„UFH für leitende Angestellte öffnen“

Unternehmerfrauen | Die neue Bundesvorsitzende Ursula Jachnik plant Großes: Sie will Frauen im Handwerk besser ausbilden, ihre soziale Absicherung verbessern und das Verbandsprofil schärfen.

„UFH für leitende Angestellte öffnen“

hm: Sie sind im Herbst zur neuen Bundesvorsitzenden der Unternehmerfrauen im Handwerk gewählt worden. Was sind Ihre politischen Ziele für die Amtszeit?
Jachnik: Wir brauchen ein vernünftiges Bildungskonzept zur kaufmännischen Ausbildung im Handwerk. Bisher gibt es nur Bürokauffrau/-mann im Handwerk. Dieser Beruf muss modernisiert und mit Schnittstellen in die Gewerke hinein versehen werden. Im technischen Bereich haben wir viele Lehrlinge, aber nur wenige Azubis lernen im Handwerk einen kaufmännischen Beruf. Dafür favorisieren die jungen Leute bislang IHK-Betriebe, wo sie zu Bank- oder Industriekaufleuten ausgebildet werden. Wir sollten unsere Ausbildung in Handwerkskauffrau/-mann umbenennen, um einen stärkeren kaufmännischen Bezug in die Ausbildung zu bringen. Bevor es so weit
ist, will das Bundesbildungsministerium aber die Ausbildung im kaufmännischen Bereich allgemein novellieren.

hm: Haben die Unternehmerfrauen im Handwerk überhaupt genug Einfluss, um solche Forderungen durchzusetzen?
Jachnik: Mit 10000 Mitgliedern haben wir natürlich nicht eine solche Schlagkraft wie etwa die Landfrauen mit rund 60000 Mitgliedern. Deshalb hätte ich gerne eine Statistik, die Anhaltspunkte liefert, wie viele Frauen oder Familienmitglieder in Handwerksunternehmen mitarbeiten. Solche Zahlen würden uns helfen, unter den mitarbeitenden Frauen Mitglieder zu werben und sie ebenfalls von der Wichtigkeit der Ausbildung zu überzeugen. Man könnte sogar überlegen, ob UFH nicht auch für Unternehmen-Frauen-Handwerk stehen könnte. Damit würden wir uns für leitende Angestellte öffnen, die sich bei uns weiterbilden könnten.
hm: Das Handwerk ist immer noch von Männern dominiert. Wie wollen Sie die „alte Riege“ im ZDH knacken? Erhalten Sie für Ihre Vorhaben zum Beispiel Unterstützung von Präsident Otto Kentzler?
Jachnik: Wir Unternehmerfrauen müssen endlich Forderungen stellen. Wir haben unsere Kontakte ins Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie wieder aktiviert und sind dort mit unserem Anliegen auf Interesse gestoßen. Das macht mir Mut, dass ich im ZDH etwas bewegen kann. Die Unterstützung von Otto Kentzler ist mir dabei sicher.

hm: Auf Bundesebene wollen Sie die flächendeckende Weiterbildung der Unternehmerfrauen zur Fachwirtin für kaufmännische Betriebsführung im Handwerk vorantreiben. Was würde das den mitarbeitenden Frauen bringen?
Jachnik: Die Frau steht grundsätzlich neben ihrem Mann. Nach einer kaufmännischen Ausbildung legt sie mit der Weiterbildung zur Fachwirtin die kaufmännische Meisterprüfung ab. Das befähigt sie nicht nur zum kaufmännischen Führen eines Betriebes, sondern auch zur Ausbildung. So haben Frauen im Falle einer Trennung neben der Fähigkeit, einen Betrieb zu führen, die Sicherheit, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen.

