Manufakturen Handarbeit als Exportschlager

Zugehörige Themenseiten:
Auslandsgeschäft und Internationale Handwerksmesse

Sie stehen für handgefertigte und maßgeschneiderte Produkte, für Luxus und Exklusivität. Auch Handwerksbetriebe haben ­dieses Segment für sich entdeckt – mit großem Erfolg im In- und Ausland.

  • Bild 1 von 3
    © Stephan Minx
    Robert Christ ist stolz auf seine Referenzkunden wie das Rockefeller Center und das Lenbach-Haus.
  • Bild 2 von 3
    © Chart: handwerk magazin
    Viele Mitglieder der ­Initiative Deutsche Manufakturen sind in den BRIC-Staaten Bra­silien, Russland, Indien und China aktiv.
  • Bild 3 von 3
    © Henning Angerer
    „Eine Manufaktur ist ein sehr kreativer Handwerks­betrieb auf Top-Niveau.“ Kay Gundlack, Inhaber der Schuhmanufaktur in Parchim.

Die Glashütte Lamberts im bayerischen Waldsassen ist ein Traditionsbetrieb, er besteht in seiner heutigen Form seit 1906. Die Manufaktur ist, wie Prokurist Robert Christ mit Stolz erklärt, Weltmarktführer im Segment der mundgeblasenen Flachgläser, die unter anderem im Denkmalschutz eingesetzt werden. Bei Referenzkunden kommt Christ nicht in Verlegenheit und nennt spontan das Rockefeller Center in New York oder auch das neue Münchner Lenbach-Haus, ein international renommiertes Museum, das 2013 nach umfangreichen Renovierungen eröffnet wurde.

Produkte aus deutschen Manufakturen sind Exportschlager

Der Erfolg der Glashütte zeigt: Produkte aus Manufakturen sind in Deutschland, aber auch im Ausland auf dem Vormarsch, ganz gleich, ob es sich um Schuhe handelt oder Möbel, um Spezialprodukte für die Restaurierung, um Armbanduhren oder Accessoires. Wer besondere Qualität sucht, eine traditionelle Fertigungspraxis und auf den Einsatz von Maschinen weitgehend verzichten will, findet in Manufakturen den richtigen Partner für seine Ansprüche.

Eine von mehreren Vereinigungen, die sich mit den deutschen Manufakturen beschäftigt, ist die Initiative Deutsche Manufakturen (IDM, handmade-in-germany.org). Diese ist seit 2010 aktiv und möchte die gesamte Bandbreite des deutschen Manufakturwesens unter dem Motto „Handmade-in-Germany“ aufzeigen: von der hoch spezialisierten Zwei-Mann-Manufaktur bis zu im Laufe der Zeit zu größeren Unternehmen gewachsenen, weltweit präsenten Manufakturen, von traditionsreichen Unternehmen in klassischen Branchen bis zu jungen Unternehmen mit innovativen Produkten.

Zudem will die Initiative die gemeinsamen Interessen bündeln und die besondere Bedeutung der Manufakturen als Teil des deutschen Mittelstandes im In- und Ausland sichtbar machen. Mitglieder der Initiative zahlen monatlich 200 Euro und eine Startgebühr von 2000 Euro.

Gemeinsam Produkte entwickeln

Mittlerweile gehören 25 Unternehmen der IDM an – doch was tut diese eigentlich genau? „Da viele der Mitgliedsmanufakturen ähnliche betriebliche Strukturen haben und Produkte an die gleichen Zielgruppen verkaufen, sind sie einerseits mit den gleichen Herausforderungen konfrontiert, können aber andererseits zahlreiche Synergieeffekte kreieren, beispielsweise beim Vertrieb. Unsere Mitglieder haben aber auch schon gemeinsam Produkte entwickelt“, erläutert der IDM-Vorsitzende Michael T. Schröder.

Die Initiative organisiere und koordiniere den ständigen Austausch der Mitglieder, betreibe Presse- und Öffentlichkeitsarbeit sowie politische Kommunikation im Namen der Manufakturen. „Wir stehen in regem Kontakt mit den zuständigen Bundesministerien, 2012 haben wir die Fachtagung ‚Handmade in Germany‘ im Auswärtigen Amt veranstaltet“, so Schröder. In diesem Jahr steht eine Manufakturen-Fachtagung im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie an.

An Kundeninteresse mangelt es den Unternehmen nicht. Im vergangenen Jahr kamen beim „Tag der Manufakturen“ mehr als 1800 Besucher auf das Gelände der Königlichen Porzellan-Manufaktur in Berlin. In einer großen Leistungsschau wurde gezeigt, wie die Manufakturen arbeiten. „Die Leute waren begeistert von den Produkten, den Details und der Handwerksleistung“, hat Schröder festgestellt.

Erfolg im Ausland

Das Geschäft mit hochwertiger Handarbeit floriert auch international, hat die IDM ermittelt. Eine Befragung unter den Mitgliedern der „Initiative Deutsche Manufakturen – Handmade-in-Germany“ hat ergeben, dass Brasilien, Russland, Indien und China, die sogenannten BRIC-Staaten, zu wichtigen Absatzmärkten für die deutschen Manufakturen geworden sind.

Bei allen befragten Manufakturen sei der Umsatz in den BRIC-Staaten in den letzten Jahren gestiegen. Der Anteil des Gesamtumsatzes, den die Manufakturen in den BRIC-Staaten erwirtschaften, beträgt bis zu zehn Prozent. In China sind es im Fall eines Unternehmens sogar 23 Prozent. Das Prinzip „Je luxuriöser, desto besser“ funktioniert besonders in Russland und China.

