Interview Andreas Steinert CSR-Glaubwürdigkeit: "Nachhaltigkeit darf kein reines Marketing-Thema sein"

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Andreas Steinert ist Experte für Kommunikation und Management unternehmerischer Verantwortung (Corporate Social Responsibility/CSR). Im Interview erklärt er, wann soziales Engagement von Unternehmen als glaubwürdig wahrgenommen wird.

Andreas Steinert
Andreas Steinert, Geschäftsführer von Bit's Communication in Bonn, ist Experte für Kommunikation und Management unternehmerischer Verantwortung. - © Andreas Steinert
handwerk magazin: Herr Steinert, Handwerksunternehmen engagieren sich oft in ihrer Heimatregion: Sie unterstützen etwa lokale Sportvereine oder spenden Lebensmittel an die örtliche „Tafel“. Das tun sie in der Regel nicht, um eine Corporate-Social-Responsibility-Strategie zu verfolgen, sondern aus Tradition und Verbundenheit mit der Region. Ist diese Form des unternehmerischen Engagements noch zeitgemäß?

Steinert: Aus Kommunikations-Sicht ist ein solches Engagement erstmal klasse, weil es sehr glaubwürdig ist. Das unternehmerische Engagement ist dabei auf den Inhaber oder die Unternehmerfamilie persönlich zugeschnitten, sie interessieren sich für das Thema, sind meist auch privat engagiert und bekannt. Da ist klar: Hier geht es nicht nur um eine Marketing-Aktion.

Das klingt so, als käme nun noch ein „Aber“?

Richtig. Nicht ganz so positiv fällt die Bewertung nämlich aus, wenn man fragt: Was bringt das Engagement dem Unternehmen? Studien zeigen, dass kleine und mittelständische Unternehmen in Deutschland rund sechs Milliarden Euro für gesellschaftliche Belange ausgeben. Aber nur sehr wenige Unternehmen können die Frage beantworten, welchen Nutzen das Engagement für ihr Unternehmen bringt. Viel Geld und Zeit werden ohne strategischen Ansatz investiert. Und das ist doch schade, oder?

Wie lässt sich gesellschaftliches Engagement strategischer angehen?

Zunächst einmal sollten Unternehmer sich weniger fragen, was sie persönlich interessiert, und den Blick auf die Frage lenken: Welche Themen interessieren eigentlich meine Kunden? Ist es speziell der jüngeren Kundschaft vielleicht wichtig, weniger Verpackungsmüll zu produzieren? Dann kann ich die Verpackung meiner Produkte überarbeiten, zum Beispiel weniger Plastik einsetzen. Ist Klimaschutz ein wichtiges Thema für meine Kunden? Vielleicht lohnt sich dann die Investition in einen Elektro-Transporter und in Energiespar-Konzepte für die Produktion. Das Energiesparkonzept kann ich dann zum Beispiel auf der Firmenwebseite und über soziale Medien kommunizieren und in Angeboten Zahlen und Fakten zum C02-Fußabdruck angeben. Kunden wollen sehen, mit wem sie es zu tun haben, wem sie ihr Geld geben. Zu einem modernen Auftritt gehört dabei heute auch ein nachhaltiges Geschäftsmodell.

Größere Unternehmen erstellen oft sogar aufwändige Nachhaltigkeitsberichte, in denen sie die Erfolge ihres Engagements aufzeigen und berechnen. Sind solche Berichte auch für mittelständische Handwerksbetriebe sinnvoll?

In der Regel nicht. Wer es mit Privatkunden zu tun hat, kann davon ausgehen, dass solche Berichte eher nicht gelesen werden. Wer es vor allem mit Geschäftskunden zu tun hat, kommt schon eher in die Situation, dass ein Kunde oder Geschäftspartner Daten über Energieeffizienz und CO2-Ausstoß abfragt. Aber generell gilt: Erst einmal muss ich etwas zu berichten haben. Das Nachhaltigkeitsmanagement kommt immer vor der Nachhaltigkeitskommunikation. Erst einmal sollten sich Unternehmer intensiv mit der Frage auseinandersetzen, wie sie ihr Geschäftsmodell nachhaltiger gestalten können. Und dann konkrete Projekte umsetzen, um die selbst gesetzten Ziele zu erreichen. Wenn man eine Werbekampagne oder einen Bericht macht, ohne dass echtes Engagement, echte Projekte und Erfolge dahinter stehen, wird das schnell enttarnt. Dann lässt man es besser ganz.