Arbeitszeugnisse: Auch Handwerksunternehmer müssen sie ausstellen

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Was schreibe ich nur in das Zeugnis rein? Und wie beurteile ich die Leistung des ausscheidenden Mitarbeiters? Diese und weitere Fragen stellen sich tagtäglich tausende Handwerksunternehmer, denn auch Sie kommen um ein leidiges Thema nicht herum: Mitarbeitern Zeugnisse erteilen.

Das Bundesarbeits­gericht verschiebt die Beweislast bei Zeugnissen auf die ­Arbeitnehmer. - © Bacho Foto/Fotolia

Was schreibe ich nur in das Zeugnis rein? Und wie beurteile ich die Leistung des ausscheidenden Mitarbeiters? Diese und weitere Fragen stellen sich tagtäglich tausende Handwerksunternehmer. Und sie orientieren sich dabei nicht selten an dem, was in der Branche und dem einzelnen Gewerk üblich ist. Doch Vorsicht: Viele dieser Urkunden, das zeigt ein neues Urteil des Bundesarbeitsgerichts, sind reine Gefälligkeitszeugnisse. Studien haben ergeben, dass 90 Prozent aller erteilten Arbeitszeugnisse der Note gut oder sehr gut entsprechen.

Bescheinigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer im Zeugnis unter Verwendung der Zufriedenheitsskala, die ihm übertragenen Aufgaben „zur vollen Zufriedenheit“ erfüllt zu haben, erteilt er in Anlehnung an das Schulnotensystem die Note „befriedigend“. Beansprucht der Arbeitnehmer eine bessere Schlussbeurteilung, muss er im Zeugnisrechtsstreit entsprechende Leistungen vortragen und gegebenenfalls beweisen. Dies gilt grundsätzlich auch dann, wenn in der einschlägigen Branche überwiegend gute („stets zur vollen Zufriedenheit“) oder sehr gute („stets zur vollsten Zufriedenheit“) Endnoten vergeben werden.

Der Fall

In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall stritt eine Zahnarzthelferin mit ihrem ehemaligen Chef, ob ihre Leistungen mit „zur vollen Zufriedenheit“ oder mit „stets zur vollen Zufriedenheit“ zu bewerten waren. Sie vertrat die Auffassung, ihr müsse schon deshalb ein Zeugnis mit der Note „Gut“ ausgestellt werden, weil dies in 90 Prozent aller Fälle so geschehe.

Das Urteil

Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kommt es aber nicht auf die in der Praxis am häufigsten vergebenen Noten an. Ansatzpunkt ist vielmehr die Note „befriedigend“ als mittlere Note der Zufriedenheitsskala, stellte das Gericht fest (Az.: 9 AZR 584/13). Begehrt der Arbeitnehmer eine Benotung im oberen Bereich der Skala, muss er darlegen und notfalls vor Gericht beweisen, dass er den Anforderungen gut oder sehr gut gerecht geworden ist.

Die Praxisfolgen

Das neue Urteil des Bundesarbeitsgerichts stärkt die Rechte der Arbeitgeber und wirkt Gefälligkeitszeugnissen entgegen. Dadurch, dass die Beweislast für ein überdurchschnittliches Zeugnis beim Arbeitnehmer liegt, dürfte künftig die Anzahl der Zeugnisstreitigkeiten vor Gericht tendenziell eher abnehmen.

Der Tipp

Der Arbeitnehmer hat bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Das Zeugnis muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis) enthalten. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass sich die Angaben darüber hinaus auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) erstrecken. Das Zeugnis muss klar und verständlich formuliert sein und auf Papier geschrieben werden. Der Arbeitgeber ist zwar dazu verpflichtet, ein wohlwollendes Zeugnis ausstellen – aber nur im Rahmen der Wahrheit.