Die Glashütte Lamberts beispielsweise exportiert ihre Gläser in alle Welt – und hat einen Ausfuhranteil von rund 70 Prozent, wie Prokurist Robert Christ erläutert: „Ohne das internationale Geschäft wäre unser unternehmerischer Erfolg in der derzeitigen Form nicht möglich.“ Das internationale Renommee rühre auch daher, dass die Glasmanufaktur kleinste Stückzahlen herstellen und damit auf alle Kundenanforderungen reagieren könne.

Auch Kay Gundlack von der gleichnamigen Schuhmanufaktur aus Parchim in Mecklenburg-Vorpommern betont, dass die deutschen Manufakturen im Ausland hohes Ansehen genießen. Er stellt aber ebenfalls heraus, dass der Auftritt als Manufaktur allein nicht ausreiche: „Die ausländischen Kunden schätzen die Qualität, aber auch die Diskretion.“ Aber letztlich müsse man gute Arbeit liefern. Wenn man das nicht macht, helfe einem auch das Aushängeschild Manufaktur nicht.

Neue Form der Exklusivität

Aber was ist gute Arbeit und was macht eine ­Manufaktur aus? „Im Zeitalter der industriellen Produktion stehen Manufakturen für eine neue Form der Exklusivität, für handgefertigte, maßgeschneiderte Produkte von einer außer­gewöhnlichen Wertigkeit und Qualität“, beschreibt die Initiative das Erfolgsgeheimnis.

Diese Merkmale betonen auch die Manufakturen selbst. „Unsere Produkte zeichnen sich durch eine sehr hohe Qualität aus, die unsere Kunden für den geforderten Preis auch verlangen können“, erklärt Robert Christ von der Glashütte Lamberts. Hier wird ausschließlich von Hand gearbeitet, da die manuelle Fertigung eine sehr viel höhere Brillanz und Vielfalt bei den Gläsern herstellen kann als die maschinelle. Deshalb bezeichnet Christ das Wissen und Können der Mitarbeiter als das größte Kapital des Unternehmens, das nur zwei echte Wettbewerber in der Welt habe.

Schuhmacher Kay Gundlack betont den handwerklichen Hintergrund einer Manufaktur. „Im Prinzip ist es doch so, dass man zunächst den Entschluss fasst, sich selbständig zu machen. Und dann gewinnt das eine Eigendynamik“, erinnert sich Gundlack. Nur Sohlen und Absätze zu erneuern war ihm schnell zu wenig. Er wollte seiner Kreativität freien Lauf lassen und damit den Kunden einzigartige und individuelle Designs bieten. „Eine Manufaktur ist im Grunde ein sehr kreativer Handwerksbetrieb auf Top-Niveau“, stellt der Maßschuhmacher heraus, der neben Privatleuten auch Prominente zu seinen Kunden zählt, die aus Italien, den Niederlanden und Dänemark kommen.

Vorteile durch schwachen Euro

Die Manufakturexperten sind sich einig, dass eine strenge Ausrichtung auch betriebswirtschaftlich sinnvoll ist. Kay Gundlack sieht einen deutlichen Zusammenhang zwischen der inhaltlichen und der kaufmännischen Ausrichtung von Unternehmen, die auf „Handmade-in-Germany“ setzen. Die Kunden würden hohe Standards erwarten, also müsse man sich mit hochwertigen Materialien und individuellen Designs beschäftigen. „Am Ende entsteht ein exklusives Produkt, und das hat seinen Preis“, sagt Kay Gundlack selbstbewusst.

Für die Kunden aus dem Ausland werden die Preise allerdings attraktiver werden, denn die lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank hat den Euro geschwächt. Vor allem in Amerika und in Asien dürfte das deutschen Exportunternehmen Wettbewerbsvorteile bringen. „Wichtiger als der Preis sind beim Auslandsgeschäft das Wissen um kulturelle Unterschiede sowie Kooperationen“, erklärt Ulrich Welter, Geschäftsführer der Firma Welter-Wandunikate in Berlin. Die Königliche Porzellan Manufaktur Berlin (KPM) und Welter-Wandunikate unterhalten beispielsweise einen gemeinsamen Showroom in Peking. Andere Manufakturen haben Niederlassungen.

Interview: „Teil des Handwerks“

Michael T. Schröder, ­Initiative Deutsche ­Manufakturen. - © Mark Bollhorst
Michael T. Schröder, Initiative Deutsche Manufakturen

Wie ist es zur Gründung der Initiative gekommen?

Michael T. Schröder: Wir wollten den deutschen Manufakturen eine gemeinsame Plattform sowie eine Stimme geben. Denn während „Made in Germany“ schon lange als Gütesiegel deutscher Qualitätsprodukte aus industrieller Herstellung bekannt ist, sind Produkte aus deutscher Handarbeit zwar häufig Weltmarktführer, aber in Deutschland selbst gänzlich unbekannt.

Warum sind gerade Handwerker im Fokus?

Die Manufakturen sind ein wichtiger Teil des deutschen Handwerks: Sie bewahren nicht nur alte Handwerkstraditionen und -techniken, sie sind auch ein Garant für den Erfolg des Wirtschaftsstandortes Deutschland. Im Zeitalter globaler Massenprodukte stehen die handgemachten Produkte der Manufakturen für eine besondere Qualität und einen gewissen Luxus.

Was müssen Unternehmen mitbringen, um als Manufaktur wahrgenommen zu werden?

Ausschlaggebend ist, dass die Unternehmen ihre Produkte überwiegend in Handarbeit herstellen und sich qualitativ sowie preislich im Premiumsegment verorten. Hinzu kommt die Wertigkeit der Materialien, die äußere Wahrnehmung des Unternehmens als Manufaktur und individuelle Herstellung von Produkten nach Kundenwunsch.