sinken die Preise drastisch, weil auch die anderen Firmen ihre Aufträge fürs Jahr sichern wollen. Sie bieten sich günstig an, in der Hoffnung so ausgebucht zu sein.

Im Jahresverlauf ändert sich das dann allerdings meist massiv. Da sind dann auf einmal bis zu 85 Euro pro Stunde kalkulierbar und es kommt zu Materialaufschlägen von 20 bis 40 Prozent. Mit diesem antizyklischen Verhalten muss sich ein Handwerker auskennen, um lukrativ arbeiten zu können. Daher lautet mein Appell: Bietet bei VOB-Projekten regelmäßig mit, nicht sporadisch, damit ihr den Markt transparent vor euch liegen seht.

Fehler Nummer 3: Das Leistungsverzeichnis wird nicht systematisch analysiert

Unabhängig davon, woher das Leistungsverzeichnis stammt, müssen zuerst ein paar ganz entscheidende Fragen gestellt werden:

  • Passt die Anforderung zu meinem Gewerk?
  • Passt es in meine Auslastung?
  • Ist der Langtext sinnvoll ausgeschrieben (siehe Fehler Nummer 1)
  • Ist das technisch überhaupt umsetzbar?
  • Gibt es Risiken?
  • Hat der Auftraggeber die wesentlichen Ausschreibungskriterien der VOB/C aus den Abschnitten 0.1, 0.2 und 0.5 eingehalten?

Einerseits lohnt es sich monetär, diese Punkte einmal konkret aufzudröseln. Viel wichtiger sind alle diese Fragen jedoch in Hinsicht auf den Projekterfolg. Wer ein mangelhaftes LV blind und gutgläubig nach bestem Wissen und Gewissen bepreist, aber mehr durch Zufall den Zuschlag erhält, wird später sein blaues Wunder erleben. Und zwar mit einem Projekt, das von vorne bis hinten voller Tretminen steckt.

Probleme gemeinsam lösen

Es gibt noch über zehn weitere entscheidende Fehler, die ein Handwerker in der Vergabephase vermeiden sollte. Diese an dieser Stelle hier in aller Ausführlichkeit zu erklären, würde allerdings den Rahmen meiner Kolumne sprengen. Wer also mehr dazu lernen will, der meldet sich einfach bei mir zu einem persönlichen Gespräch. Probleme können leicht gelöst werden, man muss sie nur in einen Haufen kleiner lösbarer Aufgaben unterteilen.

Über Autor Andreas Scheibe:
Andreas Scheibe
© Continu-ING GmbH

Andreas Scheibe hat selbst als Planer und Projektleiter in großen Firmen gearbeitet, später den väterlichen Handwerksbetrieb übernommen und umgekrempelt. Seine Erfahrung bezahlte er laut eigener Aussage mit viel „Schweiß und Blut“, aber auch viel Geld. Es entstand die Idee zum „professionellen Bauablauf“!

Mit der Continu-ING GmbH (lücken-im-lv.de) verfolgt er heute als Coach und Mentor eine Mission: Das Handwerk muss wieder für seine Leistung anerkannt und entsprechend vergütet werden. Schluss mit dem „Sozialhandwerker“, der sich nicht zu wehren weiß und auf Kosten sitzen bleibt. Vom Handwerker als Getriebener zum aktiven Projekttreiber. Wichtige Fragen sollen endlich geklärt werden: Was sind meine Rechte, was meine Pflichten? Wie sieht es mit den Pflichten anderer aus? Was kann und muss ich fordern, um störungsfrei arbeiten zu können? Wie gelingt der Sprung vom letzten, missachteten Glied im Bauablauf zu einer Position auf Augenhöhe mit Fachplaner und Auftraggeber? Andreas Scheibe möchte neue Sichtfelder für Handwerker eröffnen.

"Stark im Handwerk – das Buch für Handwerker im VOB-Projektgeschäft"

Im August 2021 ist das erste Buch "Stark im Handwerk" von Andreas Scheibe erschienen. Darin beweist der Experte, dass die in der VOB viel Potenzial und auch viel Geld für Handwerker steckt. Aus der Praxis weiß handwerk-magazin-Kolumnist Scheibe, dass das Bild, welches Auftraggeber, Architekten und Planungsbüros oft vom Handwerker haben, meist kein ruhmreiches ist. Zwar sind die ausführenden Firmen nach deutschen Standards sehr gut ausgebildet und wissen technisch bestens Bescheid, doch von einer Sache hat man Ihnen nichts erzählt: Welche Rechte sie haben! Und auch nicht, dass sie eigentlich und zuallererst auf Augenhöhe mit Auftraggeber und Fachplaner stehen. "Der Handwerker ist zwar der letzte in der Reihenfolge bezogen auf den Bauablauf, aber der letzte Depp ist er noch lange nicht", erklärt Andreas Scheibe.

In diesem Zusammenhang kommt der Autor in seinem Buch sowohl auf die Rechte und Pflichten eines Handwerkers als auch auf die Rechte und Pflichten der anderen Projektbeteiligten zu sprechen. Denn genau diese sind im Detail in der VOB geregelt. Die Formulierungen klingen jedoch oft kompliziert und die Anwendung ist daher auch sehr unbeliebt – zu Unrecht, wie der Autor findet. Das Buch von Andreas Scheibe weckt nicht nur Interesse für das Projektgeschäft, sondern auch für das Durchsetzen von Rechten und Einfordern von Pflichten, sowie den spielerischen Umgang mit Paragrafen. Das Ziel: Handwerk muss wieder Spaß machen, gerecht bezahlt werden und zu alter Stärke zurückfinden.

stark-im-handwerk.de

Neues Buch: "Der professionelle Bauablauf – Das Schritt-für-Schritt System um deine Liquidität nachhaltig zu sichern"

Im August 2023 erschien das bereits dritte Buch von Andreas Scheibe „Der professionelle Bauablauf“. In diesem Buch sind viele Jahre Erfahrung in der Durchführung und auch Beratung von hunderten Handwerksunternehmen eingeflossen. Daraus entstanden ist ein praxiserprobtes und sofort umsetzbares Schritt-für-Schritt System welches mehr Klarheit und Sicherheit im Bauablauf für Handwerker verspricht. In diesem Buch geht es um notwendige Fähigkeiten um standardisierte Ablaufpläne zu erstellen, hochprofitable Nachträge durchzusetzen und berechtigte Forderungen darzulegen, zu begründen und zu verhandeln.

In seinem Buch geht Andreas Scheibe auch auf die 47 häufigsten und teuersten Fehler in VOB-Projekten ein, und wie sich diese verhindern lassen. Am Ende geht es darum, einen standardisierten Schriftverkehr einzuführen und Projekte strukturiert und profitabel abzuwickeln. Und das nach den Spielregeln der VOB.

der-professionelle-bauablauf .de