Preisträgerinnen im Porträt Unternehmerfrau im Handwerk 2019: So sehen Siegerinnen aus

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Frauen im Handwerk und Wettbewerb: Unternehmerfrau im Handwerk

Gut 100 Frauen mit Ideen, Kraft und maximalem Engagement im Handwerk haben sich für den Preis der mitarbeitenden Unternehmerfrau und der selbstständigen Unternehmerin beworben. Die Gewinnerinnen 2019 stellen wir hier vor.

UFH Siegerinnen 2019
Kerstin Hansmann (l.), Inhaberin von Metall- und Balkonbau Hansmann in Guben, wurde als selbstständige Unternehmerin geehrt. Daniela Schleich (r.) ist die ausgezeichnete mitarbeitende Unternehmerfrau 2019. - © Jens Nieth

Am 18. Oktober 2019 kürte ‚handwerk magazin‘ im Rahmen des Bundeskongresses der Unternehmerfrauen in Billerbeck die Gewinnerinnen des Wettbewerbs „Unternehmerfrau im Handwerk 2019“. Aus knapp 100 Bewerberinnen wählte die Jury zwei Preisträgerinnen in den Kategorien „Selbstständige Unternehmerin“ und „Mitarbeitende Unternehmerfrau“ aus. Beide Preisträgerinnen erhalten einen Imagefilm über ihren Betrieb und ein Preisgeld von jeweils 2.500 Euro.

Kategorie "Selbstständige Unternehmerfrau"

So recht hat sie nicht an ihren Sieg geglaubt, als sie die Bewerbung zur Unternehmerfrau im Handwerk abschickte. „Es gibt ja viele engagierte Frauen, die Großartiges im Handwerk leisten, ich hatte nur eine vage Hoffnung“, sagt Kerstin Hansmann, 53, Inhaberin der Metall- und Balkonbau Hansmann GmbH in Guben. Umso mehr freut sie sich, dass sie ausgezeichnet wurde. „Es ist eine Wertschätzung für meine Arbeit, mein Engagement und wie ich beides lebe, das tut schon gut“, sagt die verheiratete Mutter von zwei Kindern.

Handwerkerin – von Anfang an

Das Handwerk wurde ihr in die Wiege gelegt, leicht war ihr Weg trotzdem nicht: Der Großvater ist Schlosser-, der Vater Maschinenbaumeister, und für sie steht früh fest: Auch ich werde Meister. Mit 16 Jahren beginnt sie ihre Lehre zur Maschinen- und Anlagenmonteurin, sie möchte den Betrieb des Großvaters übernehmen. Sie schließt eine Ausbildung als Instrumentenschleiferin an und ist noch nicht fertig, als der Großvater verstirbt. Mit 19 Jahren wird sie Inhaberin eines kleinen Handwerksbetriebs in Guben. Als sie den Metallbaumeister machen möchte, lehnt die Staatsführung ab – Schleifer werden gebraucht, sie muss Schneidwerkzeugmechanikermeister werden. „Ich habe das getan, aber ich habe auch geweint, weil ich nicht durfte, was ich wollte.“

Kerstin Hansmann, UFH Preisträgerin 2019
Kerstin Hansmann, alleinige Geschäftsführerin der Metall- und Balkonbau Hansmann GmbH, Guben. - © Stephan Floss

Der Mauerfall verändert alles

1989 fällt die Mauer und fast über Nacht brechen die Aufträge weg. „Die frühen 90er waren schwierige Jahre, ich bin nicht immer gut über die Runden gekommen“, erzählt sie. Kerstin Hansmann schleift Messer für Haushalte und Industrie, immer auf der Suche nach einem zukunftsfähigen Geschäftsmodell . Bald erkennt sie: Modernisierung von Gebäuden ist ein Trend. 1992 verändert sie den Geschäftszweck und baut nun Alu-Fenster und Türen, ihr Vater unterstützt sie. „Dann haben uns unsere Auftraggeber gefragt, ob wir auch Balkone bauen wollen“, erzählt Kerstin Hansmann. Sie wollen – und gründen 1997 zusammen die Metall- und Balkonbau Hansmann GmbH.

