Interview zum Fotoshooting WorldSkills 2019: Zimmerer Alexander Bruns ist allein unter Akademikern

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Den Titel Europameister konnt sich Zimmerer Alexander Bruns im Herbst bei den EuroSkills sichern. Jetzt will sich der 21-Jährige auch noch den Weltmeistertitel in Kasan holen. Wie er als Sohn einer Akademikerfamilie im Handwerk gelandet ist, verrät er im Interview.

Alexander Bruns WorldSkills 2019 Zimmerer
© Annette Cardinale

Wie bist du für die WorldSkills in Kasan 2019 ausgewählt worden?

2018 bin ich Europameister geworden. Mit meinem Teamkollegen, dem EM-Dritten Thomas Naff, bin ich dann das letzte halbe Jahr in Vorbereitung gewesen. Weil wir von der Leistungsdichte her sehr nah beieinander lagen, stand lange nicht fest, wer für Deutschland zu den WorldSkills fahren darf. Die Trainer haben die Deadline ausgereizt. Ende April beim Entscheidungstraining konnte ich mich dann durchsetzen.

Wie hast du dich für die Europameisterschaft qualifiziert?

Bei uns Zimmerern gibt es eine Nationalmannschaft. Mit einem guten Gesellenbrief kann man sich mit diversen Wettkämpfen dafür qualifizieren. Es fängt mit dem Kammerwettbewerb an. Gewinnt man den, geht es auf den Landeswettbewerb und dann zu den Deutschen Meisterschaften. Schneidet man beim Bundeswettbewerb gut ab und hat das passende Alter kommt man in die Nationalmannschaft. So bin ich Ende 2016 ins deutsche Nationalteam gekommen. Nach fast zwei Jahren Vorbereitung ging es für mich im Herbst dann auf die EM nach Budapest und dort hab ich den ersten Platz gemacht. Da gab’s einen Pokal, der heut im Wohnzimmer steht.

Klingt nach einem straffen Programm. Was machst du denn in deiner Freizeit?

Zurzeit gar nichts. Bevor ich so viel für die Wettkämpfe trainiert habe, hab ich viel Sport gemacht –vor allem Kraftsport. Und wenn ich Zeit habe, gehe ich auch ganz gern Bouldern.

Welches Ziel setzt du dir für die WorldSkills Kasan 2019?

Das Ziel ist Weltmeister werde – sonst würde ich gar nicht hinfahren. Ansonsten will ich Spaß haben. Einfach die Zeit genießen mit den Leuten, die ich schon im Vorfeld kennenlernt hab. Hoffentlich kann ich dort neue Kontakte knüpfen, die auch halten. In andere Berufe reinschauen. Ich glaub, das ist eine einzigartige Erfahrung, sowas kriegt man sonst nie wieder. Deswegen will ich alles mitnehmen, was geht. Wird bestimmt ne geile Zeit.

Was meinst du, wie würden dich deine Familie und deine Freunde beschreiben?

Ehrgeizig, verbissen, wenn ich ein Ziel vor Augen hab. Bei manchen Sachen auch etwas verpeilt, aber ich glaub der Ehrgeiz, den ich hab, der sticht schon heraus.

Was ist das Besondere an dir?

Ich hab meinen Beruf ehern außergewöhnlich gefunden. Bei mir in der Familie macht niemand etwas mit Handwerk. Ich hatte auch nie was mit dem Handwerk zu tun. In meiner Familie sind alle Musiker. Alle haben studiert.  Ich hab neun Cousinen und Cousins, vier Geschwister und bin der Erste, der eine Ausbildung gemacht hat. Ich bin nach der 10. Abgegangen und hab meinen Ausbildungsberuf über ein Praktikum in der 9. Klasse gefunden. Ich bin zu einem Zimmerer gegangen und hab da wegen einem Praktikum angefragt.

