Fahrbericht Ford Transit Courier: Echter Anpacker

Der neue kompakte Ford Transit Courier ist geräumig, handlich und vor allem günstig. Ein buchstäblicher Gernegroß. Und damit ein Fall für Handwerks­betriebe, wie die erste Ausfahrt zeigt.

Bulliger Auftritt: Der neue Transit Courier von Ford wirkt größer, als er in der Realität ist.
Bulliger Auftritt: Der neue Transit Courier von Ford wirkt größer, als er in der Realität ist. - © Randolf Unruh

Kind, was bist Du groß geworden – wer sich beim Nachwuchs mal richtig unbeliebt machen will, steigt mit dieser Bemerkung beim Verwandtenbesuch ins Gespräch ein. Auch der Ford Transit Courier hat im Vergleich zum Vorgänger in jede Richtung einige Zentimeter zugelegt. Ist dabei indes nicht ausgeufert, und sieht mit seiner bulligen Statur auf den ersten Blick sogar größer aus, als er ist. Die Kölner haben die ­Motorhaube hoch angesetzt, die Scheinwerfergehäuse in den kräftigen Grill einbezogen, sich für dicke Backen entschieden, den Scheiben mit dunklen A-Säulen eine Visieroptik verliehen und die Wände nahezu gerade hochgezogen.

Markante Erscheinung

Somit hebt sich der neue Transit Courier sehr deutlich vom eher zart gebauten Vorgänger ab. Keine Frage: Er hat einiges vor und als echter Anpacker die Ärmel aufgekrempelt. Bei aller Kantigkeit fährt jedoch kein simpler Klotz vor. Das zeigen abgedeckte Führungen der Schiebetür oder aerodynamische Details wie Luftschlitze vorne seitlich in den Backen oder Abrisskanten am Heck seitlich und oben. Der Transit Courier wirkt insgesamt deutlich markanter als der etwas größere, ebenfalls neue Transit Connect mit seinen VW-Genen.

Der zweite prüfende Blick fällt auf die Daten und enthüllt Verblüffendes. Der Laderaum erreicht fast auf den Millimeter genau die Werte des bisherigen Transit Connect als Kurzausgabe. Das gilt für die maximale Laderaumlänge von 1,80 Metern ebenso wie für Breite und Höhe sowie – logisch – das daraus resultierende Volumen von 2,9 Kubikmetern. Macht gut 20 Prozent mehr Raum als bisher, alle Achtung. Wenn der Staplerfahrer zudem sorgfältig zielt, passt die Europalette nun quer ins Heck zwischen die Radkästen. Dank des durchgestreckten Hecks haben zwei bepackte Ladungsträger hintereinander im Frachtraum Platz. Regalsysteme an den steilen Wänden sowieso. Langmaterial kann dank Katzenklappe in der Trennwand hinter dem Beifahrersitz sogar 2,67 Meter messen.

Aufpassen heißt es angesichts der Nutzlast. Nach Ford-Angabe schultert der Transit Courier je nach Ausführung bis zu 680 oder mit Auflastung sogar 845 Kilogramm. Steckt da etwa noch das Fahrergewicht drin? Bei den ersten Testwagen schnurrte die Zuladung der leichteren Variante bei großzügiger Ausstattung auf gut 500 Kilo zusammen. Ausweg bietet neben der aufgelasteten Ausführung ein Anhänger – je nach Motorisierung zieht der Transit Courier bis zu 1.100 Kilo.

Spannendes Motorentrio

Nach wie vor steckt unter der Motor­haube wahlweise ein Dreizylinder-Benziner oder ein Vierzylinder-Diesel. Nun aber gibt es den Benziner in zwei Leistungsstufen mit 74 kW/100 PS und 92 kW/125 ­PS. Macht netto gut einen Tausender und passt zu höheren Anforderungen an Gewichte und Strecken. Der Benziner mit nur einem Liter Hubraum arbeitet zwar vernehmlich und entwickelt bei höheren Drehzahlen den Klang eines Kühlschranks außer Rand und Band, harmoniert aber gut mit dem Transit Courie­r. Wer sich etwas gönnen möchte, wählt dazu ein Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe. Mit einem Mehrpreis von netto 2.000 Euro passt diese Art der Automatik indes nicht so recht zum Sparcharakter des Ford.