Die Zukunft gestalten

Sie verantwortet den kaufmännischen Bereich und vereinbart Kooperationen mit wissenschaftlichen Einrichtungen. Diese tragen wesentlich zum Geschäftserfolg bei: „Mit der Technischen Hochschule Wildau haben wir eine an die Industrie angelehnte, flussorientierte neue Stufe der Serienfertigung eingeführt – das macht uns zukunftsfähig“, ist sie zufrieden. Positiver Nebeneffekt: Ein Student, der damals mitarbeitet, ist heute bei Hansmanns angestellt.

Nebenbei macht sie ihren Abschluss als Betriebswirtin im Handwerk und als Fachbauleiter Metall. 2018 übernimmt sie die alleinige Geschäftsführung. „Wir haben den Generationenübergang geschafft und sehen, dass das nun auch innerhalb der Belegschaft erfolgen muss“, erzählt sie. Um Jugendliche für das Handwerk zu begeistern, seien kreative Lösungen gefragt. Zwei Beispiele: „Wir haben einen jungen Kameruner eingestellt, der kaum Deutsch sprach, und haben ihm einen Sprachkurs bezahlt“, sagt sie. Und mit einer Schule hat sie das Projekt „Saubere Schulhöfe dank sprechender Mülleimer“ ins Leben gerufen. Gemeinsam mit Konstrukteuren und Metallbauern unterstützte sie eine Schülergruppe dabei, ihre Projektidee zu planen, umzusetzen und sich am Wettbewerb „Mach was!“ der Akademie Würth zu beteiligen. „So erfahren die Schüler, wie vielfältig das Handwerk ist, und wir hoffen, dass sich daraus Berufsperspektiven für sie ergeben.“

Wertschätzung für ihre Mitarbeiter ist ihr wichtig, „ohne ihr Engagement können wir nicht erfolgreich sein“. Sie ist überzeugt: „In der Vergangenheit ging es vor allem um Vermarktung von Produkten und Leistungen. In der Zukunft wird es wichtiger, als verantwortungsvoller Arbeitgeber wahrgenommen zu werden, dafür möchte ich uns als Arbeitgebermarke etablieren.“ Als wesentlichen Erfolgsfaktor nimmt sie die Industrie 4.0 wahr: „Digitalisierung und Automatisierung bieten Chancen bei der Entwicklung des Betriebs und neuer Produkte.“

Stillstand ist Rückschritt

Über Rückschläge spricht Kerstin Hansmann nicht so gerne, „es gab sie natürlich, aber ich habe immer daraus gelernt“, erzählt sie. Ihr großes Vorbild ist Reinhold Würth, „wie er das hinbekommen hat, sein Unternehmen international aufzustellen, das beeindruckt mich. Ich wollte nie stehen bleiben, ich habe mich immer nach vorne orientiert. Stillstand ist Rückschritt, gerade im Handwerk.

Seit 34 Jahren ist sie selbstständig, politisch und sozial engagiert. Jetzt möchte sie ein bisschen kürzer treten.“ Der technische Betriebsleiter unterstützt sie, sodass der Betrieb auch mal ohne sie auskommt. Die gewonnene freie Zeit möchte sie nutzen, um mehr mit der Familie zu unternehmen und auch etwas für sich zu tun: Schwimmen oder ins Fitness-Studio gehen. Und Kerstin Hansman möchte E-Bike fahren. Das Rad muss sie sich aber noch kaufen – von ihrer Siegprämie als Unternehmerin im Handwerk 2019.

Kerstin Hansmann UFH 2019

© Frank Baumer

Kategorie "Mitarbeitende Unternehmerfrau"

"Ich freue mich so sehr über diese persönliche Auszeichung. Es ist eine Anererkennung für all das, was ich für den Betrieb und das Handwerk geleistet habe", sagt Daniela Schleich. Handwerk - das war gar nicht ihre berufliche Richtung. Sie ist Steuerfachgehilfin, arbeitet in der Buchhaltung eines Autohauses und ist mit ihrem Beruf zufrieden, als sich ihr Mann im Jahr 2000 mit einer Autolackiererei selbstständig macht. „Wir wollten Firma und Privates trennen, das war uns sehr wichtig“, blickt sie zurück. Doch Ende 2005 braucht ihr Mann Unterstützung, er bittet sie, die Buchhaltung zu übernehmen. Schon ein Jahr später wird der Arbeitsaufwand zu groß, sie kündigt ihren Job im Autohaus und steigt bei ihrem Mann ein .

