Kleine Abenteuer werden zur Erholung Urlaubsgestaltung: So machen Handwerker Urlaub

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Handwerker privat und Urlaub

Trotz Express-Mentalität der Kunden, permanenter Bereitschaft und Verfügbarkeit: Auch ein Handwerksunternehmer bedarf längerer Erholungsphasen! Wie moderne Handwerker ihren Urlaub gestalten sowie kleine Anregungen für Ihre eigene Ferienplanung lesen Sie hier.

Handwerker im Urlaub, Abenteuer
Progressiv und modern: Die Art des Reisens sowie die Wahl des Urlaubsdomizils haben sich bei vielen Handwerkern gewandelt. Sie suchen Erholung in kleinen Abenteuern. - © olezzo - stock.adobe.com

„Dieses ewige 'selbst' und 'ständig' hat sich zu sehr in den Köpfen der Leute eingebrannt. Dabei nimmt ja auch jeder Kunde seinen Jahresurlaub in Anspruch. Und das muss auch uns Handwerkern vergönnt sein“, positioniert sich Alexander Baumer ganz klar. Er ist Meister im Maler- und Lackiererhandwerk sowie Geschäftsführer von „Edle Räume“ in Regensburg und hat bei der Frage nach einem besonders kundenfreundlichen Jahresurlaub, ein 50 zu 50-Modell in seiner Firma etabliert: Zwei Wochen Sommerferien, zwei Wochen Winterferien – so ist alles geregelt und doch für jeden etwas flexibler. Natürlich sei hier eine transparente und deutliche Kommunikation gegenüber der Kundschaft im Vorhinein absolut unerlässlich.

So sieht es auch Raumausstattermeisterin Silke Schön aus Berlin: „Wenn die Kunden frühzeitig informiert sind, reagieren sie auch verständnisvoll. Jeder Mensch hat einen gewissen Erholungsbedarf. Das zu verstehen, war für mich ein Lernprozess.“ Dennoch weiß sie, Entspannen im Urlaub fällt meist weniger leicht als geplant. Und Schön gesteht: „Mit einem Ohr lauscht man immer nach dem Telefon und checkt mindestens alle zwei Tage seine Mails.“

Gut durchdachte Jahresplanung, Betriebsurlaub oder verkürzte Öffnungszeiten

Es bedarf also einer gut durchdachten Jahresplanung, damit alle Angestellten etwas vom großen Urlaubskuchen abbekommen. Um dieses Problem zu umgehen, raten die Kreishandwerkerschaften ihren Betrieben nach wie vor zum Betriebsurlaub. Bei den sogenannten Handwerkerferien wird insbesondere kleineren Firmen von drei bis fünf Mann ein fixes Datum zwischen zwei und drei Wochen vorgegeben. Dieser Zeitraum wird nach außen kommuniziert, so wissen auch die Kunden, dass sie erst nach Ablauf der Frist wieder einen Auftrag erteilen können.

Immer weniger Handwerksunternehmen wie insbesondere Elektro-Betriebe oder Bäckereien nehmen aber diese gesonderten Ferien in Anspruch. Vielmehr tendieren sie dazu mit kleinerer Mannschaft und verkürzten Öffnungszeiten aufzufahren. Im Stuttgarter Raum sind es laut einem Statement der Handwerkskammer Region Stuttgart gegenüber den Stuttgarter Nachrichten im August 2018 beispielsweise nur noch 20 Prozent aller Betriebe, die von den Handwerkerferien Gebrauch machen. Ein alarmierendes Zeichen, gilt doch die baden-württembergische Region noch als jene, die am stärksten an der traditionell geprägten Urlaubsregelung festhält.

Volle Auftragsbücher machen das Verreisen schwierig, aber nicht unmöglich

Auch Jens Christopher Ulrich, Stabsstellenleiter und Pressesprecher der Handwerkskammer für München und Oberbayern, weiß vom inneren Konflikt der Firmen, setzt aber auf den nötigen Erholungsfaktor, den ein mehrwöchiger Betriebsurlaub mit sich bringt: „Die Auftragsbücher der oberbayerischen Handwerksbetriebe sind momentan sehr voll. Das dürfte es für viele selbstständige Handwerker schwer machen, mehrere Wochen am Stück zu verreisen. Allerdings sind Auszeiten für den Chef und das Team auch gerade dann wichtig, wenn man viel Arbeit hat.“ Ulrich weiß, nur so erhalten alle Angestellten ihren vertraglich festgelegten Jahresurlaub und auch der Betriebsinhaber bekommt die Möglichkeit auf Erholung.

Grundsätzlich vereinfachen Betriebsferien einige Prozesse im Unternehmen um ein Vielfaches: so ist die Klärung sowie Verteilung des Urlaubs im gesamten Team geregelt und die restliche Jahresplanung hinsichtlich aller Aufträge und der Baustelleneinteilung gestaltet sich erheblich flexibler. Auch könnte ein Betrieb insbesondere in Saisonzeiten oft wochenlang nicht in voller Besetzung arbeiten, da alle Angestellten im Wechsel ihren Jahresurlaub antreten würden. Es ist und bleibt also ein schwieriges Unterfangen mit dem Betriebsurlaub – mit der richtigen Planung und Kommunikation aber nicht unmöglich!

Urlaub dort machen, wo der größte Kontrast zum Betriebsalltag herrscht

So eher konservativ und zerrissen die Lage hinsichtlich der Handwerkerferien ist, so progressiv und modern hat sich die Art des Reisen sowie die Wahl des Urlaubsdomizils gewandelt. In den allermeisten Fällen sind Berufe im Handwerk standortgebunden. Die Baustellen oder die zu erbringenden Dienstleistungen werden in der Stadt oder der Region verrichtet, was das Betätigungsfeld eines Handwerkers zwar vielseitig, den Einsatzort jedoch eher alltäglich macht.

Nur logisch, dass es in Zeiten nahezu grenzenloser Möglichkeiten der Urlaubsgestaltung, im Privatleben eines Handwerkers mittlerweile wesentlich abwechslungsreicher und abenteuerlicher sein darf – ohne dabei immer tief in den Geldbeutel greifen zu müssen. Hier ein paar Beispiele:

  • Trockenbauer und Stuckateur Philipp Morgenstern aus Flöha: Für ihn kann der Urlaub gar nicht vielseitig genug sein. Schnell geht es im Sommer als "Roadtrip" mit dem Van durch das nahegelegene Polen oder in der kalten Jahreszeit ans Meer nach Agadir in Marokko.
  • Malermeister Alexander Baumer aus Regensburg: Er mag es eher unkonventionell. „Eine Pauschalreise? Dafür bin ich nicht der Typ“, stellt er fest. Ihn zieht es in die weite Welt und zwar von West nach Ost: „Ich war schon an beiden großen Küsten Amerikas, aber auch der asiatische Raum reizt mich sehr.“ Bei einer Rundreise durch China oder einem Trip auf die Philippinen konnte er sich von der Vielseitigkeit dieses Kulturraums überzeugen.
  • Raumausstattermeisterin Silke Schön aus Berlin: Ihr fällt es, wie oben beschrieben, schwer, die Arbeit in der Heimat eine gewisse Zeit sein zu lassen. Das muss aber kein Nachteil sein. „Bei uns wird schnell mal der Lieferwagen ausgeräumt, die Matratze reingelegt und jede Nacht an einem anderen Ort verbracht. Ich mag's unkompliziert!“
Es zeigt sich, auch in der (Urlaubs-)Welt der Handwerker und Handwerksunternehmer hält die Moderne Einzug – eben Hauptsache mobil, flexibel oder unkonventionell!