Mitarbeiterbindung Wie Sie Ihr Team motivieren und halten

Qualifizierte Fachkräfte sind in jedem Betrieb mittlerweile das wichtigste Kapital. Um gute Mitarbeiter zu motivieren und im Betrieb zu halten, müssen Sie jedoch mehr bieten als eine gute Bezahlung.

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    © Fritz Stockmeier
    Die Okel-Familie: Prokuristin Claudia Okel (li.) bietet ihrem Team flexible Arbeitsplätze.
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    © Chart: handwerk magazin
    Jeder dritte Betrieb im Handwerk hat bereits Mitarbeiter durch Abwerbung verloren.
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    © Chart: handwerk magazin
    Mehr Flexibilität und Einsatz erhoffen sich die deutschen Chefs von ausländischen Fachkräften.
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    © Zettner
    „Chefs im Handwerk können mit Nähe und Teamgeist bei Bewerbern punkten.“ Werner Zettner, Berater und Personalexperte für Handwerker.

Wie Sie Ihr Team motivieren und halten

Für individuelle Lösungen im Innenausbau ist die Okel GmbH im hessischen Diemelstadt bei Kunden bekannt. Dieselbe Flexibilität macht den Betrieb auch für Fachkräfte interessant: Wer bei Okel arbeitet, kann Beruf und Familie ideal miteinander vereinbaren. „Die Mitarbeiter sind unser Kapital“, sagt Prokuristin Claudia Okel. Mit attraktiven Arbeitsbedingungen will der Betrieb sie gewinnen und halten. Kernstück der Strategie sind flexible Arbeitszeiten, die auf Zeitkonten verwaltet werden. Eine Mitarbeiterin, die Großmutter ist, kann so nachmittags nach ihrer Enkelin schauen, während die Tochter arbeitet. Junge Väter müssen keine Frühschicht übernehmen, bleiben dafür aber abends länger. Wer zu Hause arbeiten will, kann auf die interne EDV zugreifen. „Die Flexibilität nimmt den Druck und erleichtert den Spagat zwischen Beruf und Privatem“, sagt Claudia Okel. „Die Mitarbeiter fühlen sich gut aufgehoben.“ Das Engagement hat sich herumgesprochen. „Potenzielle Bewerber nehmen uns stärker wahr“, sagt Okel. „Es rufen immer wieder Leute an, die gerne für uns arbeiten möchten.“

Mehr Wertschätzung für das Team

Mit attraktiven Arbeitsplätzen, die eine auch für die Mitarbeiter im Handwerk wichtige Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, hat Okel eine der wichtigsten Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel erfolgreich umgesetzt. Knapp ein Drittel der Handwerksbetriebe konnte jedoch bereits 2011 nicht alle freien Stellen besetzen, in diesem Jahr hat sich der Trend nach Aussagen von Branchenexperten noch verschärft.

„Handwerksbetriebe haben eine Chance, wenn sie den Menschen in den Mittelpunkt rücken“, sagt Experte Werner Zettner. Dazu gehören ein gutes Betriebsklima sowie ein regelmäßiger Dialog zwischen Chef und Mitarbeitern genauso wie ein transparentes Prämiensystem: „Das Gefühl, direkt zum Erfolg beizutragen, ist für viele Beschäftigte der große Vorteil des Handwerks gegenüber der Industrie“, weiß der Berater. Ein Pluspunkt, den viele Firmenchefs anscheinend durch ihr Verhalten im Umgang mit dem Team oft ins Gegenteil verkehren. So klagen laut Umfrage des Hamburger Fürstenberg Instituts (siehe Chart Seite 34) immerhin 36 Prozent der Mitarbeiter im Handwerk über fehlende Anerkennung, ein knappes Drittel bemängelt jeweils die schlechte Führung und den fehlenden Spielraum für die Umsetzung eigener Ideen.

Im Ausland nach Verstärkung suchen

Doch auch bei gutem Betriebsklima und flexiblen Arbeitsbedingungen ist die Konkurrenz vielerorts so groß, dass Unternehmer wie Uwe Holzvoigt, Inhaber der Schäch Haustechnik GmbH im bayerischen Wolnzach, zu bislang im Handwerk eher ungewöhnlichen Strategien greifen. „Die benachbarte Automobilindustrie zieht wie ein Staubsauger Fachkräfte an“, erklärt der Chef von 100 Mitarbeitern. „Wir würden gerne wachsen, finden aber in der Region niemanden“, sagt der 45-Jährige. „Das führt so weit, dass wir manche Aufträge nicht mehr annehmen können.“ Die immer größer werdende Lücke schließt der Betrieb jetzt mit Fachkräften aus Spanien. „Dort sind viele arbeitslos, die jahrelang im Bausektor gearbeitet haben“, sagt Holzvoigt.

In Kooperation mit einer deutschen Anwältin in Barcelona und der spanischen Wirtschaftsförderung hat Holzvoigt in den letzten Monaten Bewerber gesucht und ausgewählt. Anfang Juli fangen drei spanische Kräfte in Wolnzach an. „Vor dem Start gibt es einen vierwöchigen Sprachkurs und im Betrieb werden Mitarbeiter als Paten zur Seite stehen“, sagt Holzvoigt. Wenn alles gut klappt, möchte der Betrieb weitere Fachkräfte aus Spanien einstellen und die Vermittlung auch anderen Firmen anbieten.

Geld ist wichtig, aber nicht alles

Wie hart der Kampf um Fachkräfte mittlerweile ist, zeigt das Beispiel von Hansel Bau im hessischen Schotten. Geschäftsführerin Cornelia Philipp hat - wie bereits ein Drittel ihrer Kollegen (siehe Chart Seite 33) - einen ihrer sieben langjährigen Mitarbeiter durch Abwerbung verloren. „Dem Maurer wurde ein Angebot für eine Stelle als Baumaschinenführer gemacht“, sagt Philipp. „Ausschlaggebend war für ihn die Aussicht, weniger körperlich zu arbeiten.“

In einem langen und offenen Gespräch hat die Unternehmerin versucht, den Mitarbeiter zu halten. „Finanziell wäre ich in einem gewissen Umfang gesprächsbereit gewesen“, sagt Philipp. „Aber die komplette Befreiung von körperlicher Arbeit war nicht möglich, dafür ist die Firma zu klein.“ Dass sich Gegenangebote nicht um jeden Preis lohnen, bestätigt Kathrin Peters, Recruiting-Expertin beim Personaldienstleister Robert Half. „Kurzfristig können sie sinnvoll sein, wenn sich das fachliche Know-how nicht ersetzen lässt“, sagt Peters. „Langfristig muss man oft die Unternehmenskultur ändern, auch um zu verhindern, dass weitere Beschäftigte gehen.“

Bei Hansel Bau waren derart weit reichende Veränderungen nicht nötig, im Gegenteil: „Das Beispiel des Kollegen hat das restliche Team eher erschreckt“, sagt Chefin Philipp, „denn die neue Stelle unterscheidet sich vom Versprochenen doch erheblich.“ ◇

kerstin.meier@handwerk-magazin.de

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