hm: Erhalten die Unternehmerfrauen Hilfe von ihren Männern, wenn sie die Weiterbildung in Angriff nehmen wollen?
Jachnik: Oft meinen die Männer, dass sie einen Meisterbrief haben und ihre Frauen keine Weiterbildung brauchen. Da müssen die Frauen dann Rückgrat beweisen und sich durchsetzen. Generell ist es aber eher so, dass wir die Frauen motivieren müssen. Sie schieben Kinder und Haushalt vor und tun sich damit schwer, einen Tag in der Woche der Weiterbildung zu widmen.

hm: Wie motivieren Sie die Frauen, diese Anstrengung dennoch auf sich zu nehmen?
Jachnik: Wir wollen in Zukunft mehr an der Basis arbeiten, denn oft wissen die Frauen nicht, was der Bundesverband tut. Bildungsmüde Frauen müssen begreifen, dass sie im Falle einer Scheidung ohne Weiterbildung nicht weiterkommen. Da eine Ehe keine soziale Absicherung für das ganze Leben ist, raten wir den Frauen, ihre Bildung in die eigene Hand zu nehmen.
hm: Noch wird diese Weiterbildung nicht von allen Handwerkskammern angeboten. Warum tun sie sich mit der Umsetzung dieser ZDH-Empfehlung so schwer?
Jachnik: Das Handwerk ist immer noch eine Männerdomäne. Zudem wird bildungswilligen Frauen oft geraten, lieber gleich den Betriebswirt im Handwerk zu machen. Aber der ist ganz anders aufgebaut und setzt andere Schwerpunkte.

hm: In Ihrem Landesverband Rheinland-Pfalz gab es die Initiative „Berufsorientierung der Unternehmerfrauen im Handwerk“. Würden Sie das Projekt gerne auf Bundesebene etablieren?
Jachnik: Die Aktion hat der Arbeitskreis Trier in Zusammenarbeit mit der Handwerkskammer Trier veranstaltet. Die dortigen Unternehmerfrauen sind in die Schulen gegangen und haben mit den Jugendlichen über die Ausbildungsmöglichkeiten im Handwerk gesprochen. Und dabei konnten nicht nur die Jugendlichen ihre beruflichen Vorstellungen äußern – auch die Frauen haben ihre Vorstellungen von ihren künftigen Azubis dargelegt. Das Projekt war sehr erfolgreich, es ist aber sicherlich nichts, was der Bundesverband vorgeben sollte. Wir gründen Arbeitskreise und stehen den Landesverbänden beratend zur Seite, aber solche Aktionen können nur effizient in den Arbeitskreisen organisiert werden. Auf Bundesebene sollten wir uns nicht verzetteln und uns vorrangig um das Bildungskonzept, die Mitgliederwerbung sowie die soziale Absicherung unserer Frauen bemühen.

hm: Werden Sie etwas für die soziale Absicherung der Unternehmerfrauen tun?
Jachnik: Seit dem 1. Januar 2005 wird der Status einer mitarbeitenden Ehefrau bei Neuverträgen direkt durch die Rentenversicherung im so genannten Statusfeststellungsverfahren geklärt. Dabei wird geprüft, ob sie den Ansprüchen einer „richtigen“ Arbeitnehmerin genügt. Das bedeutet, sie darf weder weisungsbefugt im Unternehmen sein noch eine Unterschrift für einen Kredit geleistet haben. Wird die Unternehmerfrau wie eine gewöhnliche Arbeitnehmerin eingestuft, hat sie auch Ansprüche auf Leistungen aus den Sozialsystemen. In den meisten Betrieben übernehmen die Frauen aber nicht nur den kaufmännischen Part und bilden eventuell noch Jugendliche aus, sondern unterzeichnen als gleichberechtigte Partnerin auch den Kreditvertrag. Die Folge ist, dass die Frauen dann zwar in die Sozialkassen einzahlen, aber keinen Anspruch auf Leistung haben. Das wollen wir für die Zukunft gemeinsam mit dem ZDH auch für die so genannten Altfälle ändern.
andrea.moerke@handwerk-magazin.de