Alternativen für Kundenbindung Messen 2021: Aussteller brauchen einen Plan B

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Kundenbindung und Messen

Neue Kunden gewinnen, die Bekanntheit stärken und persönliche Kontakte pflegen – 60 Prozent der Aussteller wollen laut AUMA-Umfrage an ihren geplanten Messe-Engagements festhalten. Doch mit steigenden Corona-Zahlen wächst auch die Zahl der Eventabsagen. Wie Chefs jetzt Alternativen finden.

Walter Frick Polstermöbel
Das Messegeschäft wird nicht mehr das sein, was es vor Corona war. - © Björn Haenssler

Seit mehr als 30 Jahren verkauft Walter Frick seine hochwertigen Polstermöbel aus Wasserbüffelleder ausschließlich auf Messen. „Als im Frühjahr eine Veranstaltung nach der anderen abgesagt wurde, ist für mich und meine Frau erst einmal eine Welt zusammengebrochen“, erinnert sich der Unternehmer aus Leibertingen (Schwarzwald) an den ersten Corona-Schock. Doch viel Zeit zum Trübsal blasen konnte und wollte sich das Unternehmerpaar nicht nehmen. Schließlich produziert Frick seine Möbel ausschließlich im Schwarzwald und trägt die Verantwortung für 25 Mitarbeiter. „Um die Arbeitplätze zu retten“, so Frick, „mussten wir schnell reagieren.“

Bei der Suche nach einem schlagkräftigen Plan B halfen ihm dann die Kunden und Kontakte von seinen zahlreichen früheren Messeauftritten. So riefen nach der Absage der Internationalen Handwerksmesse in München etliche Interessenten an und fragten, wo sie denn jetzt ihr Sofa bestellen sollen. Da sich laut Frick wirklich viele gemeldet haben, stand Plan B schnell fest: ein eigenes Outlet in der Region München. Im Gebäude eines ehemaligen Möbelhauses in Gröbenzell, das nur zwei Kilometer von der Stadtgrenze Münchens entfernt ist, entdeckte er schließlich seinen Wunsch-Standort: „Reichlich Platz für die Möbel, gut zu erreichen und viele lukrative Kunden im Einzugsgebiet“, fasst Frick die Vorteile zusammen.

Am 2. Juni eröffnete Polstermöbel Frick seinen Fabrikverkauf – und die potenziellen Kunden hielten Wort. „Wir sind mit der Entwicklung wirklich sehr zufrieden und schätzen den entspannten und stressfreien Austausch inzwischen sehr“, freut sich Walter Frick über einen gelungenen Plan B. Im Gegensatz zum hektischen Messegeschäft können sich die Kunden im Outlet viel Zeit für die Kaufentscheidung nehmen und in aller Ruhe auswählen. Ein Vorteil, der bei der älteren und gutsituierten Kundenklientel hervorragend ankommt.

Die Kundenfrequenz zählt

Obwohl der Mietvertrag für das Outlet über fünf Jahre läuft, ist Walter Frick noch unsicher, ob er seinen Vertrieb künftig ganz ohne Messebeteiligungen organisieren kann. Für nächstes Jahr hat sich das Unternehmerpaar bereits festgelegt: „Viele unserer Kunden sind deutlich über 60 Jahre, die haben Angst, unter Corona-Bedingungen auf eine Messe zu gehen.“ Nachdem ihm einige Branchenkollegen von der Unterfranken-Ausstellung in Schweinfurt, die im September mit strikten Hygieneauflagen stattfand, nur sehr mäßige Verkaufserfolge meldeten, konzentriert sich Walter Frick 2021 ganz auf seinen Plan B. Denn er ist sicher: „Das Messegeschäft wird nicht mehr das sein, was es vor Corona war.“

Kosten-Nutzen-Relation prüfen

Ist das Bauchgefühl des langjährigen Messeprofis realistisch? Der vom Zentralverband Sanitär Heizung Klima geforderte „Mut zum Kundenkontakt“ sowie das klare Votum der Innungsbetriebe zur Beibehaltung der analogen Weltleitmesse ISH im Frühjahr 2021 haben jedenfalls nicht geholfen, die Messe Frankfurt will wegen der Pandemieentwicklung und verschärften Reiserestriktionen bis einschließlich März 2021 keine eigenen physischen Messen veranstalten. Mit der im Januar 2021 terminierten BAU in München wurde eine weitere wichtige Leitmesse für das Handwerk abgesagt.

Verantwortlich dafür ist nach Aussage des Messeverbands AUMA vor allem der hohe Anteil internationaler Aussteller und Besucher. Diese hätten nach Aussage von AUMA-Pressesprecher Harald Kötter aufgrund der sich ständig ändernden Reisebeschränkungen keinerlei Planungssicherheit mehr, sodass es schwer sei, sie zu einer Teilnahme zu bewegen. An mangelhaften Hygienekonzepten der Veranstalter liegt es laut Kötter jedenfalls nicht, diese hätten bei den bislang im Herbst durchgeführten Veranstaltungen einwandfrei funktioniert.

Entscheidend für die Aussteller ist nach Aussage von Messeprofi Walter Frick vor allem, dass die potenziellen Kunden zahlreich erscheinen und ordern. Weil er das für seine Zielgruppe bezweifelt, hat er neben der Eröffnung des Outlets auch noch zwei Hausmessen auf seinem Firmengelände im Schwarzwald durchgeführt: „Die Resonanz war hervorragend, darauf können wir aufbauen.“

Punkten mit dem Promi-Faktor

Obwohl seine alternativen Vertriebswege viel besser funktionieren als er und seine Frau gedacht haben, möchte er sich von seinem bisherigen Erfolgsmodell Messe noch keinesfalls verabschieden. „Die Messebeteiligungen“, so formuliert es der Unternehmer, „stehen auf der Kippe“. Auf lange Sicht entscheide schließlich immer das Kosten-Nutzen-Verhältnis darüber, welcher Vertriebsweg für das Unternehmen der Lukrativste ist. Mit zunehmender Bekanntheit seines Outlets schwinden allerdings die Chancen des langjährigen Vertriebswegs Messe, wie Walter Frick zum Jahresende 2020 ganz ohne Wehmut einräumt: „Inzwischen hat uns auch die Münchner Prominenz entdeckt, erst kürzlich hat sich der Schauspieler Fritz Wepper hier vor Ort über unsere Qualitätsmöbel informiert."

Ziele einer Messebeteiligung

Die vom Messeverband AUMA noch vor der Corona-Krise durchgeführte Umfrage bei den Ausstellern zeigt, warum Messen auch für viele Handwerksbetriebe ein wichtiges Marketinginstrument sind.

ZieleBedeutung
Stammkundenpflege90 %
Neukundengewinnung89 %
Bekanntheit steigern89 %
Imageverbesserung Unternehmen/Makler83 %
Präsentation neuer Produkte/Leistungen82 %
Neue Kooperationspartner68 %
Verkaufs- und Vertragsabschlüsse67 %
Erschließung neuer Märkte63 %
Aufbau neuer Vertriebswege49 %

Quelle: AUMA 2019