Internationale Handwerksmesse und Nachhaltigkeit
Saskia Dörr ist Expertin für Nachhaltigkeitsmanagement im Digitalzeitalter. Mit ihrem Beratungsunternehmen Wiseway unterstützt sie Unternehmen dabei, Digitalisierung verantwortungsbewusst zu gestalten und erklärt, warum das Thema auch für Handwerksunternehmer wichtig ist.
handwerk magazin: Frau Dörr, warum brauchen Unternehmen eine digitale Nachhaltigkeitsstrategie?
Dörr: Durch die Digitalisierung und den Einsatz neuer Technologien in der Produktion und im Kundenkontakt entstehen viele neue, gesellschaftlich relevante und auch umstrittene Fragen. Bei Mitarbeitern und auch Kunden lösen diese Veränderungen oft Ängste und Unsicherheiten aus. Sie sind unsicher, wem sie in dieser veränderten Wirtschaftswelt vertrauen können. Für Unternehmer ist es daher wichtig, auf ihre Reputation zu achten, wenn sie neue Technologien einsetzen. Sie müssen sich damit auseinandersetzen, wie sie sich auch in der digitalen Welt als Unternehmer verantwortungsbewusst verhalten.
Können Sie das an einem Beispiel erklären?
Wenn ein Handwerksunternehmen zum Beispiel 3D-Druck und Robotik einsetzt, dann ist das aus einer Nachhaltigkeitsperspektive erstmal eine Chance: Das Unternehmen spart Ressourcen und Material bei der Produktion ein, das schont die Umwelt. Gleichzeitig stellt sich aber die Frage: Wie verändern sich die Rahmenbedingungen für Mitarbeiter? Werden durch die Automatisierung Daten über Leistung und Verhalten der Mitarbeiter erhoben und gespeichert? Wenn ja: Wird dabei der Datenschutz gewahrt? Werden Arbeitsplätze nur neu gestaltet oder werden Stellen abgebaut? Wer solche Fragen ausblendet, geht das Risiko ein, dass die Reputation des Unternehmens leidet.
Auch für Unternehmer ist es allerdings nicht ganz einfach, alle möglichen Folgewirkungen neuer Technologien einzuschätzen. Es gibt ja noch keine Erfahrungswerte, rechtlich ist auch vieles noch unklar. Wie können Unternehmer mit diesen Unsicherheiten umgehen?
Entscheidend ist, dass Unternehmer sich der Risiken überhaupt bewusst sind und sich informieren. Sie sollten Mitarbeitern und Kunden signalisieren, dass sie als Unternehmer die nötige Digitalkompetenz aufbauen, damit sie auch verantwortungsbewusste Entscheidungen in der digitalen Wirtschaftswelt treffen können. Ein konkretes Beispiel: Kunden sollten sich darauf verlassen können, dass Handwerker ihre Daten nicht einfach an irgendeine Online-Plattform eines Händlers, Auftragsvermittlers oder Herstellers weitergeben.
Warum ist das wichtig?
Ein verantwortungsbewusster Unternehmer wird genau prüfen, mit welchen Plattformunternehmen er zusammenarbeitet: Stehen die Server in Europa, den USA oder in Asien? Wohin fließen die Daten? Was gebe ich über mich und meine Kunden preis? Wenn die rechtliche Situation und der Datenschutz unklar sind, wenn es Graubereiche gibt, sollte ich das als Unternehmer thematisieren und offen ansprechen. Wenn ich beim Kunden ein Gerät installiere, das automatisch Nutzungsdaten an den Hersteller meldet, sollte ich meinen Kunden darauf hinweisen und erklären, was mit den Daten geschieht. Kunden und Mitarbeiter wollen sich darauf verlassen können, dass Unternehmer nicht naiv und sorglos mit solchen Fragen umgehen.
Was können Unternehmen sonst noch tun, um ihre Reputation in der digitalen Welt zu schützen?
Vertrauen wird in der digitalen Welt ein immer wichtigeres Kapital für Unternehmer. Gerade weil die Digitalisierung mit so vielen Unsicherheiten verbunden ist, werden Kunden, Geschäftspartner und Mitarbeiter immer stärker auf die Reputation und Glaubwürdigkeit von Unternehmen achten, mit denen sie zusammenarbeiten. Unternehmen können Reputationskapital aufbauen und für sich nutzen, wenn sie sich rechtzeitig mit den kritischen Themen auseinandersetzen. Und offen und transparent kommunizieren, warum sie welche Digitalisierungs-Schritte umsetzen.