Elektronische Kassensysteme Schlampereien bei der Kassenführung werden teuer

Zugehörige Themenseiten:
Digitale Belege und Kassensysteme

Alle Betriebe, die Bargeld von Kunden nehmen, aufgepasst: Ab 1.1.2017 gelten neue Regeln für elektronische Kassensysteme. Grund hierfür sind Steuerverluste in Milliarden Höhe, die durch Neben-der-Kasse-Geschäfte entstehen. Wir haben die wichtigsten Fakten, mögliche Strafen und Ausnahmeregelungen für Sie zusammengefasst.

Zu viel Elektronik? Wem die digitalen Kassen suspekt sind, kann jederzeit auf die alte ­Ladenkasse umstellen. - © dja65/iStockphoto.com

Schätzungen zufolge kosten Manipulationen an Kassensystemen einschließlich der Neben-der-Kasse-Geschäfte den deutschen Staat jährlich zwischen fünf und zehn Milliarden Euro Steuerausfall. Allein eine Eisdiele aus dem süddeutschen Raum soll in wenigen Jahren über 2,5 Millionen Euro Steuern und Abgaben hinterzogen haben. Auch Apotheken gerieten in die Schlagzeilen. In einer Antwort auf die Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Ende des letzten Jahres will die Bundesregierung diese Zahlen zwar nicht offiziell bestätigen.

Gab es nicht eine Vereinfachungsregelung bei elektronischen Kassensystemen?

Die Bundesregierung hat bereits im Jahr 2010 einen Brandbrief an alle Firmen verfasst – das berüchtigte BMF-Schreiben vom 26. November 2010 zur Aufbewahrung digitaler Unterlagen bei Bargeschäften (Gz. IV A 4 – S 0316/08/10004-07, DOK 2010/ 0946087). Darin wurden die bisherigen Vereinfachungsregelungen hinsichtlich der ordnungsgemäßen Buchführung bei elektronischen Kassensystemen kurzerhand gekippt.

Was ist seit dem BMF-Schreiben vom 26. November 2010 nicht mehr erlaubt?

Danach ist es z.B. nicht mehr erlaubt, die Daten der Einzelbons wegzuwerfen , selbst wenn die Tagesendsummenbons (Z-Bons) lückenlos vorgelegt werden können. Steuerberater Roland Franz, Geschäftsführender Gesellschafter der Steuerberatungs- und Rechtsanwaltskanzlei Roland Franz & Partner aus Essen, weist darauf hin, dass seither sämtliche elektronische Daten eines Kassensystems unverdichtet gespeichert werden müssen und es unzulässig ist, Einzelbons zugunsten des Tagesendsummenbons zu löschen. Last but not least muss daneben auch für jede einzelne Kasse protokolliert werden, in welchen Zeiträumen eine Kasse an welchem Ort eingesetzt war.

Z-Abschlag, Endsummenbon & Tagesjournal: Aufbewahrungspflichten beachten!

Aus seiner täglichen Arbeit weiß Steuerberater Roland Franz, dass den meisten Unternehmern, die elektronische Registrierkassen benutzen, die Begriffe „ Z-Abschlag“ oder „ Endsummenbon “ bekannt sind und dass sie wissen, dass für jeden Geschäftstag ein Z-Abschlag vorliegen muss, der auch gleichzeitig fortlaufend nummeriert ist.

„Dass aber in der elektronischen Kasse seit den frühen 90ern ein Tagesjournal mitgeführt wird, ist vielen ebenso nicht bekannt oder wird ebenso oft verdrängt wie die Tatsache, dass das Journal bei älteren Kassensystemen täglich ausgedruckt werden muss, da es spätestens nach zwei oder drei Tagen, wenn die Speicherkapazität zu Ende geht, in der Kasse gelöscht und überschrieben wird“, erklärt Steuerberater Roland Franz.

Was droht beim Verstoß gegen diese Aufbewahrungspflichten?

