Tradition Zunftkleidung – die traditionsreiche Arbeitskleidung der Handwerker

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Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verleiht die Zunftkleidung Zimmermännern, Steinmetzen, Dachdeckern, Goldschmieden, Schornsteinfegern und vielen anderen traditionellen Handwerksberufen ihr unverwechselbares, traditionsreiches Äußeres. Das sollten Sie dazu wissen.

Zunftkleidung
Zunftkleidung verleiht traditionellen Handwerksberufen ihr unverwechselbares, traditionsreiches Äußeres - insbesondere bei festlichen Anlässen und während der Wanderschaft. - © RStollner / Shutterstock

Schon lange verleiht die Zunftkleidung Zimmermännern, Steinmetzen, Dachdeckern, Goldschmieden, Schornsteinfegern und vielen anderen traditionellen Handwerksberufen ihr unverwechselbares, traditionsreiches Äußeres. Obwohl sie heutzutage nicht mehr von jedem Handwerker während der Arbeit getragen wird, erfreut sie sich weiterhin großer Beliebtheit bei festlichen Anlässen und besonders während der Wanderschaft. Erfahren Sie hier, was es über Zunftkleidung zu wissen gibt.

Wer trägt Zunftkleidung und aus welchem Grund?

In erster Linie wird Zunftkleidung von traditionsreichen Handwerksberufen getragen. Dazu zählen unter anderem:

  • Dachdecker
  • Zimmermänner
  • Maurer
  • Steinmetze
  • Tischler
  • Schornsteinfeger
Was viele nicht wissen, ist die Tatsache, dass Buchbinder, Schneider, Töpfer, Instrumentenbauer oder Goldschmiede ebenfalls Kluft tragen. Wer sich dafür interessiert, kann sich bei spezialisierten Anbietern für Zunftkleidung wie Reidl einen Überblick über die verschiedenen Kleidungsstücke verschaffen.

Diese beinhaltet im Wesentlichen zwei Funktionen:

  1. Sie dient dem Schutz ihres Trägers. In den meisten Fällen besteht die Kleidung entweder aus Trenker- bzw. Genuacord oder Doppelpilot Zwirn. Diese Materialien zeichnen sich nämlich durch ein angenehmes Tragekomfort, Belastbarkeit sowie Langlebigkeit aus und sind zusätzlich robust und atmungsaktiv. Zunfthosen mit Schlag sollen beispielsweise verhindern, dass Späne in den Schuh gelangen.
  2. Sie ist das Erkennungszeichen einzelner Zünfte. So hängt die Farbe zum Beispiel vom Handwerk ab: Holzberufe tragen in der Regel schwarze bzw. dunkle Kleidung, während Steinberufe zu hellen Farbtönen und Metallberufe zu Blau greifen.

Was gehört alles zu Zunftkleidung?

Zur Grundausstattung gehören folgende Kleidungsstücke:

  • Schwarzer Hut: entweder ein Schlapphut mit breiter Krempe, Zylinder, Koks, Melone, Dreispitz
  • Zunfthose: entweder mit oder ohne Schlag
  • Zunftjacke
  • Staude: Weißes Hemd ohne Kragen
  • Zunftweste
  • Schwarze Schuhe oder Stiefel

Was hat der aussagekräftige Schmuck zu bedeuten?

Wie symbolträchtig die Zunftkleidung ist, zeigt sich an den Verzierungen. Auf der Vorderseite der Zunftjacke befinden sich sechs Knöpfe, die für die sechs Arbeitstage stehen sowie je drei Knöpfe an den Ärmeln, die einerseits die drei Wanderjahre, andererseits die drei Lehrjahre symbolisieren. Weiterhin wird die Zunftweste mit acht Perlmuttknöpfen verziehrt, die für die acht Stunden Arbeit am Tag stehen.

