Personal Mitarbeitersuche: Mit Vitamin B zu neuen Kollegen

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Fachkräftemangel und Mitarbeitermotivation

Vor allem im Süden der Republik finden Betriebe laut Studie des IW Köln kaum noch qualifizierte Mitarbeiter und müssen oft sogar Aufträge ablehnen. Was also tun, wenn die Stellenanzeige null Resonanz bringt? handwerk magazin hat nachgeforscht, wie Chefs trotz allem an die dringend notwendige Verstärkung kommen.

Michael Montag, Chef im SHK-Betrieb Montag & Rappenhöner in Kürten
Michael Montag, Chef im SHK-Betrieb Montag & Rappenhöner in Kürten, nutzt bei der Suche nach neuen Fachkräften gezielt die Netzwerke der eigenen Mitarbeiter – und baut auf eine starke Karriere-Website. - © Rudolf Wichert

Stolze 80 Prozent seiner neuen Fachkräfte gewinnt Michael Montag inzwischen über die Mundpropaganda der eigenen Mitarbeiter: „Nachdem es auf Stellenanzeigen kaum mehr Resonanz gibt, lassen wir die eigenen Mitarbeiter schon seit Jahren selbst nach neuen Kollegen suchen“, erklärt der Geschäftsführer des Sanitär Heizung Klimabetriebs Montag & Rappenhöner in Kürten. Vor 33 Jahren hat er den Betrieb gegründet, seitdem hat sich nach Einschätzung des Gas- und Wasserinstallateurmeisters bei der Mitarbeitergewinnung und -führung viel verändert. „Die Mitarbeiter wollen das Unternehmen auch mit entwickeln, ihre Ideen einbringen und merken, dass der Chef sie ernst nimmt.“ Um das im Arbeitsalltag umsetzen zu können, hat der Unternehmer mit Michael Rheindorf vom Beraterteam Bau in Wesseling einen Fachmann engagiert, der Abläufe, Prozesse und Strukturen gemeinsam mit den Mitarbeitern in Richtung Mitbestimmung und Transparenz neu gestalten sollte.

„Sauberer Charakter“ ist Pflicht

„Die Skepsis“, erinnert sich der Chef von 47 Mitarbeitern, „war natürlich sehr groß, doch ich habe das Team gebeten, dem Berater wenigstens eine Chance zu geben.“ Das taten die Mitarbeiter dann auch – und erarbeiteten in den regelmäßigen Workshops viele Dinge, die den Betrieb heute deutlich von den Konkurrenten in der Region unterscheiden. So müssen neue Mitarbeiter nicht zwingend alle notwendigen fachlichen Kompetenzen für eine Stelle mitbringen, sondern vor allem „ einen sauberen Charakter haben und ins Team passen “, wie es Michael Montag formuliert.

Da das am besten gewährleistet ist, wenn die eigenen Teammitglieder ihre neuen Kollegen selbst akquirieren, informiert der Chef seine Mitarbeiter gezielt über offene Stellen und fordert sie auf, sich im Freundes-, Bekannten- und Kollegenkreis umzuhören. Dabei ist vor allem der Spaßfaktor ein wichtiges Akquiseinstrument: Im Kürtener Betrieb darf jeder seine Stärken ausbilden und etwa nur Bäder oder Heizungen machen, die dafür notwendigen Weiterbildungen und Zielewerden einmal jährlich im Gespräch mit jedem Mitarbeiter festgelegt. Auch bei der Auftragsplanung und der jeweiligen Teamzusammensetzung dürfen die Mitarbeiter mitreden : So können alle die Arbeitspläne für mehrere Wochen im Voraus auf einem großen Bildschirm einsehen. Das bringt für beide Seiten Vorteile: Die Mitarbeiter können sich besser auf ihre Einsätze vorbereiten, und der Betrieb spart laut Aussage von Michael Montag enorm viel Kosten, da sich dadurch die individuellen Kompetenzen der Mitarbeiter noch besser berücksichtigen lassen.

Punkten mit Transparenz

Ausschlaggebend für das gute und offene Betriebsklima ist nach Einschätzung des Chefs darüber hinaus die Transparenz bei den Zahlen. Bezahlt wird im Wesentlichen nach Tarif, statt Urlaubs- und Weihnachtsgeld erhalten die Mitarbeiter monatlich eine Prämie, wenn es für den Betrieb gut gelaufen ist. Einmal im Quartal werden alle über die Umsätze und Gewinnesowie die etwaige Bonushöhe informiert. Eine Gesundheitsprämie für Nichtraucher, kostenfreier Kaffee und zahlreiche Softfacts sind weitere wichtige Bausteine der eigenen Arbeitgebermarke. Um zu zeigen, dass beim Kürtener Betrieb die Mitarbeiter im Mittelpunkt stehen, hat die Geschäftsführung die Website neu gestaltet und für den mobilen Zugriff optimiert: Statt der üblichen „Hardware“ in Form von langweiligen Firmengebäuden und Maschinen dreht sich alles im Sinne einer zeitgemäßen Karriere-Website um das Team, wie Michael Montag betont: „Wir wollen die Menschen nach vorne bringen und unsere Stärken bei der Software zeigen.“

