Internationale Handwerksmesse 2020 Fliesen Unger: Roboterentwicklung gemeinsam mit der Wissenschaft

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Die Fliesenlege-Experten von Fliesen Unger klinken sich in Forschungsprojekte von Industrieunternehmen ein – und experimentieren gemeinsam mit Wissenschaftlern und Technikern mit neuester Robotik-Technik. Ziel der Tüftler: Sie wollen einen alltagstauglichen Fliesenlegeroboter bauen. Der Prototyp wird auf der IHM 2020 vorgestellt.

IHM Frank Leischker: Fliesenlegeroboter von Fliesen Unger
Frank Leischker, kaufmännischer Geschäftsführer von Fliesen Unger, ist stolz: "Wir haben bei uns den ersten Prototyp eines Fliesenlegeroboters stehen und fangen jetzt mit den Praxistests an." - © Christian Hüller

Bei Fliesen Unger wird nicht gekleckert, sondern geklotzt: Das Unternehmen aus Breitenbrunn im Erzgebirge hat sich auf Großaufträge von Industrie- und Handelsunternehmen spezialisiert. Es gilt, irgendwo in der Republik eine neue Lagerhalle, ein Industriegebäude, eine Werkstatt, Büros oder einen Einkaufsmarkt zu fliesen? Das 45-Mitarbeiter-Unternehmen aus Sachsen rückt an und erledigt den Auftrag. „Ein Team mit sechs Leuten schafft bei uns 200 bis 300 Quadratmeter Fliesenfläche pro Tag“, sagt Frank Leischker, kaufmännischer Geschäftsführer des mittelständischen Unternehmens. Bei Flächen von insgesamt teils mehreren tausend Quadratmetern heißt das: Mehrere Tage in Folge hochkonzentrierte, körperlich anstrengende Schwerstarbeit.

Schon lange arbeiten die Fliesenleger daran, die Arbeit effizienter und weniger aufreibend zu machen: „Wir nutzen zum Beispiel spezielle Estrich-Pumpen“, berichtet Leischker. „Trotzdem ist es natürlich ein extremer körperlicher Einsatz für die Mitarbeiter.“ Als Leischker einem befreundeten Unternehmensberater davon berichtete, entstand die Idee: Warum nicht mal Robotik-Hersteller ansprechen und fragen, was man da mit moderner Technik machen kann?

Kooperationsnetzwerk gemeinsam mit Roboterherstellern, Industrie, Handel, Immobilienwirtschaft und Forschungsinstituten

Gesagt, getan: „Wir haben mehrere Firmen angeschrieben, und viele waren interessiert“, erzählt Leischker. Gemeinsam mit Roboterherstellern, Unternehmen aus Industrie, Immobilienwirtschaft und Handel und Forschungsinstituten gründeten die Handwerker ein Kooperationsnetzwerk. Das Ziel: Gemeinsam eine Fliesenlege-Roboter erschaffen. „Inzwischen sind wir sogar an mehreren solcher Netzwerke beteiligt, treffen uns regelmäßig, um neue Anwendungsideen für neue Technik zu entwickeln.“

Eines der Projekte ist gerade einen großen Schritt weitergekommen: „Wir haben jetzt den ersten Prototyp eines Fliesenlegeroboters da stehen und fangen mit den Praxistests an“, sagt Leischker stolz. Das Prinzip: Die Handwerker beladen eine speziell konstruierte Zufuhr-Einheit mit Fliesen. „Der Roboter nimmt diese Fliesen dann automatisch auf, vermisst sie und untersucht sie auf Schäden“, erklärt Leischker. „Dann legt er sie auf.“ Und so geht es weiter, bis der Fliesenvorrat erschöpft ist. „Dann meldet der Roboter automatisch, dass er neue Fliesen braucht.“ Die Zufuhreinheit fährt hin, der Roboter lädt selbsttätig nach – und weiter geht’s.

Fliesenlege-Roboter spezialisiert auf sehr große Flächen

Der Fliesenlege-Roboter ist auf das Spezialgebiet des Unternehmens zugeschnitten: Das schnelle und effiziente Legen von Bodenfliesen auf sehr großen Flächen. „Für unseren Geschäftsbereich setze ich große Hoffnungen in solche Robotik-Lösungen.“ Für kleinteiligere Fliesenlegearbeiten, etwa in Privatgebäuden, kann er sich den technischen Helfer hingegen kaum als wertvolle Helfer vorstellen. „Hier eine Bordüre, da eine Ablagefläche: Für so individuelle Aufträge ist das sicher nichts.“

Prototyp des Fliesenlege-Roboters auf der IHM 2020

Auf der IHM 2020 in München werden die Forscher und Handwerker den Prototypen vorstellen und in der Podiumsdiskussion zum Thema Robotik das Gespräch mit interessierten Kollegen aus dem Handwerk suchen.

Zwei, drei Jahre wird es aber wohl noch dauern, bis der Fliesenlege-Roboter bereit ist für den Praxiseinsatz. „Uns ist in erster Linie wichtig, durch solche Pilotprojekte und auch durch den Messeauftritt zu zeigen: Maschinen und Innovation im Handwerk, das gibt es, das ist wichtig, und es ist machbar“, betont Leischker. „Wir wollen so einerseits für unsere Auftraggeber und andererseits für unsere Mitarbeiter ein attraktives, zukunftsfähiges Angebot machen.“

Kurzinfo: Robotik

Exoskelette stärken Malern und Maurern den Rücken, Roboter verlegen Fliesen, fräsen anspruchsvolle 3D-Konturen in Werkstücke und bohren über Kopf: Robotik kommt im Handwerk an.

Entwickler und Hersteller von Roboter- und Assistenzsystemen bringen vor allem für ungeliebte und ungesunde Arbeitsschritte die ersten alltagstauglichen Handwerkers-Roboter auf den Markt. Das Ziel: Handwerker von körperlich anstrengenden – und dadurch oft auch gesundheitsschädlichen – Arbeitsschritten zu befreien oder die physische Belastung zumindest zu reduzieren. Und die Arbeit im Handwerk so insgesamt effizienter und attraktiver zu gestalten.

Auf der Handwerksmesse IHM zeigen Robotik-Hersteller und Handwerker pragmatische Anwendungen moderner Technik für den Arbeitsalltag. Und widerlegen dabei so manches Vorurteil: So sind Roboter etwa nicht nur etwas für große Industrie-Werkshallen, in denen sie abgeschottet im Metallkäfig vor sich hin arbeiten.
Kollaborierende Leichtbauroboter, sogenannte Cobots, können auch auf kleinem Raum direkt mit ihren menschlichen Kollegen zusammenarbeiten.

Innovationsbegeisterte Handwerker finden Prototypen und Vorführ-Modelle auf der IHM 2020 im Digitalzentrum Handwerk – dort präsentieren die Aussteller Innovationen, Trends und Wissensvermittlung auf 2.000 Quadratmetern.