Betriebshaftpflicht So sichern Sie Folgeschäden richtig ab

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Betriebshaftpflicht, Betriebsversicherung und Risikomanagement

Dass jedes Handwerksunternehmen eine Betriebshaftpflichtversicherung braucht, ist heute allgemein bekannt. Aber nicht jede Police gewährt auch wirklich umfassenden Schutz. Oft sind Nachbesserung und Kontrolle der Verträge notwendig.

Estrich verlegen Betriebshaftpflicht
Die Betriebshaftpflicht versichert Folgeschäden gegenüber Dritten: Gerade für Handwerksbetriebe ein wichtiger Risikoschutz. - © mmphoto - stock.adobe.com

Eine Betriebshaftpflicht versichert Folgeschäden gegenüber Dritten. Davon zumindest gehen die meisten Betriebsinhaber aus, weiß Rudolf Beckers. Er ist Geschäftsführender Gesellschafter der VMH Versicherungsmakler GmbH in Königsbrunn , spezialisiert auf Gewerbetreibende aus den Branchen Handwerk und Handel. „Und das stimmt natürlich auch.“ Der Schutz gilt aber nicht für alle Folgeschäden. Dazu sind Sonderregelungen, Einschlüsse und auch Zusatzversicherungen notwendig.

handwerk magazin erklärt, worauf Sie als Handwerksunternehmer achten müssen, und beantwortet die zehn wichtigsten Fragen zum Risikoschutz.

1. Was genau versichert die Betriebshaftpflichtpolice?

Grundsätzlich abgesichert sind Folgeschäden einer mangelhaften Werkleistung. Um es beispielhaft darzustellen: Ein Sanitärbetrieb baut eine Heizung ein und macht dabei einen Fehler, Wasser läuft aus und beschädigt das Parkett. Die Versicherung kommt für die Erneuerung des Parketts auf. Und zwar sowohl für das neue Material als auch für die handwerklichen Arbeiten des Parkettlegers.

2. Was sind die wichtigsten Schäden, gegen die der Handwerksbetrieb nicht automatisch abgesichert ist?

Hier sind vor allem zwei Szenarien zu nennen: Nachbesserung ohne Schaden und Schadenseintritt erst nach langer Zeit.
Das erste Szenario ist dann der Fall, wenn Nach- oder Neuarbeiten anderer Gewerke notwendig werden, obwohl noch gar kein Folgeschaden entstanden ist. Am Beispiel erklärt: Ein Elektriker verlegt eine defekte Leitung, bemerkt dies aber erst, nachdem der Estrich schon aufgebracht ist. Ein Dritter, also ein anderer Handwerker, muss tätig werden. Die Experten sprechen hier von Nachbesserungsbegleitschäden. Damit diese gedeckt sind, muss immer eine Zusatzklausel vereinbart werden, die diese explizit einschließt.

Und ebenfalls nicht mit jeder Betriebshaftpflichtversicherung abgedeckt sind Fälle, bei denen der Schaden nicht sofort, sondern viel später eintritt. Also beispielsweise durch einen kleinen Defekt an einer Fußbodenheizung, wenn Wasser in die darunterliegende Decke tropft und diese Jahre später anfängt zu schimmeln. Der Fachbegriff hierfür ist Allmählichskeitschäden.

3. Worauf muss der Handwerksunternehmer achten, um bei Allmählichkeitsschäden geschützt zu sein?

Hier kommt es ganz darauf an, wann der Vertrag abgeschlossen wurde. Bis zum Vertragsstand 2002 war Versicherungsschutz bei Allmählichkeitsschäden grundsätzlich ausgeschlossen. Wer sich trotzdem absichern wollte, musste also auch hier einen zusätzlichen Baustein vereinbaren. Dann haben sich die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) zweimal geändert, und seit 2008 ist Versicherungsschutz grundsätzlich gegeben – es sei denn, er wird explizit ausgeschlossen. „In der Praxis ist das allerdings eher selten“, wie Thomas Opitz, Abteilungsleiter und Experte für Sachversicherungen beim Münchener Verein , betont.