Empfehlung als Königsweg

Sind Mundpropaganda und das Herausstellen der eigenen Stärken für alle Handwerker ein geeigneter Weg, um aktuell noch neue Fachkräfte zu finden? Eine B litzumfrage von handwerk magazin bei den Personalexperten von Handwerkskammern und Wirtschaftsinstitutionen zeigt: Der Sanitärbetrieb aus Kürten liegt mit seiner Strategie goldrichtig. „Einer der wichtigsten Wege, um heute Fachkräfte zu gewinnen, ist nach wie vor das Empfehlungsmarketing“, sagt etwa Nicola Pauls, Personalberaterin bei der Handwerkskammer Stuttgart. Sybille Stippler, Teamleiterin beim Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung (KOFA) des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln , sieht in der Mitarbeiterempfehlung ebenfalls „den erfolgversprechendsten Weg“, vor allem in Ergänzung mit der eigenen Job- oder Karrierewebsite. Statt sich dort in langen Beschreibungen zu verlieren, was der neue Mitarbeiter alles können und leisten soll, rät die Expertin dazu, die übliche Vorgehensweise auf den Kopf zu stellen: „Erklären Sie ausführlich, welche Vorteile der Job bei Ihnen bietet, und konzentrieren Sie sich bei den Anforderungen auf das wirklich Notwendige.“ Um die Hürden so klein wie möglich zu halten, empfehlen die Personalstrategen, auch formlose Kurzbewerbungen zuzulassen. „Das spart Zeit und minimiert den Aufwand für den Bewerber“, erklärt Nicola Pauls.
Doch mit welchen Faktoren können die Chefs im Handwerk heute bei den Mitarbeitern punkten? Eine Umfrage in Zusammenarbeit mit dem Nürnberger Mitarbeitergewinnungsexperte n Jörg Mosler auf handwerk-magazin.de zeigt: Es sind vor allem die weichen Faktoren, die den Mitarbeitern wichtig sind: 94 Prozent wünschen sich Spaß und gute Kollegensowie mehr Wertschätzung, 78 Prozent wollen spüren, dass ihre Arbeit wichtig ist. Die Aussage, dass im Job nur das Geld zählt, trifft nur auf knapp 14 Prozent der Mitarbeiter zu (alle Ergebnisse zur Umfrage auf handwerk-magazin.de/mitarbeiterwuensche).

Reden als erster Schritt

Um herauszufinden, welche Vorteile ein Betrieb als Arbeitgeber wirklich bietet und wo Wunsch und Wirklichkeit auseinanderklaffen, rät Sybille Stippler dazu, mit den Mitarbeitern über die Zusammenarbeit zu reden . Was finden sie gut? Welche Dinge könnten besser laufen? Warum sollte ein Mitarbeiter überhaupt im Betrieb arbeiten? Nach Erfahrung der KOFA-Expertin reichen oft schon kleine Schritte, um das Betriebsklima und die Zufriedenheit der Mitarbeiter nachhaltig zu verbessern: „Um als Arbeitgeber attraktiv zu sein, muss ich nicht erst alles in Ordnung bringen, sondern wichtig ist, den Prozess erst einmal zu starten.“
Schließlich, so Personalberaterin Claudia Steil von der Handwerkskammer Trier, „klappt das Prinzip Mitarbeiter werben Mitarbeiter nur, wenn sie selber zufrieden sind“. Um das potenziellen Bewerbern über die Website zu transportieren, empfiehlt Claudia Steil, Gesicht zu zeigen und durch die Darstellung des Teams positive Emotionen zu wecken. Idealerweise per Videoclip, doch es reichen auch Mitarbeiterfotos ergänzt mit kurzen Statements, warum der Job im jeweiligen Betrieb Spaß macht.

