Kriminalität Geldwäsche: Die üblen Tricks der Geldwäscher

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Geldwäsche

Immer wieder versuchen Kriminelle, Mittelständler für ihre Machenschaften einzuspannen. Schätzungen zufolge werden in Deutschland pro Jahr zwischen 29 und 57 Milliarden Euro gewaschen. Die Behörden haben deshalb jetzt die Geldwäsche-Kontrollen verschärft. Welche Handwerker betroffen sind.

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    Handwerker, die für ihre Arbeit hohe Bargeldbeträge annehmen, gehen ein großes Risiko ein.
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    „Viele Handwerker fallen als Güterhändler unter das Geldwäschegesetz.“ Joachim Kaetzler, ­Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle.
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    Experten gehen von massenhaften Ver­stößen gegen das Geld­wäschegesetz aus.

Deutlicher könnte die Warnung kaum ausfallen. In einer Studie im Auftrag des Bundeskriminalamts warnt die Wirtschafts­prüfungs- und Beratungsgesellschaft Deloitte, der deutsche Immobilienmarkt eigne sich ­„besonders für Geldwäsche“. Beliebt, so die Experten, sei zum Beispiel die „Sanierung von Schrottimmobilien“ gegen Bargeld.

Die Strategie: Kriminelle kaufen – ganz offiziell über reguläre Konten – verfallene Häuser, bezahlen die umfangreichen Handwerkerarbeiten in bar und verkaufen die Objekte dann mit hohem Gewinn. So wird schmutziges Geld, etwa aus Drogenverkäufen, zu einem unverdächtigen Ertrag – eine elegante Lösung für das Problem, dass man hohe Beträge nicht bei der Bank einzahlen kann, ohne Geldwäsche-Alarm auszulösen. Je nach Größe der Objekte könnten „Gelder in größerem Umfang gewaschen werden“, warnen die Deloitte-Experten.

So werden sie unfreiwillig Geschäftspartner von Kriminellen

Auch in anderen Fällen können Betriebe, die sich auf Bargeschäfte einlassen, unfreiwillig zu Geschäftspartnern von Kriminellen werden. Gefährdet sind zum Beispiel Kfz-Meister mit eigenem Autohandel, Goldschmiede oder Möbelschreiner. Denn auch ihren Kunden könnte es darum gehen, schmutziges Geld in unverdächtige Werte zu verwandeln.

Nachdem nicht nur Deloitte, sondern auch OECD und EU-Kommission in den vergangenen Jahren wiederholt auf Geldwäsche-Risiken außerhalb der Banken hingewiesen haben, wurden die Kontrollen im deutschen „Nicht-Finanzsektor“ zuletzt massiv verschärft. Unternehmen, die ihre Sorgfaltspflichten gemäß Geldwäschegesetz – vor allem: die Überprüfung der Identität des Kunden bei Bargeschäften ab 15 000 Euro – vernachlässigen, müssen deshalb neuerdings mit hohen Bußgeldern rechnen.

Ordnungsämter rücken an

Zahlen aus dem Bundesfinanzministerium belegen, dass Geldwäsche-Kontrolleure – zuständig sind je nach Bundesland Ordnungsämter, Regierungspräsidien, Ministerien oder Bezirksregierungen – immer öfter anrücken. Allein bei Autoverkäufern, Juwelieren und Goldschmieden fanden im Jahr 2013 bundesweit 1607 Kontrollen statt – nach nur 1065 im Jahr 2012.

Im vergangenen Jahr hat sich der Aufwärtstrend fortgesetzt; im ersten Quartal wurden 617 Betriebe aus diesen Branchen kontrolliert. Neuere Zahlen und Angaben zu weiteren Branchen liegen noch nicht vor. Klar ist aber: „Der Kontrolldruck ist erheblich gestiegen“, sagt Penelopé Schneider vom Regierungspräsidium Darmstadt, der in Südhessen für den „Nicht-Finanzsektor“ zuständigen Aufsichtsbehörde.

Entscheidend ist der Händler-Status

Und es kann auch Handwerker treffen. „Viele Handwerker gelten als Güterhändler, die – genau wie Immobilienmakler, Rechtsanwälte und einige andere Berufsgruppen – unter das Geldwäschegesetz fallen“, sagt Joachim Kaetzler, Rechtsanwalt und Partner bei der Kanzlei CMS Hasche Sigle in Frankfurt.