Insbesondere wer alte Verträge hat und dementsprechend keine Zusatzklausel, muss also unbedingt nachbessern. Alle anderen sollten noch einmal die Ausschlüsse studieren. Außerdem sollten alle Handwerksunternehmer auch auf die Deckungssumme achten „Sie muss unbedingt der Sachschadenssumme entsprechen“, erklärt Opitz. Viele Policen sehen hier weit geringere Summen vor. In der Praxis heißt das, dass das Geld oft nicht reicht und der Versicherungsnehmer für einen Großteil des Schadens selbst geradestehen muss.

4. Gibt es Gewerke, die besonders von Folgeschäden betroffen sind?

Es gibt natürlich Gewerke, die gefährdeter sind und bei denen die Schadenssummen im Zweifel auch höher ausfallen. Raik Hoffmann von der Handwerkskammer München zählt vor allem das SHK-Handwerk, das Dachdecker- und Spenglerhandwerk, das Fliesen-, Platten- und Mosaiklegerhandwerk, das Maler- und Lackiererhandwerk und das Boden- und Parkettlegerhandwerk auf. „Hier können schleichende Schäden durch Eindringen von Wasser oder sich unbemerkt ausbreitende oder nicht abgeführte Feuchtigkeit fatale Folgen haben“, so Raik Hoffmann.

5. Gibt es auch Schäden, die grundsätzlich nicht versicherbar sind?

Auch hier sind vor allem zwei zu nennen: die eigene Leistung und der Weiterfresserschaden. Grundsätzlich nicht versichert ist – betrachtet man wieder das erwähnte Heizungsbeispiel – die Reparatur der Heizung selbst. Denn hier handelt es sich um den sogenannten Erfüllungsschaden. Der Einbau wurde nicht korrekt vorgenommen. Der Pfusch oder Schaden liegt hier also bereits in der Vertragserfüllung. Die Wiedergutmachung ist nicht versicherbar und muss immer aus eigener Tasche gezahlt werden.

Von Weiterfresserschäden spricht man, wenn Mängel an einem einzelnen Teil einer Leistung dazu führen, dass die gesamte, ansonsten einwandfreie Arbeit beschädigt oder zerstört wird. Hierbei kann es sich um ein defektes Bauteil zum Beispiel einer Maschine handeln, aber auch um eine fehlerhafte Arbeit eines Subunternehmers. Die Sachlage ist in beiden Fällen eindeutig: Die Versicherungsbedingungen (Ziffer 7.8 AHB) schließen die Regulierung grundsätzlich aus.

6. Das heißt, vor Pfusch der Subunternehmer kann sich kein Handwerksbetrieb schützen?

Doch. Versicherungsexperte Opitz betont: Vor der Vergabe von Teilaufträgen immer den Versicherungsschutz des Subunternehmers klären und das nicht nur mündlich zwischen Tür und Angel. „Fordern Sie eine aktuelle Versicherungsbestätigung an, und studieren Sie diesen Vertrag genau – wie Ihre eigene Versicherung“, rät der Experte für Sachversicherungen.

7. Was gibt es noch für mögliche Schäden, gegen die sich das Handwerksunternehmen schützen sollte?

Je nach Gewerk, in dem man tätig ist, kann es auch sinnvoll sein, sich gegen Vermögens- und oder Tätigkeitsschäden zu versichern.

8. Was ist ein Tätigkeitsschaden und wie sichert der Betrieb ihn ab?

Um einen Tätigkeitsschaden geht es, wenn der Schaden bei einer handwerklichen Tätigkeit selbst entsteht. Zum Beispiel: Auf einer Baustelle wird ein Gelände geschweißt, der Funkenflug verursacht einen Brand. Versicherungsmakler Beckers empfiehlt, nicht nur den Einschluss zu überprüfen, sondern unbedingt auch darauf zu achten, dass Tätigkeitsschäden bis zur Sachschadenssumme gedeckt sind. In vielen Policen wird hier ebenfalls mit gesonderten und oft zu geringen Deckungssummen gearbeitet.