Das Tragen von Schmuck ist verboten abgesehen von dem Ohrring in sechszackiger Form mit dem Zunftzeichen in der Mitte und der Zunftuhrkette. Damals bestand der Ohrring aus reinem Gold und war meist das Wertvollste, was der Geselle besaß. Er sollte gegebenenfalls die Beerdigung finanzieren. Wenn sich ein Wandergeselle nicht an die Regeln hielt und frühzeitig seine Reise abbrach, wurde ihm das Schmuckstück rausgezogen. Daher kommt auch die Bezeichnung Schlitzohr . Die Zunftuhrkette war eine Taschenuhr, die mit einer Kette an der Weste befestigt wurde und die die Wappen der Städte beinhaltete, in denen der Geselle gearbeitet hat.

Zunftkleidung während der Wanderschaft

Befindet sich der Träger der Zunftkleidung auf Wanderschaft, besitzt er außerdem einen Stenz. Dieser Wanderstock soll aus speziellem Holz bestehen, welches sich jeder individuell aussuchen muss. Die meisten Wandergesellen verstauen ihre Habseligkeiten außerdem in einem Charlottenburger - einem Leinentuch, welches an einem Lederriemen befestigt und anschließend locker über die Schulter gehangen wird.

Nur während der Walz tragen Handwerkergesellen eine Ehrbarkeit (ähnlich einem kurzen Schlips, einer Krawatte oder Binder). Diese hat die Farbe des gewählten Schachtes (Gesellenvereinigung):

Farbe Vereinigung / Schacht
Schwarz Gesellschaft der rechtschaffenen Fremden
Blau Rolandschacht
Rot Fremder Freiheitsschacht
Gold Freie Vogtländer Deutschlands
Grau Freier Begegnungsschacht
Schwarz plus Rose Bruderschaft zur Rose Quedlinburg und Döllnitz
Krawattenkordel Gewandhausgesellen Leipzig
Drei Knöpfe am Hut Heidberg Frei-Zunft Güstrow und Moratneustetten

Wer keinem Schacht beitritt und demnach als Freigeselle reist, trägt keine Ehrbarkeit.

Was bedeutet Walz oder Tippelei?

Die sogenannte Walz oder Tippelei ist ein jahrhundertealter Brauch. Die Gesellen begeben sich nach bestandener Gesellenprüfung auf eine Wanderschaft von mindestens drei Jahren und einem Tag , um sich neue Fähigkeiten sowie Arbeitspraktiken anzueignen. Dies war Pflicht, wenn man später s einen Meister machen wollte.

Um auf die Walz gehen zu dürfen, müssen die künftigen Handwerksmeister einerseits ledig und kinderlos sein, andererseits dürfen sie keinerlei Vorstrafen oder Schulden haben und unter 30 Jahre alt sein. Das hatte auch s einen Grund, schließlich war in der damaligen Zeit der Mann der Ernährer der Familie. Wäre dieser jedoch über drei Jahre auf Wanderschaft, kann er nicht für Frau und Kinder sorgen.

Lange Zeit war die Tradition der Walz beinahe in Vergessenheit geraten, in der DDR sogar verboten. Doch mittlerweile gehen immer mehr Handwerksgesellen wieder auf Wanderschaft, um die Welt kennenzulernen. Es findet sogar jährlich ein Himmelfahrtstreffen statt, wo sich die Gesellen treffen und sowohl Erfahrungen als auch Klatsch auszutauschen.

Welche Regeln sind während der Walz zu beachten?

  1. Noch heute darf ein Handwerker auf Wanderschaft den Weg nur zu Fuß oder per Anhalter bestreiten.
  2. Die Wanderschaft muss mindestens drei Jahre und einen Tag betragen – gern mehr, aber auf k einen Fall weniger.
  3. Der Geselle darf während dieses Zeitraums nicht näher als 50 Kilometer an s einen Heimatort heranreisen. Dieser wird erst nach Beendigung der Walz wieder betreten, wenn er die Prüfung erfolgreich gemeistert hat.
  4. Die Kluft muss immer getragen werden.