Es bleibt nicht bei der Buchhaltung, sie wird an vielen Stellen gebraucht. „Ich war sein Bob der Baumeister – ‚Jo, wir schaffen das‘ war immer meine Haltung, wenn es ein Problem gab.“ So auch, als wieder mal ein angestellter Meister Anweisungen ignoriert. „Er wusste, dass er in einer Machtposition ist, und mein Mann – selbst ohne Meistertitel – war verärgert“, erzählt sie. Eigentlich will sie ihren Mann nur beruhigen, als sie sagt, sie würde den Meister machen. Doch schon am nächsten Morgen liegen Broschüren zur Meisterausbildung auf ihrem Tisch.

Der Meister verändert ihr Leben

Jetzt gibt es kein Zurück mehr: Daniela Schleich macht ihren Ausbildereignungsschein mit Bestnote. „Das war ein riesen Motivationsschub“, erzählt sie. Dann meldet sie sich für die Meisterschule an. Schnell wird ihr klar, dass der erste Teil der Ausbildung, die Praxis, eine Herausforderung wird. „Mit fehlten einfach Erfahrung und Wissen“, sagt sie. Doch sie beißt sich durch und liest manche Bücher dreimal, bis sie die Inhalte wirklich versteht. Jedes Wochenende übt sie das Lackieren, bis es klappt. Teil 1 der Prüfung schließt sie mit der Note 3 ab, Teil 2 ist die Fachtheorie, die sie als Einzige in ihrem Kurs mit einer 1 beendet. Teil 3 – Buchhaltung – hat sie noch gar nicht geschrieben, als sie von der Handwerkskammer als Dozentin rekrutiert wird, auch dieser Teil wird eine 1. Für die Gesamtnote 1,5 wird sie von der Kammer ausgezeichnet und in den Meisterprüfungsausschuss berufen. Sie wird in weitere Prüfungsausschüsse berufen, referiert auf Veranstaltungen zum Thema Ausbildung, und als das Tagungsbüro von Königin Silvia von Schweden anruft und fragt, ob sie als Vertreterin des Handwerks auf einer Veranstaltung mit der Königin auftreten will, denkt sie, es ist ein Traum. 2015 wird sie für den Bayrischen Mittelstandspreis nominiert, 2016 erhält sie ihn tatsächlich. „Mein Leben hat so viel Fahrt aufgenommen, seit ich den Meister habe, das hätte ich nie für möglich gehalten. Mir hätte nichts Besseres passieren können“, sagt sie.

Tätigkeitsbild: Einfach alles

Seit sie als Handwerkerin tätig ist, hat sie gelernt, anders zu denken. „Im Steuerbüro arbeitet man standardisierte Abläufe ab. In der Lackiererei muss ich spontan und flexibel reagieren, außerdem ist viel Versicherungs-, Rechts- und Gutachterwissen gefragt, und Erfahrung ist gefordert.“ Den Grund für ihren Erfolg beschreibt sie kurz: „Ich liebe, was ich tue.“

Das zeigt sich auch in ihrer Kreativität bei der Nachwuchsgewinnung: Wer in ihrem Betrieb eine Ausbildung mit guten Noten abschließt, bekommt ein Jahr lang ein Auto gestellt. Sie hält Vorträge in Schulen und auf Messen über die Vor- und Nachteile des Handwerksberufs, hat junge Flüchtlinge in ihrer Werkstatt angestellt und für ihre Mitarbeiter ein Prämiensystem erdacht, das Zuverlässigkeit belohnt. Die Frauenquote in Werkstatt und Büro beträgt 50 Prozent.

    Daniela Schleich, Preisträgering UFH 2019
Daniela Schleich, mitarbeitende Unternehmerfrau im Betrieb ihres Mannes, der Lackiererei Schleich GmbH in Marktheidenfeld. - © Tim Wegner

Daniela Schleich ist heute überall im Betrieb gefragt. „Ich habe jetzt eine ganz andere Akzeptanz. Ich bin nicht mehr die Frau vom Chef, die nur im Büro sitzt. Ich kann jetzt was“, sagt sie. Aktuell macht Daniela Schleich eine Weiterbildung zum geprüften Unfallschadenmanager. Ihr Blick in die Zukunft richtet sich auf den Neubau ihres Betriebes 2021 – „wir wachsen weiter“ – und langfristig auf die Übergabe: „Meine jüngste Tochter ist zwar erst zwölf Jahre alt, aber sie spricht heute schon davon, den Betrieb einmal übernehmen zu wollen“, erzählt sie. Ihre beiden älteren Kinder haben sich bisher gegen das Handwerk entschieden.

