Fachkräftemangel: Fit für den demografischen Wandel

Der deutschen Wirtschaft droht ein dauerhafter Mangel an Nachwuchskräften, wie es ihn seit den Wirtschaftswunderjahren nicht mehr gegeben hat. Für Unternehmer gibt es Möglichkeiten, sich auf den zunehmenden Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter vorzubereiten - 10 praktische Tipps.

1. Systematisches Personalmanagement

Planen Sie den Personalbedarf wie auch die Entwicklung Ihres Unternehmens langfristig. Sprechen Sie in regelmäßigen Abständen (wenigstens jährlich) unter vier Augen mit jedem Mitarbeiter über dessen Leistungen und weitere Entwicklungsmöglichkeiten.

Thematisieren Sie auch die Verdienstmöglichkeiten und damit verbundenen Anforderungen. Sorgen Sie dafür, dass ausscheidende Mitarbeiter ihr Wissen an einen Nachfolger übertragen, etwa durch gleitende Übergänge.

2. Nachwuchswerbung

Bringen Sie Ihr Unternehmen, Ihre Branche beim potenziellen Nachwuchs frühzeitig (etwa ab der 7. Klasse) ins Gespräch, zum Beispiel durch die Vorstellung von Berufsbildern und Perspektiven in Schulen, auf Messen und Veranstaltungen. Lassen Sie dabei vor allem Auszubildende und Jungfacharbeiter zu Wort kommen.

Nutzen Sie auch jugendgerechte Medien wie zum Beispiel Youtube oder Schüler:cc. Beziehen Sie Lehrer, Eltern und Medien als wichtige Multiplikatoren mit ein. Bieten Sie Schülerpraktika und Ferienarbeitsplätze. Nutzen Sie auch „normale“ Werbemaßnahmen wie Anzeigen, Prospekte, Plakate, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren. Die Handwerksorganisationen helfen dabei. Beispiel: www.handwerks-power.de

3. Erschließung von Personalreserven

Die Zahl der Schulabgänger wird künftig nicht mehr ausreichen, um den Nachwuchskräftebedarf der Wirtschaft zu decken. Deshalb müssen Unternehmen systematisch auch in anderen Bevölkerungsgruppen nach Mitarbeitern fahnden, zum Beispiel unter Mitarbeitern „sterbender“ Branchen (z.B. Bergbau) oder schließenden Unternehmen sowie unter Ruheständlern, unter Berufsrückkehrern (z.B. aus der Familienphase oder nach Pflege von Angehörigen) sowie unter Langzeitarbeitslosen oder Schul- und Ausbildungsabbrechern.

Gerade bei den letztgenannten beiden Gruppen wird eine erfolgreiche Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess davon abhängen, in wieweit es gelingt, nicht nur fachliche, sondern auch soziale Kompetenzen zu vermitteln.

4. Stärkere Arbeitsteilung

Weil qualifizierte Mitarbeiter teurer und rar werden, müssen einfache Tätigkeiten künftig stärker auf un- und angelernte Beschäftigte übertragen werden. Außerdem werden Unternehmen darauf angewiesen sein, ältere Mitarbeiter länger im Betrieb zu halten. Beides setzt nicht nur organisatorische Veränderungen voraus, sondern auch einen kulturellen Wandel, der viele Konflikte und Widerstände hervorrufen wird. Frühes Beginnen ist deshalb Pflicht.

5. Qualifizierung

Systematische Weiterbildungsangebote sorgen nicht nur dafür, dass Firmen sich fachlich und unternehmerisch weiterentwickeln. Sie helfen auch, Mitarbeiter an das Unternehmen zu binden: durch Chancen zur persönlichen Weiterentwicklung und besseren Verdienstmöglichkeiten und auch durch die damit verbundene Wertschätzung.

Besonders attraktive Qualifizierungen können auch Grundlage einer längeren vertraglichen Bindung des Mitarbeiters an das Unternehmen sein. Ablösesummen, wie im Profisport längst üblich, dürften auch in der Wirtschaft immer mehr zur Normalität werden.

6. Neue institutionelle Formen

In Betrieben mit wenigen Mitarbeitern sind Arbeitsteilung, Qualifizierung, Aufstiegschancen und Sozialleistungen nur bedingt zu realisieren. Kleinere Firmen werden deshalb neue institutionelle Formen finden müssen, um für Mitarbeiter attraktiv zu bleiben: Neben Fusionen werden auch Kooperationen, Arbeitgeberzusammenschlüsse (www.arbeitgeberzusammenschluesse.de), Kollegenhilfe oder Interessengemeinschaften eine zunehmende Rolle spielen. Sei es, um zum Beispiel attraktive Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten zu schaffen, die Einkaufsmacht zu stärken oder mit benachbarten Firmen eine Kinderbetreuung zu organisieren.

7. Überprüfung der Leistungspalette

Wenn Arbeitskräfte teurer werden, wird der Einsatz von Maschinen in immer mehr Bereichen rentabel. Auch Handwerksunternehmen sollten ihre Arbeitsabläufe regelmäßig auf neue Möglichkeiten der Mechanisierung und Automatisierung hin überprüfen und gegebenenfalls anpassen. In einigen Fällen können Spezial- und Einzelfertigungen durch Lohnkostensteigerungen auch unverkäuflich teuer werden.

Dann sollte eine Einstellung dieser Leistung kein Tabu, sondern der Anstoß für eine rechtzeitige Neuentwicklung von Produkten oder Dienstleistungen und eine damit verbundene Umstellung der Leistungspalette sein.

8. Gesundheitsvorsorge

Ergonomische Arbeitsplätze und gesundheitliche Bildung tragen dazu bei, Ausfallzeiten und Krankheitskosten im Unternehmen zu minimieren. Sie sind auch wichtige Voraussetzungen dafür, dass ältere Mitarbeiter möglichst lange im Betrieb mitarbeiten können. Neben Kammern bieten auch Krankenkassen und mehrere Bundesländer Unterstützung zu diesem Thema, zumeist in Form von Informationen und Beratungen. Einige Kassen bieten sogar einen Beitragsbonus, wie zum Beispiel die ikk Gesund plus: www.ikk-gesundplus.de/bonusangebote/betriebliche-bonusprogramme/ikkimpuls-siegel/

9. Familienförderung

Ob mit flexiblen Arbeitszeiten oder Angeboten zur Teilzeitausbildung, ob in Form einer Förderung von Kinderbetreuungsplätzen oder als Zuschüsse zum Eigenheimkredit: Familienförderung wird zu einem entscheidenden Trumpf im Kampf um Mitarbeiter werden. Denn Kinder und Immobilieneigentum sind nicht nur erstklassige Motivationsfaktoren, sondern auch die besten Garanten, um Mitarbeiter in einer Region zu halten. Auch soziale Netzwerke und ein attraktives Lebensumfeld sind gewichtige Bleibeargumente, was die Förderung von Vereinen, Theatern oder anderen Freizeitangeboten für Unternehmer mehrfach interessant macht. www.beruf-und-familie.de

10. Gutes Betriebsklima

Punkten Sie mit den Stärken eines Familienunternehmens. Gestaltungsspielräume für Mitarbeiter, kurze Entscheidungswege und die regelmäßige Anerkennung besonderer Leistungen können dazu ebenso beitragen wie gemeinsame Erlebnisse nach Feierabend - gerne auch in Familie. Ein gutes Klima, nette Kollegen und kleine „Freiheiten“ im Job bedeuten Mitarbeitern häufig mehr als ein paar Euro zusätzlicher Verdienst.