Branchencheck ­Karosserie- und Fahrzeugbauer: Spannende Potenziale in der Nische

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Branchencheck und Konjunktur

Fachkräftemangel, Energiekrise & Co. fordern auch das ­Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerk heraus. Doch findige Unternehmer können sich in attraktive Trendthemen stürzen.

Karosserie- und fahrzeugbauerhandwerk
Reparaturen rund um die Mobilität von Fahrzeugen werden auch zukünftig nachgefragt. - © waldemarus-stock.adobe.com

Oldtimer-Kompetenz aufbauen? Die boomenden Reisemobile instand setzen? Oder den Nachwuchs für Autoberufe im E-Zeitalter begeistern? Traditionell hat der Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik e. V. (ZKF) Mitte September die Automechanika Frankfurt genutzt, um sich als innovatives Handwerk zu präsentieren. Schließlich versammelt der Branchentreff turnus­gemäß in der Mainmetropole das Who‘s who des Automotive Aftermarkets und gilt als Pflichttermin und Trendsetter. Demnach verwundert es auch nicht, dass heuer 2.804 ausstellende Unter­nehmen aus 70 Ländern ihre „News“ präsentierten.

„Mit unseren verschiedenen Ständen zeigen wir dabei die vielfäl­tigen Möglichkeiten und Potenziale des Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerks auf“, sagte ZKF-Präsident Peter Börner vor dem Messestart. Als oberster Karosserie- und Fahrzeug­bauer steht er einem Berufs- und Wirtschaftsverband vor, der die Inte­ressen von 3.200 Mitgliedsbetrieben vertritt. Börner wird am Markt für seine deutlichen Worte geschätzt. Eine Kostprobe: „Wer in fünf Jahren noch Fachpersonal beschäftigt, wird zu den Gewinnern zählen“, betonte er im Zuge unserer Recherche. Der ZKF-Präsident spielt damit auf den Fachkräfte­mangel an, der viele Betriebsinhaber herausfordert und an den Rand der Verzweiflung bringt. Sie müssen massiv Geld in Ausbildung und Personal stecken, „um qualifizierte Mitarbeiter für die anspruchsvollen Dienstleistungen im Karosserie- und Fahrzeugbau zu erhalten“, so der ZKF. Und das in Zeiten, in denen energieintensive Gewerke wie das Kfz-Gewerbe ohnehin jeden Cent genau anschauen müssen.

Schadenlenkung nimmt zu

Den Verband beschäftigt immer noch der Dauerbrenner Schadensteuerung. Dieser Trend setze sich unter den Versicherungen, Flottenbetreibern und Leasinggesellschaften in den Partnerwerkstätten weiter fort. Die Folge: ein Preisdruck in den Stundenverrechnungssätzen und Renditen, auch durch kostenlose vertraglich vereinbarte Dienstleistungen für den Versicherer. ZKF-Präsident Börner erklärte dazu: „Partnerbetrieb einer Versicherung zu sein ist in Zeiten von steigenden Löhnen, Energiekosten und ­ungewissen Lieferketten keine wirtschaftlich gute Verbindung.“

Trotz dieser zwei exemplarisch genannten Herausforderungen sieht man sich aber gut für die Zukunft aufgestellt – wie auf der Automechanika zu sehen war. Denn eines ist für den ZKF auch klar: „Reparaturen rund um die Mobilität von Fahrzeugen werden auch zukünftig nachgefragt – auch wenn der Trend nicht mehr zum Besitz eines Automobils geht“, heißt es aus Friedberg. Es gebe ein erhebliches Absatz- und Kundenpotenzial mit gleichzeitigem Wettbewerb der Betriebe, dies setze schlanke Prozesse und wirtschaftliches Handeln voraus, um Renditen zu erzielen. Etwa mit E-Mobilen oder Classic Cars – die Spannbreite könnte nicht größer sein.