Ich wollte mir das anschauen, gerne was machen, gerne Arbeiten und hab und dann bin ich montags heimgekommen und hab zu meiner Mama gesagt: „Ich glaub, dass war es mit Schule – ich wird Zimmerer.“ Meine Eltern haben das Unterstützt. Sie meinten zwar, mach doch erstmal dein Abi. Aber als es dann konkreter wurde, haben sie mich dabei unterstützt.

Was ist an deinem Beruf als Zimmerer besser, als an einem Studium?

Es ist ein total spannender Beruf, der nie langweilig wird. Jeden Tag gibt es neue Herausforderungen.

Mir gefällt die Mischung aus Tradition und Moderne. Zum einen gibt es immer noch die Kluft und die Walz und auf der anderen Seite arbeiten wir mit computergesteuerten Maschinen. Man ist den ganzen Tag draußen und man sieht am Ende des Tages, was man geschafft hat. Und natürlich ist Holz für mich der schönste Werkstoff. Schon als Kind hab ich gerne mit Holz gearbeitet, während mein Bruder eher mit Metall gearbeitet hat – das war nie meins. Holz ist meine Leidenschaft.

Was gefällt dir nicht an deinem Beruf?

Das kann ich pauschal gar nicht sagen. Es gibt immer Situation, die mal blöd sind. Zum Beispiel das Wetter. Im Winter stehen wir draußen, wenn es schneit. Und anderen Schlechtwettertagen arbeiten wir auch mal drinnen. Es gibt auch mal blöde Arbeiten, aber das gehört halt dazu. Es gibt immer positive und weniger positive Seiten. Es gibt immer Situationen die einem eine schöne Arbeit vermiesen können. Wenn man zum Beispiel mit einem Architekten nicht klarkommt oder wenn man mit Materialien arbeitet, die man nicht mag.

Wenn wir uns heute in fünf Jahren treffen, wie sieht dein Leben aus?

Ich bin hoffentlich Weltmeister geworden und hab meinen Meister gemacht. Vielleicht bin ich schon selbständig. Das lass ich auf mich zukommen. Ansonsten wünsch ich mir ganz bodenständig ein Haus und einen Frau.

Warum würdest du anderen jungen Menschen die Teilnahme an Berufswettbewerben empfehlen?

Weils gerade im Handwerk, nirgends die Möglichkeit gibt sich auf internationaler Ebene in seinem Beruf mit anderen Ländern zu messen und zu schauen wie die anderen arbeiten. Das Ganze ist eine wahnsinnige Erfahrung, auch schon in der Vorbereitung. Man entwickelt sich fachlich, aber auch persönlich enorm weiter. Man ist selbst schuld, wenn man es nicht wenigstens versucht.

Was muss sich ändern, damit mehr junge Leute eine Ausbildung im Handwerk machen?

Das Denken über eine Ausbildung und über die handwerklichen Berufe muss sich einfach ändern. Da sind alle gefragt, die jungen Leute, die Eltern, aber auch die Lehrer. Als ich mich für die Ausbildung entschieden hab, hatte ich mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Da hieß es auch von Seiten der Lehrer: „Willst du das wirklich machen? Lern doch lieber was Richtiges.“ Das ist ein falsches Denken. Das Handwerk hat eine wahnsinnig große Zukunft. Es ist alles nicht mehr so, wie es früher war. Dadurch, dass das Handwerk viel moderner geworden ist, steht es auch anderen Berufen in Sachen Digitalisierung in nichts nach. Außerdem ist das Handwerk nachhaltig. Gerade wir als Zimmerer versuchen auch die Umwelt zu schonen indem wir ressourcenschonend Bauen und viel Holz verwenden. Das sollten wir die nächsten Jahre beibehalten und verstärken.

Steckbrief

Name: Alexander Bruns

Alter: 21

Wohnort: Bad Dürkheim

Firma: Zimmerei Wolfgang Schlatter in Klein Karlbach

Ausbildung als: Zimmerer