Freizeit hat Daniela Schleich wenig. Aber sie hat etwas in ihrer Garage versteckt, auf das sie sich freut und das ein bisschen Zeit braucht: ein Spider Cabrio, uralt, eigentlich nur noch eine Rohkarosse. Der Altlack muss noch ab, am besten mit einer Tauchbadentlackung. Die kostet 2.500 Euro – genau der Betrag, den sie gewonnen hat.

Daniela Schleich UFH 2019

© Frank Baumer

Bundeskongress der Unternehmerfrauen im Handwerk

Am 18. Oktober fand der 31. Bundeskongress der Unternehmerfrauen im Handwerk in Billerbeck statt. Gut 150 Frauen kamen, um im Hotel Weißenburg das vergangene Jahr Revue passieren zu lassen und zu hören, was der Vorstand für 2020 plant.

Noch vor der offiziellen Veranstaltung am Nachmittag, hatten die Teilnehmerinnen die Möglichkeit, sich parallel in zwei Workshops in Sachen Instagram und Facebook zu informieren. Die Schneidermeisterin Jessica Ryes Rodriguez aus Emsdetten hielt einen überzeugenden Vortrag zur Nutzung von Instagram. Und Jan Walden, Sales Manager bei der Firma oncliq in Münster erklärte die Finessen von Facebook. Beide Seminare folgten dem Beschluss der Bundesversammlung aus 2018, aktiver in den sozialen Netzwerken unterwegs zu sein und diese zur Betriebspositionierung und Mitarbeitergewinnung verstärkt zu nutzen.

Junge Frauen an die Macht

Die Bundesvorsitzende der UFH machte die Rekrutierung junger Frauen für das Handwerk zur Chefinnensache. Ein weiteres wichtiges Anliegen ist ihr die gleichwertige Anerkennung von beruflicher und akademischer Bildung.Es fehle an Auszubildenden, Gesellen und Meistern – an männlichen sowie an weiblichen. „Es fällt immer auf, wenn jemand über Dinge redet, die er versteht“ – lautete der diesjährige Spruch in der Einladung zum Kongress. Damit wollte Kluth darauf hinweisen, dass die Frauen im Handwerk mit Wissen punkten können und wollen. Sie betonte erneut, dass Handwerksbetriebe in ihrer eigentlichen Arbeit durch die Berge an Bürokratie gehindert würden. „Darum werden wir nicht müde, uns für den Bürokratieabbau stark zu machen,“ so Heidi Kluth.

Jede Unternehmerfrau kann reden – Impulsvortrag räumt mit Vorurteilen auf

Den Titel „Ich rede – Kommunikationsfallen und wie man sie umgeht“ hatte Kommunikationstrainerin und Speakerin Isabel García ihrem Impulsvortrag gegeben. Und leitete diesen spontan mit einer Gesangseinlage ein. Später erfuhren die Zuhörerinnen und Zuhörer, dass durch Singen Spannung und Aufregung vor einem Gespräch oder Vortrag abgebaut werden kann. „Andere können sich immer besser präsentieren und verkaufen als man selbst“, sagte García und räumte sogleich mit diesem und anderen Vorurteilen auf. Die Frauen nahmen die Beispiele aus ihren kleinen Anekdoten dankend an.

Neues Gesicht in der UFH-Geschäftsstelle in Berlin

Auf der Mitgliederversammlung am Samstag wurde ein neues Gesicht vorgestellt: Miriam Schulze ist die neue Geschäftsführerin der UFH-Geschäftsstelle in Berlin. Am 1. November 2019 löst sie ihre Vorgängerin Dr. Anne Dohle ab, die seit 2005 beim Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) für die UnternehmerFrauen zuständig ist.

Die Gastgeberin der Veranstaltung und Vorsitzende des UFH-Landesverbandes Nordrhein-Westfalen, Tatjana Lanvermann, zog ein positives Resümee aus dem Kongress: „Es war wirklich schön! Wir hatten im Vorfeld viele Ideen und waren voller Tatandrang bei der Umsetzung. Damit lagen wir offenbar genau richtig. Unsere Ideen wurden von den Frauen angenommen und mitgetragen. Das hat den Kongress in Billerbeck bereichert und mit Leben gefüllt. Mein Team und mich hat das sehr gefreut.“