Laut Bundesfinanzministerium ist für den Händler-Status entscheidend, dass „die Übergabe einer bestimmten Ware“ und nicht die handwerkliche Arbeit das Geschäftsmodell prägt. Das ist etwa bei Goldschmieden und Bootsbauern der Fall. Auch bei Möbelschreinern und Betrieben, die Küchen verkaufen und einbauen, steht die „Ware“ im Vordergrund – anders als etwa bei Fliesenlegern, selbst wenn sie die Fliesen mitliefern.

„Wo die Grenze verläuft, muss im Einzelfall geprüft werden“, sagt Schneider. Niemand sollte aber leichtfertig darauf vertrauen, durchs Kontrollnetz zu schlüpfen. „Der Gesetzgeber legt den Begriff des Güterhändlers weit aus“, warnt Rechtsanwalt Kaetzler.

Teure Schlampereien

Wenn die Kontrolleure nach vorheriger Ankündigung erscheinen, wollen sie die Kassenbücher der vergangenen drei Jahre sehen. „Wir überprüfen dann, ob Unternehmen bei Bargeldannahmen von mehr als 15 000 Euro die Identität des Vertragspartners festgestellt haben“, sagt Schneider. Leider sei das häufig nicht der Fall.

Das Geldwäschegesetz wird im Nicht-Finanzsektor also auf breiter Front ignoriert. „Ich gehe davon aus, dass es massenhafte Verstöße gibt“, sagt Franz Bielefeld, Rechtsanwalt bei der Kanzlei Baker Tilly Roelfs in München. Viele Unternehmer scheuten sich, nach dem Personalausweis zu fragen.

Und selbst wenn sie zwar die Identität geprüft, aber dabei geschlampt haben, sind ­Bußgeldverfahren möglich. Immer wieder stoßen Kontrolleure zum Beispiel auf schlechte Ausweiskopien, auf denen wichtige Angaben nicht zu erkennen sind.

„Einige Unternehmer vergessen zudem, die Rückseite zu kopieren“, berichtet Schneider. Dies müsse ebenfalls als Gesetzesverstoß gewertet werden. Und das kann teuer werden, die Behörden können Bußgelder von bis zu 100 000 Euro verhängen.

Bargeldgrenze wird gesenkt

Künftig dürften Unternehmen noch häufiger verpflichtet sein, die Identität ihrer Kunden festzustellen. Die „4. EU-Geldwäsche-Richtlinie“, auf die sich Unterhändler des EU-Parlaments und der Mitgliedstaaten im Dezember geeinigt haben, sieht eine Senkung der Bargeldgrenze auf 10 000 Euro vor. Sie soll in den nächsten Monaten in Kraft treten.

„Die Mitgliedstaaten haben dann voraussichtlich zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen“, sagt Kaetzler von CMS Hasche Sigle. Das Regelwerk sieht darüber hinaus ein EU-weites, öffentlich zugängliches Firmenregister vor, das die wahren wirtschaftlichen Eigentümer sämtlicher Unternehmen auflistet. Das soll es Kriminellen erschweren, sich hinter Briefkastenfirmen und Strohmännern zu verschanzen. Nach Ansicht von Experten ist dies das bislang größte Schlupfloch in Sachen Geldwäsche; bisweilen werden über solche Strohmann-Firmen auch Handwerker beauftragt.

Auch über das Firmenregister hinaus werden die Vorschriften im Kampf gegen Geldwäsche verschärft. So will die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag für härtere Sanktionen sorgen: Künftig soll Geldwäsche auch dann geahndet werden, wenn Kriminelle bereits wegen der „Vortat“ – also etwa Drogenhandel – verurteilt wurden. Zudem hat das Bundeskabinett im Januar eine Aktienrechtsnovelle verabschiedet, um Geldwäsche mit sogenannten Inhaberaktien zu verhindern.

Leichtfertigkeit wird bestraft

Der Kreis der „Verpflichteten“, die strenge Auflagen erfüllen müssen, wird aber vorerst weder durch die EU-Richtlinie noch durch eigene deutsche Gesetze ausgeweitet. Handwerker, die nicht als „Güterhändler“ gelten, fallen also auch künftig nicht unters Geldwäschegesetz – womit Betriebe, die Immobilien sanieren, weiter keine Kontrollen fürchten müssen. Schließlich steht bei ihrem Geschäftsmodell in aller Regel nicht die „Übergabe einer Ware“, sondern die handwerkliche Arbeit im Vordergrund – selbst wenn sie Fliesen, Farben oder andere Materialien mitliefern.