Wenn die Kasse ein derartiges Tagesjournal führt und im Rahmen der Betriebsprüfung festgestellt wird, dass es nicht ausgedruckt und aufbewahrt wurde, ist dies ein Verstoß gegen die Aufbewahrungspflichten und kann zur Verwerfung der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung führen. Somit kann, wenn beispielsweise bei Nachkalkulationen Kalkulationsdifferenzen entstanden sind, zugeschätzt werden, was einen erheblichen finanziellen Schaden, wenn nicht sogar die Insolvenz bedeuten kann.

Muss ich ab 2017 ein elektronisches Kassensystem besitzen?

Das Bundesfinanzministerium hat den Unternehmen hierzulande in dem Schreiben vom 26.10.2010 zudem eine Deadline bis zum 31.12.2016 gesetzt, bis zu welcher sie Altgeräte nachrüsten müssen, welche bauartbedingt vor allem die Anforderungen an die Speicherung der Programm- und Stammdatenhistorie nicht erfüllen.
Diese Frist sorgt in der Praxis deshalb für Verunsicherung, weil das von Kassensystemherstellern gestreute Gerücht umgeht, ab dem kommenden Jahr müssten alle Einzelhändler und Handwerker eine elektronische Kasse anschaffen. Steuerberater Roland Franz gibt Entwarnung: „ Wenn jemand eine offene Ladenkasse führt, kann er nicht verpflichtet werden, ab dem 01.01.2017 auf elektronische Kassensysteme umzusteigen. Es besteht sogar rechtlich die Möglichkeit, wenn jemand ein Kassensystem im Einsatz hat, dieses am 31.12.2016 zu entsorgen und auf die offene Ladenkasse umzustellen.“

Was bedeutet "Kassensystem nachrüsten"?

Nachzurüsten sind auf jeden Fall zwei Dinge: mehr Speicherplatz und Software-Updates. In der Praxis sind heutzutage fast sämtliche installierten Kassensysteme softwareupdatefähig.

Für wen gilt diese Ausnahmeregelung?

Laut Steuerberater Roland Franz zu beachten, dass die bis zum 31.12.2016 angedachte Ausnahmeregelung nur für vor dem 26.11.2010 bereits in Betrieb befindliche Kassensysteme gilt. Auf neue Installationen findet die Ausnahmeregelung daher keine Anwendung. Dies bezieht sich ebenfalls auf den Kauf gebrauchter Registrierkassen. Sollte eine Registrierkasse vor dem 26.11.2010 bereits gebaut worden sein und erst danach in dem Betrieb des Steuerpflichtigen eingesetzt worden sein, gilt die Ausnahmeregelung nicht.

Registrierkassen: Darauf achten die Betriebsprüfer

Handwerker, die nicht richtig Kasse führen, sind ein gefundenes Fressen für den Fiskus. Dieser stellt dann nämlich die Fehlerfreiheit der Buchführung infrage und schätzt die Einnahmen. Worauf ist zu achten?

  1. Es ist unzureichend, aufbewahrungspflichtige Unterlagen in ausgedruckter Form vorzuhalten. D.h. die alleinige Aufbewahrung der Bons auf Papier ist nicht mehr ausreichend. Dem Betriebsprüfer muss ein Auslesen der Daten direkt aus der Kasse ermöglicht werden.
  2. Auch sämtliche Organisationsunterlagen rund um die Kasse, wie z.B. Bedienungs- und Programmieranleitungen oder Protokolle von Umprogrammierungen sind aufzu­bewahren.
  3. Ist die komplette Speicherung aller steuerlich relevanten Daten bei der Registrierkasse, insbesondere Journal-, Auswertungs-, Programmier- und Stammdatenänderungsdaten innerhalb des Gerätes nicht möglich, müssen diese Daten unveränderbar und maschinell auswertbar auf einem externen Datenträger gespeichert werden.
  4. Ein Archivsystem muss die gleichen Auswertungen wie jene im laufenden System ermöglichen. Hier werden auch regelmäßige Software-updates und gegebenenfalls der Kauf weiterer Hardware im Rahmen der Nachrüstung gefordert.
  5. Bei nicht mehr aufrüstbaren Kassensystemen hat der Steuerpflichtige die Auflagen aus dem BMF-Schreiben vom 09.01.1996 (Gz..: IV A 8 – S 0310 – 5/95) zu beachten. Danach muss er im Zweifel mehr oder weniger alles selbst dokumentieren.