Interview Jacob Osman Employer-Branding: "Nicht jeder braucht eine Social-Media-Kampagne"

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Jakob Osman ist Gründer und Geschäftsführer der Employer-Branding-Agentur "Junges Herz" in Dresden. Im Interview erklärt er, wie Handwerker eine schlagkräftige Arbeitgebermarke aufbauen und für junge Mitarbeiter attraktiv werden.

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Jakob Osman ist Gründer und Geschäftsführer der Employer-Branding-Agentur "Junges Herz" in Dresden. - © Employer-Branding-Agentur "Junges Herz"
handwerk magazin: Herr Osman, Sie beraten vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, die attraktiver werden wollen für Nachwuchs- und Fachkräfte. Welche Besonderheiten müssen Handwerksunternehmen beachten, wenn sie neue Mitarbeiter gewinnen wollen?

Osman: Das Besondere im Handwerk ist, dass die Unternehmen meist sehr bodenständig sind und auftreten, und dass sie s ehr zurückhaltend dabei sind, sich selbst als Marke zu betrachten und zu präsentieren. Viele Unternehmen freuen sich zudem derzeit über eine sehr gute Auftragslage, merken aber: Es wird immer schwieriger, Mitarbeiter zu finden und zu halten. Wenn Unternehmer aus dem Handwerk zu uns in die Agentur kommen, ist oft schon eine Schmerzgrenze erreicht: Sie können Aufträge nicht mehr erfüllen oder annehmen, weil es ihnen an geeignetem Personal fehlt.

Was raten Sie in einem solchen Fall?

Osman: Die Unternehmer müssen sich selbst in einer solchen dringlichen Situation erst einmal die Zeit nehmen, sich zu überlegen: Wen wollen wir haben? Wer passt zu uns? Will ich junge Leute ansprechen oder Fachkräfte bei der Konkurrenz abwerben? Ist es eine Option, auch im Ausland zu rekrutieren? Und dann müssen sie sich überlegen: Wie werde ich für diese Zielgruppen attraktiv?

Müssen Unternehmen dabei heute auf anderen Wegen rekrutieren als früher, zum Beispiel stärker Social Media nutzen?

Osman: Die meisten Unternehmen stellen sich vor, dass das die wichtigste Veränderung ist. Sie denken: Ich setze jetzt einen Maßnahmenkatalog um, mache Werbung bei Facebook, Instagram und YouTube, und dann läuft das mit den Mitarbeitern schon wieder. Aber so einfach ist es leider nicht. Klar ist: Die Zeit der Stellenanzeigen in der Lokalzeitung sind vorbei. Und selbstverständlich brauchen Unternehmen heute eine moderne Webseite mit einer Karriere-Seite. Absolut, das ist einfach Standard, darum kommt auf Dauer keiner mehr herum, darüber müssen wir nicht diskutieren. Das kostet heute auch nicht mehr die Welt. Aber nicht jeder braucht eine Social Media Kampagne. Viel wichtiger ist es, sich zu fragen: Bin ich ein moderner und attraktiver Arbeitgeber? Wie kann ich attraktive Arbeitsplätze für junge Leute und Fachkräfte anbieten, wie kann ich ihnen ein anständiges Gehalt bezahlen, und einen tollen Arbeitsplatz, auf den sie stolz sind? Was kann und muss ich im Unternehmen verändern, um Mitarbeiter zu begeistern?

Die modernste Social-Media-Kampagne bringt also nichts, wenn der Arbeitsalltag die Versprechen dann nicht erfüllen kann?

Osman: Genau so ist es. Die Frage ist: Wofür will ich als Unternehmen, als Arbeitgebermarke stehen? Man hört ja oft dieses Vorurteil, die junge Generation sei verwöhnt und faul, was die alles verlangen würden von ihren Arbeitgebern. Aber ganz ehrlich: Wer heute noch mit dieser „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“-Einstellung kommt, nach dem Motto „da mussten wir früher auch alle durch“, der hat die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt nicht verstanden. Vergesst es! Die jungen Leute sind nicht faul, aber sie wollen sich auch nicht ausbeuten lassen. Sie wollen mit Respekt behandelt werden, auf Augenhöhe. Sie wollen sich nicht kaputt arbeiten, sondern einen Sinn in ihrer Arbeit sehen, sich mit ihrem Job identifizieren können. Und sie haben die Wahl, können aus vielen verschiedenen Möglichkeiten wählen. Wer das versteht und entsprechend wertschätzend mit den Leuten umgeht, gewinnt durchaus sehr motivierte Mitarbeiter. Und geht im Übrigen einen wichtigen Schritt, um das eigene Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen – und auch selbst mehr Spaß an der Arbeit zu haben.