9. Wann spricht man von einem Vermögensschaden?

Unter Vermögensschaden versteht man die Herbeiführung eines geldwerten Nachteils ein oder mehrerer Personen. Ein Beispiel: Ein Dachdecker verliert ein Werkzeug, dieses beschädigt ein Auto, der Fahrer verpasst deswegen einen Flug und sein Ticket verfällt. Vermögensschäden müssen fast immer gesondert einschlossen werden. Alternativ kann auch eine Zusatzversicherung abgeschlossen werden.

10. Schäden entstehen auch, weil defekte Teile eingebaut wurden. Kann sich der Handwerksbetrieb hier absichern?

Mit der Reform des Gewährleistungsrechts wurde zum 1. Januar 2018 eine der gefährlichsten Fallen für Handwerksunternehmen geschlossen. Kernpunkt der Reform ist, dass das Handwerk seit 2018 einen sogenannten Aufwendungsanspruch gegen Händler und Lieferanten geltend machen kann: Diese müssen also nicht nur das fehlerhafte Material ersetzen, sondern auch die daraus resultierenden Aus- und Wiedereinbaukosten übernehmen.

Diese Begriffe sollten im Vertrag geklärt werden

Unternehmer sollten beim Vertrags-Check auf einen lückenlosen Versicherungsschutz und das Kleingedruckte achten. Diese Begriffe sind für Handwerksbetriebe wichtig.

  • Prämie. Sie orientiert sich bei großen Betrieben am Umsatz, sonst meist an der Mitarbeiterzahl oder der Lohn- und Gehaltssumme (LGS), und richtet sich nach der Art der Tätigkeit.
  • Betriebsbeschreibung. Sie ist für die Versicherungsgesellschaft eine Risikobeschreibung und muss zur Beitragsfindung so präzise wie möglich sein – mit allen handwerks-/betriebstypischen Tätigkeiten im Innen- und Außenbereich. Spätere Änderungen müssen dem Versicherer zügig mitgeteilt werden.
  • Vorsorgedeckung. Neu hinzukommende betriebsuntypische Risiken sind damit bis zur jährlichen Risikoabfrage des Versicherers vorläufig in einer bestimmten Höhe mit abgedeckt.
  • Deckungssummen. Grundsummen von zwei bis drei Millionen Euro für Personen- und Sachschäden nicht unterschreiten. Bei größeren Aufträgen lässt sich die Summe projektgebunden aufstocken (Exzedentenversicherung). Wichtig: Handwerksunternehmer, die viel beim Kunden arbeiten, haben immer ein größeres Haftpflichtrisiko.
  • Sublimits. Sie begrenzen die Deckungssumme für spezielle Schäden. Neuere Verträge enthalten weniger Sublimits. Der Versicherungsschutz reicht dann auch bei Bearbeitungsschäden bis zur Regeldeckungssumme des Vertrags.
  • Bearbeitungsschäden. Mit mindestens 100.000 Euro absichern. Wer nur für gewerbliche Kunden arbeitet, braucht einen höheren Schutz als Handwerker, die nur für Privathaushalte tätig sind.
  • Allmählichkeitsschäden. Schäden, die durch allmähliche Einwirkung von Rauch, Ruß, Dampf oder Feuchtigkeit entstehen. Sie sind in neueren Policen mitversichert, in vielen älteren Verträgen jedoch nicht. Wichtig ist dieser Schutz insbesondere für Installationsbetriebe.
  • Mietsachschäden. Üblicherweise bezieht sich das Kleingedruckte in der betrieblichen Haftpflicht hier nur auf Immobilien. Sollen auch bewegliche Güter – wie eine geliehene Spezialmaschine für einen Einzelauftrag – mitversichert werden, muss das extra bei der Versicherung beantragt werden.