Salzwirker Salzgewinnung: Zusammenspiel von Handwerk und Brauch

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Immaterielles Kulturerbe Handwerk

Tobias Heinicke ist mit ganzem Herzen ein Hallore der Salzwirker-Brüderschaft im Thale zu Halle. Als Halloren werden seit dem Spätmittelalter die Salinenarbeiter in Halle bezeichnet. Die handwerkliche Herstellung von Salz ist Teil der Brüderschaft, die mit ihrem Handwerk seit 2014 zum immateriellen Kulturerbe zählt.

Salzwirker in Deutschland
Die Halloren der Brüderschaft im Thale zu Halle stellen schon seit über 5.000 Jahren Salz her. - © Fiona Kellner

Eine große Siedepfanne, Schaufeln und Trockenpfannen, beladen mit Salzbergen. In den Räumen des Salzmuseums in Halle wird heute noch ein paar Mal im Jahr handwerkliches Salz hergestellt. Dieses stellen die Halloren der Brüderschaft im Thale zu Halle schon seit über 5.000 Jahren her. Was noch vor 20 Jahren in großen Mengen erzeugt wurde, findet heute nur noch im kleinen Rahmen statt. Einer von ihnen: Tobias Heinicke, er hat dazu beigetragen, dass die Brüderschaft und deren Handwerk von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe anerkannt wurde. „Der Titel des immateriellen Kulturerbes öffnet Türen und fördert die Offenheit von Sachsen-Anhalt und der Stadt Halle gegenüber uns Salzwirkern. Dadurch sind die Halloren wieder präsenter in der Stadt“, erklärt der langjährige, stolze Hallore.

Handwerk prägt die Geschichte

Die Brüderschaft in Halle gibt es seit dem Jahr 1491. Eine lange Tradition, auf die diese zurückblickt. Im Jahr 1524 erhielten die Halloren offiziell den Namen Salzwirker. Fortan produzierten sie bis 1964 in industriellem Stil Salz. Heute erinnern nur noch die alten Fabrikgebäude und Siedepfannen an das einst große Handwerk. „Früher gab es mehrere Siedehallen und Siedefpannen – insgesamt sieben Hallen mit je einer Pfanne. Auf dem Gelände
befanden sich außerdem Salzlager und Kohleschuppen. Insgesamt haben wir dort am Tag 9.000 Tonnen Salz ausgewiesen“, betont Heinicke.

Reichhaltiges Salzvorkommen

Zur Salzherstellung wird die sogenannte Sole (Salzwasser) benötigt. Diese kommt gehäuft im Boden rund um Halle vor. Das Bergen der Sole ist dort einfacher als in vielen anderen Gebieten. Aufgrund der Halleschen Marktplatzverwerfung (zwei verschobene Platten) entstand ein Riss, durch den das Salzwasser relativ nah an die Oberfläche gelangen konnte. „Die Brunnen hatten früher nur eine Tiefe von 30 bis 40 Metern. Der Salzgehalt der Sole war dort so hoch, dass es sofort gesiedet werden konnte“, erläutert der Experte. Grundsätzlich kann Salz erst ab einem Salzgehalt von 17 Prozent gewonnen werden, in Halle lag dieser bei über 20 Prozent.

Eine Woche Arbeitszeit

Um das Salz herzustellen, wird die Sole in Tiefbehältern zwischengelagert. Dadurch filtert der Hallore Schwebeteilchen wie Eisen oder Sand aus, da diese sich durch die Lagerung am Boden absetzen. Danach wird das Salzwasser in die Siedepfanne umgepumpt und direkt erhitzt. Für das Erhitzen wird Wasser in Form von Dampf durch ein Register gepumpt. Der Dampf erwärmt die Siedepfanne. Durch die Wärme verdunstet das Wasser, das Salz steigt nach oben und kristallisiert: Das Salz beginnt an der Wasseroberfläche zu wachsen. Die kleinen Kristalle bzw. Pyramiden bilden an der Oberfläche immer größer werdende Teilchen. Sind diese zu schwer, sinken sie auf den Pfannenboden. „Von dort ziehen die Halloren das Salz mit sogenannten Krücken an den Pfannenrand und schlagen im Anschluss das Salz mit einer Lochschaube auf das Pfannendach“, veranschaulicht Heinicke sein Handwerk. Dort läuft die restliche Sole ab und das Salz fängt an zu trocknen. Ist das Dach voll, wir das Salz auf die Trockenpfanne umgelagert und zehn bis 15 Zentimeter hoch ausgebreitet. Alle zwei Tage wenden und hacken die Halloren nun das Salz. Nach vier bis fünf Tagen wird es gebrochen und gesiebt. Insgesamt dauert die Herstellung von Salz etwa eine Woche. „Würden wird durchsieden, könnten wir im Jahr rund 100 Tonnen Salz produzieren. Aktuell stellen wir rund zehn bis zwölf Tonnen Salz durch unsere Schausieden her“, beschreibt Tobias Heinicke.

Salzwirker in Deutschland

  • Handwerk: Herstellung von Salz in sogenannten Siedepfannen
  • Entstehung: Vor über 5.000 Jahren
  • Beitritt: 2014
  • Ursprung: Brüderschaft im Thale zu Halle
  • Ausübung: in Deutschland nur noch als Ehrenamt

Immaterielles Kulturerbe: Salzwirker

© Holzmann Medien

Kurz-Info: Immaterielles Kulturerbe der UNESCO in Deutschland

Definition: Durch das immaterielle Kulturerbe soll die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen in und aus Deutschland sichtbar gemacht werden. Zu diesen Ausdrucksformen zählen neben Tanz, Theater, Musik und mündlich überlieferten Bräuchen auch verschiedene Handwerkskünste.

Voraussetzungen: Das Kulturgut muss eine besondere Technik oder auch Handwerkstechnik sein, die seit vielen Jahren generationsübergreifend betrieben wird und identitätsstiftend für eine spezielle Region ist.

Deutscher Beitritt am 10. Juli 2013

Verzeichnis: Auf Bundes- und Landesebene. Bundesländer wie Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben zusätzlich eigene landesweite Verzeichnisse. Aktuell sind 72 Kulturformen in der Liste aufgeführt.