Branchentrends

  • Konjunkturelle Veränderungen
  • Fahren die Bürgerinnen und Bürger aufgrund von Pandemie oder Homeoffice weniger Auto, sinken die Fahrleistungen – was sich direkt auf den Bereich Karosserie-Instandsetzung auswirkt. Gut, wer als Unternehmer dann neue Wege geht und stärker Privatkunden anspricht oder Caravan- und Oldtimerreparaturen offeriert. Das hilft, Umsatzverluste auszugleichen. Der ZKF beobachtet weiterhin, dass sich der Trend zur Schadenlenkung unter den Versicherungen, Flottenbetreibern und Leasinggesellschaften in den Partnerwerkstätten fortsetzt.
  • Digitalisierung und E-Mobilität
    Die neuesten Fahrzeuge kommen mit einer Vielzahl an Assistenzsystemen sowie mit komplexen Sicherheits- und Komfortelektronik-Komponenten daher. Bedeutet: Investitionen sind notwendig – in neue Mess- und Diagnosegeräte, Aluminiumarbeitsplätze oder in regelmäßige Schulung der Fachkräfte. Die Kosten müssten sich in der betrieblichen Kalkulation wiederfinden, betont der ZKF.
  • Fachkräfte- und Azubi-Mangel
    Wer qualifizierte Mitarbeiter für die anspruchsvollen Dienstleistungen im Karosserie- und Fahrzeugbau bekommen möchte, muss in Ausbildung und Personal investieren. Die Folge: steigende Löhne und geldwerte Zusatzleistungen, aber auch erhöhte Anforderungen an die Chefs. Tipp: Regional attraktive Arbeitgeber­marken glänzen nach innen und außen.„Arbeitgeber müssen neue Lösungsansätze erlernen und die Begeisterung für Menschen und die Zufriedenheit der Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellen“, rät der ZKF.
  • Boommarkt Caravan- und Reisemobil
    Der Hype um die Reisemobile lässt sich prima als Geschäftsfeld nutzen. Mit dem Start in eine neue berufliche Fachrichtung Caravan- und Reisemobiltechnik werde der Beruf des Karosserie- und Fahrzeugbaumechanikers für die künftigen Tätigkeiten im Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerk modern ausgerichtet, um qualifizierte Mitarbeiter zu erhalten, ist sich der ZKF sicher.
  • Unternehmensnachfolge
    Die demografische Entwicklung macht auch vor diesem Gewerk nicht halt: Künftig stehen eine Vielzahl von Unternehmensübergaben an. Die Herausforderung: Betriebsinhaber müssen die Übergabefähigkeit der Unternehmen sichern und rechtzeitig die Nachfolge planen und anstoßen – intern oder extern.

Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerk

Dieses Kfz-Gewerk bietet ein großes Tätigkeitsspektrum: Es reicht vom herstellenden Karosserie- und Fahrzeugbau, man denke an die zahlreichen Aufbauhersteller, über die Karosserie-Instandsetzung und Lackierung bis zur Restaurierung von schicken Classic Cars gewerblicher oder privater Kunden.

Umsatz

JahrUmsatz (in Mrd. Euro)*
20184,7
20194,7
20204,1
20214,1
Quellen: *ZKF-Branchenbericht, **ZDH

Prognose: Zuletzt stieg die Nachfrage wieder leicht an – mit Vorlaufzeiten in der Reparatur. Allerdings kämpfen die Betriebe mit Ausfallzeiten durch Krankheit und vakante Stellen. Die Folge: eine schlechtere Auslastung und sinkende Umsatzzahlen. Zudem belasten die stockenden Lieferketten und die hohen Materialkosten immer noch den herstellenden Karosserie- und Fahrzeugbau.

Beschäftigte*

JahrBeschäftigte
201843.000
201943.000
202040.000
202140.000
Quellen: *ZKF-Branchenbericht, **ZDH

Prognose: Vor drei Jahren waren es noch 3.000 Mitarbeiter mehr im Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerk. Die Prognose des Zentralverbands Karosserie- und Fahrzeugtechnik e. V. (ZKF) aus Friedberg in Hessen: Aufgrund der demografischen Entwicklung werden sich die Zahlen der Mitarbeiter auf dem Niveau der Vorjahre bewegen oder geringfügig sinken.

Anzahl der Betriebe

JahrAnzahl der Betriebe
(eingetragen in die Handwerksrolle)**
20184.756
20194.696
20204.582
20214.620
Quellen: *ZKF-Branchenbericht, **ZDH

Prognose: 4.620 in der Handwerksrolle eingetragene Betriebe zählten die Statistiker fürs Jahr 2021. Der Berufs- und Wirtschaftsverband ZKF rechnet damit, dass die Eintragungen im Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerk sich nach einem Rückgang, bedingt auch durch die Auswirkungen der Coronapandemie, auf dem Niveau des Jahres 2021 halten werden.

Auszubildende

JahrAuszubildende**
20184.056
20194.028
20203.860
20213.698
Quellen: *ZKF-Branchenbericht, **ZDH