Kündigungsfristen: Eine Falle vor Gericht

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Eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts kann Arbeitgeber zu kostspieligen Fehlern verleiten.

Kündigung per Post: Unternehmer müssen das korrekte Datum ­eintragen. - © RioPatuca Images/Fotolia

Eine Falle vor Gericht

Der Fall

Kündigungsschreiben beginnen normalerweise mit der Angabe eines bestimmten Kündigungstermins – zum Beispiel: „Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Arbeitsverhältnis zum 30. September 2013“. Im Fall, der jetzt vor dem Bundesarbeitsgericht (6 AZR 805/11) behandelt worden ist, war das anders. Die Exmitarbeiterin einer in Konkurs gegangenen Firma musste sich den Termin selbst ausrechnen: Ihr war vom Insolvenzverwalter „zum nächstmöglichen Zeitpunkt“ mit Hinweis auf die gesetzlichen Fristen in Paragraf 622 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) und auf das Insolvenzrecht gekündigt worden. Sie klagte dagegen, weil der Kündigungszeitpunkt im Schreiben zu ungenau angegeben worden sei, und gewann sowohl vor dem Arbeits- als auch vor dem Landesarbeitsgericht Hamm. Das hätte ihr mehrere Monate weitere Lohnzahlungen eingebracht, weil der Verwalter erneut – und diesmal wirksam – hätte kündigen müssen.

Das Urteil

Doch das Bundesarbeitsgericht (BAG) erklärte die Kündigung für rechtens. Der Empfänger einer ordentlichen Kündigung müsse zwar ohne komplizierte Rechnerei erkennen können, wann sein Arbeitsverhältnis enden soll – normalerweise durch Angabe des Kündigungstermins. Im konkreten Fall genüge aber auch der Hinweis auf die gesetzlichen Kündigungsfristen und das Insolvenzrecht. Denn Letzteres begrenze die Kündigungsfristen grundsätzlich auf maximal drei Monate. Deshalb konnte sie nach Meinung der Erfurter Richter auch unschwer ermitteln, dass bei einer dreimonatigen Kündigungsfrist und einem Kündigungszugang im Mai ihr Arbeitsverhältnis am 31. August ende.

Die Praxisfolgen

Die Erfurter Richter haben einen nicht gerade alltäglichen Fall entschieden, in dem das Insolvenzrecht mit hineinspielte, was eine Ausnahme ist. In einer ordentlichen Kündigung darf der Kündigungstermin deshalb weiter nicht fehlen. Als Konsequenz aus dem BAG-Urteil müssten auf jeden Fall klare Regelungen genannt werden, die es Arbeitnehmern leicht machen, diesen selbst auszurechnen. Wie riskant aber Experimente mit ungewöhnlichen Formulierungen in Kündigungsschreiben sind, zeigt sich schon daran, dass sowohl das Arbeits- als auch das Landesarbeitsgericht Hamm die Kündigung des Insolvenzverwalters verworfen hatten. Welcher normale Arbeitgeber zieht schon bis vors Bundesarbeitsgericht?

Der Tipp

Einem möglichen Irrtum bei der Kündigungsfrist beugt vor, wer dem Formulierungsvorschlag des Berliner Rechtsanwalts Martin Hensche folgt. Danach wird der Endtermin des Arbeitsverhältnisses nur als „Wissenserklärung“ hinzugefügt: „Hiermit kündige ich das Arbeitsverhältnis ordentlich unter Beachtung der für Sie geltenden gesetzlichen/tariflichen/arbeitsvertraglichen Kündigungsfristen zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Das ist nach meinen Berechnungen der …“ Wichtig: Der Chef muss hier das korrekte Datum eintragen.