Das Dieselaggregat mit 1,5 Litern Hubraum ist technisch ein feines Ding mit Aluminium-Motorblock und einem elektronisch angesteuerten Turbolader mit variabler Geometrie. Er bringt es ebenfalls auf 74 kW/100 PS, überzeugt mit vergleichsweise sympathischer Laufruhe und hoher Durchzugskraft – ein gewisses Drehzahlniveau vorausgesetzt. Im Zulauf ist außerdem der batterieelek­trisch angetriebene E-Transit Courier. Mit 100 kW/136 PS und großer Durchzugskraft vor Ort nicht nur sauber, sondern auch flink. Während die Verbrenner längst bestellbar sind, dauert es mit dem Stromer noch ein Weilchen. Ford will ihn dem Vernehmen nach 2025 liefern.

Geräumiges Cockpit

Der Fahrer des Transit Courier dirigiert dies alles aus einem recht geräumigen Cockpit. Gestartet wird per Knopfdruck, die Handbremse funktioniert mechanisch – es gibt Wichtigeres. Dank der weit nach vorne gezogenen Windschutzscheibe ist das Raumgefühl sogar fast weitläufig und die Sicht gut. Auch in große Außenspiegel, rechts mit Weitwinkelfeld. Gekonnt wirkt ebenfalls die Optik der Armaturentafel mit ihrer Querorientierung. Die Materialqualität ist schlicht, wer es edler haben will, der wird zum teureren Transit Connect greifen. Der Fahrersitz drückt Großgewachsene ein wenig im Schulterbereich, man kennt’s vom größeren Transit Custom. Von ihm übernimmt der Transit Courier die etwas verschrobenen Digital-Instrumente mit dem nahezu ungenießbaren Drehzahlmesser in Säulenform. Viel sympathischer eingefasst als beim großen Bruder ist dagegen der Zehn-Zoll-Monitor in der Mitte. Aber wehe dem, der sich während der Fahrt der Klimatisierung widmen will – der entsprechende Menüpunkt ist denkbar vollgestopft.

Zu den Vorzügen des Transit Courier zählt ein ansprechendes Fahrwerk. Profitiert er doch von einer gemeinsamen Plattform mit dem Ford Puma. Zwar wirkt er nicht ganz so samtpfotig wie eine Raubkatze, federt aber nach dem ersten Eindruck teilbeladen angenehm. Schließlich steckt unter seinem Hinterteil eine Verbundlenkerachse mit Schraubenfedern. Und da die Lenkung markentypisch präzise und mit der passenden Kraftunterstützung arbeitet, vermittelt der Ford sogar Fahrvergnügen, wenn er durch die City wuselt. Unterstützend ­packen reichlich Assistenzsysteme zu, ob serienmäßig oder gegen Aufpreis.

Und dann wäre da noch eine Zahl: Der Einstandspreis des neuen Transit Courier liegt laut Liste mit netto 18.550 Euro glatt vier Tausender unter dem Tarif des bisherigen, höher angesiedelten Transit Connect mit den nahezu identischen Laderaummaßen. Das klingt nach einem fairen Geschäft. Gut also, dass der ­Transit Courier so groß geworden ist.

Viel Platz: Hier kommen auch größere Fahrer gut unter. Zudem gibt es zahlreiche offene Ablagen für Krimskrams & Co.
Viel Platz: Hier kommen auch größere Fahrer gut unter. Zudem gibt es zahlreiche offene Ablagen für Krimskrams & Co. - © Randolf Unruh
Gekonnt wirkt die Optik der Armaturentafel mit ihrer Querorientierung.
Gekonnt wirkt die Optik der Armaturentafel mit ihrer Querorientierung. - © Randolf Unruh
Praktischer Frachter: Anstelle der Kiste würden in den Transit Courier auch ein oder zwei Europaletten quer ins Heck passen.
Praktischer Frachter: Anstelle der Kiste würden in den Transit Courier auch ein oder zwei Europaletten quer ins Heck passen. - © Randolf Unruh
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