Bundesregierung: Neues Erbschaftsteuergesetz vorgelegt

Zugehörige Themenseiten:
Erbrecht und Erbschaftsteuer

Die Bundesregierung drückt bei der Reform des Erbschaftsteuergesetzes auf das Gaspedal. Die Kanzlerin hat gerade den von der Bundesregierung verabschiedeten Entwurf an den Deutschen Bundestag weitergeleitet. Für Handwerksbetriebe deuten sich Verschlechterungen an.

Bei der Reform des Erbschaftsteuergesetzes deuten sich Verschlechterungen für Handwerksbetriebe an. - © © motorradcbr - Fotolia.com

Mit Schreiben vom 7. September 2015 hat die Bundeskanzlerin dem Präsidenten des Deutschen Bundestags den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Erbschaftsteuer- und Schenkung mit dem Ziel zugeleitet, „die Beschlussfassung des Deutschen Bundestages herbeizuführen“ (http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/059/1805923.pdf). Damit macht die Bundesregierung bei der Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuergesetzes Druck. Gut möglich, dass die umstrittene Gesetzesnovelle noch vor dem 30. Juni 2016 in Kraft tritt. Bis längstens dahin hat das Bundesverfassungsgericht dem Gesetzgeber Zeit bewilligt, Reparaturen vorzunehmen.

Mehreinnahmen sind nicht das Ziel

Mit dem Entwurf soll eine verfassungsgemäße Ausgestaltung der Verschonung betrieblichen Vermögens und damit eine verfassungskonforme Erhebung der Steuer erreicht werden. Ziel ist es, die vorhandene Beschäftigung in den übergehenden Betrieben weiterhin zu sichern und die mittelständisch geprägte Unternehmenskultur zu erhalten. „Traditionelle Unternehmen werden vielfach seit Generationen fortgeführt und sichern über Jahrzehnte zahlreiche Arbeitsplätze", heißt es in dem Entwurf, in dem ausdrücklich festgestellt wird: „Vorrangiger Zweck des Gesetzentwurfes ist es nicht, Mehreinnahmen aus der Erbschaft- und Schenkungsteuer zu erzielen."

Bisher nur Betriebe über 20 Beschäftigten betroffen

Das bisherige Erbschaftsteuerrecht sah eine Verschonung des Betriebsvermögens in Höhe von 85 Prozent vor, wenn innerhalb von fünf Jahren der vierfache Betrag der durchschnittlichen Jahreslöhne gezahlt (400 Prozent) und der Betrieb weitergeführt wurde. Die Verschonung konnte auf 100 Prozent erhöht werden, wenn die Lohnsumme 700 Prozent betrug und der Betrieb sieben Jahre gehalten wurde. Diese Lohnsummenregelung galt aber nur bei Betrieben über 20 Beschäftigten. Begünstigtes Vermögen konnte verschont werden, wenn der Verwaltungsvermögensanteil (zum Beispiel Bargeld, Dritten überlassene Grundstücke) bis zu 50 Prozent betrug.

Künftig greift ein Stufenmodell

Nach der Neuregelung kann künftig nur noch begünstigtes Vermögen, das einer gewerblichen, freiberuflichen oder land- und forstwirtschaftlichen Tätigkeit dient, berücksichtigt werden. Damit sollen Gestaltungsmöglichkeiten wie das Ausnutzen von 50 Prozent Verwaltungsvermögen auf jeder Firmenebene (sogenannte Kaskadeneffekte in Beteiligungsgesellschaften) ausgeschlossen werden. Die Neuregelung sieht eine Beibehaltung der Verschonungsregeln zu 85 oder 100 Prozent vor, allerdings wird die Lohnsummenregelung geändert. Die Anforderungen an diese Regelungen steigen in Zukunft mit der Zahl der Beschäftigten.