Spaß für Mitarbeiter und Chef

Dass es sich lohnt, auch im Handwerk in die Attraktivität als Arbeitgeber zu investieren, zeigt eine Umfrage der Handwerkskammer Münster zum Jahresanfang 2019. 40 Prozent der Betriebe gaben an, durch die ergriffenen Maßnahmen jetzt mehr Erfolg bei der Fachkräftesuche zu haben. Am vielversprechendsten sind aus Sicht der Befragten die Investition in ein gutes Betriebsklima, eine übertarifliche Bezahlung sowie flexible Arbeitszeiten . Michael Montag hat für sich noch einen weiteren wichtigen Grund ausgemacht, auch in Zukunft weiterhin aktiv in die Attraktivität der Arbeitsplätze zu investieren: „Weil ich sehe, dass meine Jungs und Mädels Spaß haben, bereitet mir die Arbeit auch nach 33 Jahren als Unternehmer noch viel Freude.“

Mit diesen Stärken können Sie heute punkten

Natürlich sind ein sicherer Job und eine gute Bezahlung auch heute noch wichtig. Doch die nachwachsende Generation will mehr als ein gutes Auskommen. Sie möchte sich einbringen und mitentscheiden , aber dem Job auch nicht mehr alles unterordnen.
  1. Flexibilität
    Je nach Lebensphase haben die Mitarbeiter unterschiedliche Prioritäten in ihrem Privatleben. Natürlich müssen Sie nicht jeden Spleen unterstützen, doch wo immer es möglich ist, sollten Sie den Mitarbeitern dabei helfen, Beruf und Privates möglichst gut in Einklang zu bringen.
  2. Spaß
    Am Ende zählt nur die Leistung, denn schließlich müssen Sie mit dem Betrieb Geld verdienen. Doch das heißt nicht, dass Chef und Mitarbeiter keinen Spaß haben dürfen. Im Gegenteil: Wer nicht alles total verbissen sieht und die Mitarbeiter nach ihren Stärken einsetzt, erzielt oft bessere Ergebnisse.
  3. Perspektive
    Engagierte Fachkräfte wollen mitreden und auch Verantwortung übernehmen. Sprechen Sie deshalb rechtzeitig und vor allem regelmäßig darüber, welche Entwicklungschancen es im Betrieb gibt. Um gute Kräfte zu halten, kann es sich sogar lohnen, eine eigene Stelle für den Mitarbeiter zu schaffen.
  4. Teamgeist
    Mit anderen ein Ziel zu erreichen hat für alle Teammitglieder eine besondere Faszination. Dadurch können auch schwächere Kräfte scheinbar aus dem Nichts viel mehr leisten als gedacht. Um vom Teamspirit zu profitieren, braucht es klare Ziele und Umgangsregelnsowie eine durchdachte Teamzusammensetzung.
  5. Weiterbildung
    Stillstand ist für engagierte Mitarbeiter Rückschritt. Geben Sie ihnen die Chance, sich mit dem Betrieb weiterzuentwickeln, und planen Sie jährlich gemeinsam die für die Erweiterung der fachlichen und persönlichen Kompetenz notwendigen Maßnahmen.
  6. Wertschätzung
    Nicht geschimpft ist genug gelobt? Was bei den klassischen Firmenpatriarchen als gute Führung durchging, hat im modernen Betriebsalltag ausgedient. Regelmäßiges Feedback und ein freundlicher Umgangston gehören dazu genauso wie ein positiver Umgang mit Fehlernund eine faire Bezahlung.

Was eine Karriere-Website heute leisten muss

Einer der wichtigsten Bereiche auf der eigenen Website wird von vielen Betrieben nach Erfahrung der Experten vom „Kompetenzzentrum Fachkräftesicherung“ (KOFA) in Köln noch immer sträflich vernachlässigt. Prüfen Sie, was Sie noch besser machen können.

  • Der Bereich auf der Website ist mit Begriffen wie „Karriere“ oder „Jobs“ klar benannt und prominent platziert (kein versteckter Unterpunkt!)
  • Die Benutzerführung ist intuitiv, die Inhalte sind übersichtlich und ansprechend gestaltet
  • Die Aussagen sind individuell auf das Unternehmen zugeschnitten und damit auch authentisch und glaubwürdig
  • Was den Betrieb als Arbeitgeber auszeichnet und von der Konkurrenz unterscheidet, wird an prominenter Stelle klar auf den Punkt gebracht
  • Die ausgeschriebenen Jobs sind immer aktuell, an allen zentralen Punkten ist ein Ansprechpartner mit Name, Kontaktdaten und Foto zu finden
  • Um die Vorteile als Arbeitgeber authentisch zu vermitteln, geben die Mitarbeiter etwa in kurzen Videos Einblicke in ihre Arbeitswelt oder erklären in Testimonials (mit Foto!), warum sie gerne im Betrieb arbeiten
  • Eine Online-Bewerbung per Mail oder Formular ist genauso möglich wie eine formlose Kurzbewerbung
  • Falls der Betrieb auch in den sozialen Medien aktiv ist: Sind die entsprechenden Kanäle auf der Website eingebunden?
  • Nutzer können die Stellenausschreibungen einfach per send-to-a-friend, Share- oder Tweet-Funktion weiterleiten
  • Die Karriere-Website ist für mobile Endgeräte optimiert , da sich die Mehrzahl der Jobsuchenden über das Smartphone informiert.