Weiterbildung mit System

Qualifikation Weil die Kunden Fachkompetenz genauso erwarten wie tadellose Umgangsformen, muss jeder Mitarbeiter beide Ansprüche erfüllen. Wie Sie für jeden die passende Weiterbildung finden.

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    Hart, aber herzlich: Dachdeckermeister Heinrich Koch und Ehefrau Heike fordern und fördern ihre Mitarbeiter.
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    Lernmuffel: Knapp 40 Prozent der Betriebe verzichten auch heute noch auf regelmäßige Schulungen der Mitarbeiter.
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    „Das Wissen der Mitarbeiter ist im Handwerk ein wesentlicher Faktor für den Erfolg.“Heike-Waldhoff Koch, Weiterbildungsexpertin in Warburg.

Weiterbildung mit System

Vom üblichen „Auf-Kurs-Schicken“ der Mitarbeiter hält Heike Waldhoff-Koch nichts: „Weiterbildung lässt sich nicht anordnen, sondern die Mitarbeiter müssen nachvollziehen können, dass ihre Qualifikation einen wesentlichen Beitrag zum Unternehmenserfolg leistet.“ Gemeinsam mit ihrem Mann führt die Diplom-Ökonomin in Warburg einen Dachdeckerbetrieb. Während er Auftragsakquise und - abwicklung übernimmt, kümmert sich die Unternehmerfrau um Strategie- und Personalentwicklung. Dazu gehört zu Jahresbeginn ein ausführliches Gespräch mit jedem der sechs Mitarbeiter, bei dem die Weiterbildungsmaßnahmen individuell festgelegt werden: „Die Mitarbeiter können sich aussuchen, welche Kurse sie interessieren“, erklärt Heike Waldhoff-Koch den Ablauf. Obwohl sie als Inhaberin einer Beratungsfirma für Handwerker genau weiß, dass ein solches „Wunschkonzert“ in der Branche außergewöhnlich ist, halten sie und ihr Mann es für das beste Mittel, sich von den Wettbewerbern abzugrenzen: „Unser Motto lautet Qualität durch Qualifikation, denn Qualität spricht sich schnell herum und ist deshalb eine ideale Basis für Weiterempfehlungen.“

Raues Klima bremst Lerneifer

Eine Einstellung, die bislang nur wenige Unternehmer im Handwerk derart verinnerlicht haben wie die Inhaber der Warburger Dachdeckerei. Zwar werden die Klagen über den Mangel an qualifizierten Fachkräften in den letzten Monaten durchaus lauter, dennoch kann von einer systematischen Weiterbildung in den meisten Betrieben noch keine Rede sein (siehe Chart links). Die ersten Anzeichen für ein Umdenken der Branche liefert eine vom Zentralverband des Deutschen Handwerks in Berlin durchgeführte Umfrage zur Fachkräftesicherung: Gegenüber dem letzten Umfragedatum 2006 ist die Bereitschaft der Chefs zur Weiterbildung der Mitarbeiter immerhin um satte 20 Prozent gestiegen.

Mit der Einsicht allein ist es jedoch nach Erfahrung von Beraterin Waldhoff-Koch nicht getan: „In vielen Betrieben ist das Klima sehr rau, und die Mitarbeiter haben Angst, ihre Meinung zu sagen.“ Bevor sich der Chef dort sinnvoll mit dem Thema Weiterbildung auseinandersetzen könne, müsse er die Mitarbeiter erst einmal dazu bringen, sich überhaupt weiterbilden zu wollen und Wünsche zu äußern. Der dazu erforderliche Aufbau einer offenen Kommunikationsstruktur ist nach ihrer Erfahrung jedoch ein langwieriger Prozess, der auch dem Chef einiges abverlangt. So muss er nicht nur mit gutem Beispiel vorangehen und sich selber weiterbilden, sondern eine Hauptaufgabe besteht auch darin, die Mitarbeiter über den Sinn einer Qualifikationsmaßnahme aufzuklären. „Jeder Mitarbeiter“, bestätigt Heinrich Koch, „braucht eine Messlatte, an der er sich orientiert.“ Ein Monteur könne etwa die Schulung in einer neuen Technik deutlich motivierter angehen, wenn er weiß, dass dieser Trend beim Kunden gefragt ist und seine Kompetenz später entsprechend anerkannt wird.

Motivation durch Lob vom Kunden

Da im Privatkundengeschäft neben der Fachkompetenz auch gute Umgangsformen gefragt sind, gibt es im Warburger Dachdeckerbetrieb jedes Quartal zusätzliche Teamunterweisungen zu den „weichen Faktoren“ rund um den Auftritt beim Kunden. „Unsere Mitarbeiter erhalten inzwischen sehr viel Lob von unseren Auftraggebern, das motiviert ungemein“, freut sich Heike Waldhoff-Koch über den Erfolg. Ehemann Heinrich, der seine Weiterbildung zum Gebäudeenergieberater als Vorbild bereits erfolgreich absolviert hat, schätzt neben der Arbeitsqualität vor allem die Einstellung seines Teams. „Für mich als Inhaber ist es wichtig, dass die Mitarbeiter ihren Job gerne ausführen und nicht nur Dienst nach Vorschrift machen.“

Welchen Stellenwert die Mitarbeiter im Betrieb haben, können Besucher im Beratungsraum der Dachdeckerei live erleben: Dort hängen nicht nur alle Qualifikationsurkunden des Teams, sondern auch ein hochwertiges Porträt von jedem. Bewusst nicht in der üblichen Arbeitskleidung, wie das Unternehmerehepaar stolz betont: „Jeder Mitarbeiter ist in erster Linie Mensch.“

kerstin.meier@handwerk-magazin.de

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Fördermittel zur Qualifizierung gibt es in jedem Bundesland. Eine aktuelle Übersicht steht unter
handwerk-magazin.de/04_2012

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