UFH und ZDH im jährlichen Dialog Gleichwertige Finanzierung von beruflicher und akademischer Bildung

Die berufliche Bildung muss endlich gleichwertig gefördert werden! Mit dieser Forderung eröffnete Heidi Kluth, Bundesvorsitzende der Unter-nehmerFrauen im Handwerk (UFH) das diesjährige Fachgespräch der UFH mit dem Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH).

UFH Fachgespräch
UFH Fachgespräch in Berlin - © BV-UFH

Rund 30 Unternehmerfrauen waren angereist, um sich über aktuelle handwerkspolitische Themen sowie die politische Stimmungslage im Bund zu informieren. ZDH- Geschäftsführer Karl-Sebastian Schulte und Dr. Volker Born, Leiter der Abteilung Berufliche Bildung, standen den Unternehmerinnen für ihre Fragen und Anliegen zur Verfügung.

Die große Koalition, so Schulte, wirke wie das Vorrunden-Aus bei der Fußball-WM. Es fehle an Leidenschaft und Mannschaftsgeist. Der Asyl-Streit habe die Politik gelähmt und wichtige Entscheidungen in anderen Bereichen verzögert.

Förderung der beruflichen Bildung

Die Forderung der UFH nach der Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung bekräftigt der ZDH ausdrücklich. Der einzige Bildungsbereich, so Dr. Born, für den der Bund zuständig ist, sei die berufliche Bildung. „Trotzdem werden Milliarden für eine kostenfreie akademische Bildung ausgegeben, aber nur einige Millionen für die Förderung der beruflichen Bildung“, so Schulte. Dieses Ungleichgewicht müsse ein Ende haben. Dazu gehöre auch die finanzielle Unterstützung der Auszubildenden z.B. bei deren Mobilität, in Form von Azubi-Tickets für den ÖPNV analog den bereits existierenden Studententickets.

Schleichende Verstaatlichung des Ausbildungssystems

Als sehr problematisch bewertet ZDH-Geschäftsführer Schulte die für 2020 geplante Mindest-Ausbildungsvergütung, die die Politik ab Herbst im Rahmen der Novelle des Berufsbildungsgesetzes auf den Weg bringen will. Starre Grenzen werden der Vielfalt in Regionen und Gewerken nicht gerecht. Es droht gerade in Kleinstbetrieben ein Rückgang der Ausbildungsbereitschaft. Die Handwerksorganisation warnt vor einer schleichenden Verstaatlichung des Ausbildungssystems und fordert, dass Tarifverträge Vorrang haben und bestehende Lehrverträge Gültigkeit behalten müssen.

Ein weiteres wichtiges Zukunftsthema wird laut Dr. Born sein, die Qualität der Ausbildung in Betrieben und Berufsschulen zu sichern. Fortbildungen müssten stärker vereinheitlicht werden, um Qualitätsstandards zu setzen.

In den letzten Jahren sind gravierende Verschiebungen im Schulsystem zu beobachten: „Das Gymnasium ist die neue Volksschule“, formuliert Dr. Born. Mit dem Berufsabitur müsse deshalb künftig die Ausbildung im Handwerk positiv und zukunftsorientiert besetzt werden. Es sei wichtig, die Botschaft zu senden, dass im Handwerk eine lebenslange Berufslaufbahn für jeden möglich ist, egal aus welcher Schulart man kommt.

Bürokratische Belastung

Auch im siebten Fachgespräch zwischen UFH und ZDH stand wieder die bürokratische Belastung im Mittelpunkt. „Die Liste ist sogar länger geworden“, mahnt UFH-Bundesvorsitzende Heidi Kluth und verweist auf die bürokratischen Auswüchse im Umfeld der seit Mai geltenden Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Eine fatale Entwicklung in diesem Zusammenhang sei, dass mittlere Betriebsgrößen wegfallen und der Trend zu mehr Kleinst- und Großbetrieben festzustellen sei. Gerade die Kleinst- und Kleinbetriebe brauchen Hilfe beim Ausbau der digitalen Infrastruktur. „Mit dem Kabel vor der Haustür ist es nicht getan“, so Heidi Kluth.

Unterstüzung beim digitalen Wandel

Laut ZDH- Geschäftsführer Karl-Sebastian Schulte bleibt beim flächendeckenden Ausbau von schnellem Internet noch viel zu tun, gerade in ländlichen Regionen. Hinzukommen muss eine gezielte Unterstützung kleiner Unternehmen beim digitalen Wandel.

Deshalb soll das Kompetenzzentrum Digitales Handwerk als Anlaufstelle weitergeführt werden. Eine zentrale Frage im Bereich der digitalen Geschäftsmodelle sei, wer demnächst Zugang zu digitalen Daten erlangt. „Wir dürfen nicht die Schnittstelle zum Kunden an die Hersteller verlieren!“ so Schulte. Zum Thema DSGVO fordert Schulte die Unternehmerinnen auf, nicht sozial-adäquate Fälle direkt an den ZDH zu melden. Ein Gesetz gegen Abmahn-Missbrauch soll 2019 in Kraft treten.

Fachkräftemangel und Tachografen-Pflicht

Zur ‚Großwetterlage‘ im Handwerk bestätigt Schulte, dass es dem Handwerk nach wie vor gut geht. Mit 3% Umsatzwachstum hat man bereits das neunte ‚fette Jahr‘ in Folge. Dennoch sei auch derzeit nicht alles golden. Neben dem sich verschärfenden Fachkräftemangel, der alle Betriebe trifft, steht man in den neuen Bundesländern – knapp dreißig Jahre nach der Wiedervereinigung – vor der ersten großen Welle von Betriebsübergaben. In vielen Betrieben ist die Nachfolge nicht gesichert – ein Problem, mit dem sich die Handwerkskammern vor Ort intensiv auseinandersetzen. „ Denn jede erfolgreiche Nachfolge ist gleichbedeutend mit einer Existenzgründung! Nicht nur StartUps sind Existenzgründungen!“ so Schulte.

Die von Brüssel geplante Ausweitung der Tachografen-Pflicht auch für leichtere Transporter kritisiert der ZDH scharf und fordert umfassende Handwerkerausnahmen, damit nur der gewerbsmäßige Transport betroffen sei.

Arbeitsrecht

Im Arbeitsrecht rechnet man mit weiteren Knebelungen wie dem Rückkehrrecht in Vollzeit und dem Wegfall der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen.
Als positiv bewertet ZDH-Geschäftsführer Schulte dagegen die geplante Altersvorsorgepflicht für Selbstständige. Analoge Regelungen sollten auch bei der gesetzlichen Unfallversicherung ernsthaft geprüft werden.

Meisterpflicht

Der ZDH unterstützt die Bestrebungen der Großen Koalition zur Wiedereinführung der Meisterpflicht in B1-Gewerken. Da eine „Rück-Vermeisterung“ europafest und verfassungskonform sein muss, habe der ZDH zwei Gutachten in Auftrag gegeben, die diese Fragen prüfen.

Der Verband der UnternehmerFrauen im Handwerk (UFH) ist die bundesweite Vertretung aller Frauen in Führungspositionen des Handwerks. Rund 5.000 UFH sind in 14 Landesverbänden und über 150 regionalen Arbeitskreisen bundesweit vernetzt.
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