Bei Unternehmen mit bis zu drei Beschäftigten wird auf die Prüfung der Lohnsummenregelung verzichtet. Von vier bis zu zehn Beschäftigten gilt, dass bei einer Behaltensfrist von fünf Jahren eine Lohnsumme von 250 Prozent erreicht werden muss (sieben Jahre: 500 Prozent). Bei Unternehmen von elf bis 15 Beschäftigten beträgt die Lohnsumme 300 Prozent bei einer Behaltensfrist von fünf Jahren und 565 Prozent bei sieben Jahren. Bei den Lohnsummen werden Beschäftigte in Mutterschutz oder Elternzeit, Langzeiterkrankte und Auszubildende nicht mitgezählt.

Verschärfungen auch bei großen Unternehmen

Die bisherige Regelung, dass die Verschonungsregeln auch bei großen Betriebsvermögen gelten, ohne dass der Bedarf einer Verschonung geprüft wird, war vom Verfassungsgericht verworfen worden. Bei einem Erwerb großer Vermögen über 26 Millionen Euro wird daher ein Wahlrecht zwischen einer Verschonungsbedarfsprüfung und einem Verschonungsabschlag eingeführt. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung hat der Erwerber nachzuweisen, dass er nicht in der Lage sein würde, die Steuerschuld mit anderem als Betriebsvermögen zu zahlen. "Genügt dieses Vermögen nicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen", heißt es in dem Entwurf.

Alternativ zur Verschonungsbedarfsprüfung ist ein Verschonungsabschlag möglich. Dabei beträgt der Abschlag 85 Prozent bei einer Haltefrist von fünf Jahren beziehungsweise 100 Prozent bei einer Haltefrist von sieben Jahren. Bei Vermögen über 26 Millionen Euro sinkt der Abschlag schrittweise (Verschonungsabschmelzmodell). Ab 116 Millionen Euro gilt ein einheitlicher Verschonungsabschlag von 20 Prozent bei einer Haltedauer von fünf Jahren (bei sieben Jahren 35 Prozent). Für Familienunternehmen mit bestimmten gesellschaftsvertraglichen Voraussetzungen können andere Beträge gelten.

Die Hoffnung stirbt zuletzt

Bei wirtschaftlich bedeutsamen Reformvorhaben wie dem Erbschaftsteuergesetz, das zeigen die bisherigen Erfahrungen, kommt kein Gesetzesentwurf so aus dem Bundestag heraus, wie er eingebracht wurde. Deshalb ist es gut möglich, dass bei dem Stufenmodell noch wesentlich nachgebessert wird und die Eingangsschwellen auch zugunsten der vielen deutschen Handwerksbetriebe nach oben hin verschoben werden.

So sieht die Arbeitsgemeinschaft Mittelstand weiteren Änderungsbedarf, um die Übertragung mittelständischer Unternehmen auf die nächste Generation nicht zu behindern. Der Kreis der Steuerpflichtigen, die im Gegenzug für eine Verschonung die Lohnsummenregelung einhalten müssen, werde immer noch zu massiv und über die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts hinausgehend ausgeweitet. Um die Auswirkungen zu begrenzen, solle die Zahl der Beschäftigten bei der Nichtaufgriffsgrenze angehoben werden. „Damit wird unnötiger zusätzlicher Bürokratieaufwand bei Steuerpflichtigen und bei der Finanzverwaltung vermieden. Zusätzlich sollten Teilzeitarbeitskräfte bei der Berechnung der Beschäftigtenzahl nur anteilig berücksichtigt werden, damit Betriebe, die statt weniger Vollzeitarbeitnehmer eine Mehrzahl von festangestellten Teilzeitkräften beschäftigen, nicht ohne sachlichen Grund benachteiligt werden“, fordert die Arbeitsgemeinschaft unter anderem.

Zu den Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand zählen der Bundesverband der Freien Berufe (BFB), der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA), der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA), der Deutsche Industrie und Handelskammertag (DIHK), der Deutsche Raiffeisenverband (DRV), der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV), der Handelsverband Deutschland (HDE), der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) sowie DER MITTELSTANDSVERBUND – ZGV