Bleibt also ein Schlupfloch weit geöffnet? Nicht unbedingt, denn auch in solchen Fällen drohen harte Sanktionen, wenn sich Unternehmer auf dubiose Geschäftspartner ein­lassen. „Wer leichtfertig oder gar bewusst Geld annimmt, das aus Straftaten stammt, macht sich strafbar – unabhängig davon, ob er unter das Geldwäschegesetz fällt“, sagt Bielefeld von Baker Tilly Roelfs.

Aber wie erkennen Handwerker, die baufällige Häuser sanieren sollen, dass sie es mit Kriminellen zu tun haben? Die Deloitte-Studie nennt als „Warnhinweis“ ein „großes Desinteresse des Kunden mit Bezug auf die Immobilie“. Was genau darunter zu verstehen ist, schreiben die Experten nicht. Aber wenn ein Kunde eine umfangreiche Immobilien-Sanierung in Auftrag gibt und an Details wie den einzelnen Arbeitsschritten oder den verwendeten Materialien kein Interesse zeigt, sollten bei Handwerkern schon die Alarmglocken schrillen. Zudem warnen Experten auch hier vor der Annahme hoher Bargeldsummen (siehe Kasten „Fünf Jahre Knast“, linke Spalte).

Achtung, Betriebsprüfer

Und Vorsicht: Fragwürdige Bargeld-Deals von Handwerksbetrieben, die Immobilien sanieren, fliegen schnell auf. Zwar drohen den Unternehmen keine Besuche von Geldwäsche-Kontrolleuren. Aber auch Betriebsprüfer stoßen immer wieder auf Indizien für Geldwäsche – schließlich geht diese meist einher mit Hinterziehung, weil die bar eingestrichenen Beträge nicht versteuert werden.

Beim Aufspüren solcher Schwarzeinnahmen sind die Beamten immer erfolgreicher, vor allem dank ausgereifter Software-Programme, die Firmenzahlen binnen Sekunden scannen und Indizien für heimliche Zusatzgeschäfte – etwa einen im Vergleich zum Umsatz auffällig hohen Materialverbrauch – sofort melden. Zudem sind Betriebsprüfer angehalten, bei Verdachtsmomenten die für Geldwäsche zuständigen Kollegen bei den Landeskriminalämtern und Staatsanwaltschaften einzuschalten.

Experten gehen davon aus, dass die Behörden Hinweisen auf Geldwäsche künftig entschlossener nachgehen. „Die Geldwäsche-Vorschriften sollen auch die Finanzierung terroristischer Aktivitäten verhindern“, sagt Rechtsanwalt Franz Bielefeld. Nach den Terroranschlägen in Paris sei das Thema wieder weit oben auf die Tagesordnung gerückt.

Tatbestand der Geldwäsche

Die Annahme von Geldern, die aus Straftaten stammen, ist als Geldwäsche strafbar – und zwar nicht nur, wenn Unternehmer die Herkunft kennen. Es reicht, wenn sie „ leichtfertig“ handeln und konkrete Hinweise ignorieren.

Indizien für Geldwäsche

Wann Hinweise „konkret“ sind, müssen Gerichte entscheiden. Als Indizien für Geldwäsche gelten etwa Überweisungen aus Steueroasen oder hohe Barzahlungen. Eine starre Grenze – wie die 15 000 Euro bei „Güterhändlern“ – gibt es im Strafrecht jedoch nicht. „Spätestens bei sechsstelligen Beträgen können sich Handwerker aber später nicht darauf berufen, dass sie nichts gewusst haben“, sagt Joachim Kaetzler, Rechtsanwalt bei CMS Hasche Sigle.

Strafmaß

Es drohen Haftstrafen von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Mit einer Geldstrafe kommt bei Geldwäsche niemand davon. „Bei Ersttätern wird eine Freiheitsstrafe aber meist zur Bewährung ausgesetzt“, so Rechtanwalt Franz Bielefeld von der Kanzlei Baker Tilly Roelfs.