Traumstart für Azubis

Lehrlinge | Im September beginnen viele Azubis im Handwerk mit ihrer Lehre. Wie Sie als Chef die ersten Tage mit den neuen jungen Mitarbeitern am besten meistern.

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    Bei Kfz-Meister Matthias Kemmer (re.) in Speyer wird jeder neue Auszubildende vom Chef begrüßt und durch den Betrieb geführt.
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    Im ersten Lehrjahr gibt es die meisten Ausbildungsabbrecher. Das zeigt, wie wichtig ein guter Einstieg für die Jugendlichen ist.
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    „Sich für den neuen Azubi Zeit zu nehmen ist besonders am Anfang extrem wichtig.“Rita Petry, Abteilung Berufsbildung bei der Handwerkskammer in Kaiserslautern.

Traumstart für Azubis

Mit schweißnassen Händen, wippendem Fuß und einem flauen Gefühl im Bauch steht er da, der neue Azubi. Was erwartet ihn? Wie ist der Chef, die Kollegen? Hoffentlich passen Beruf und Betrieb zu ihm.

Solche Bedenken haben viele Jugendliche an ihrem ersten Ausbildungstag. Jedes Jahr im September beginnt für sie der Ernst des Berufslebens, für viele auch im Handwerk. Als Unternehmer kann man einiges tun, um den Einstieg für beide Seiten angenehm und effektiv zu gestalten. „Man sollte sich vor allem Zeit für den neuen Azubi nehmen“, rät Rita Petry von der Abteilung Berufsbildung bei der Handwerkskammer der Pfalz in Kaiserslautern. Gerade am ersten Tag ist es wichtig, auf das Kommen des neuen Mitarbeiters vorbereitet zu sein. Begrüßung vom Chef, Betriebsführung mit Vorstellung der Abläufe und Mitarbeiter sind Pflicht. Bei Matthias Kemmer findet der Rundgang durch die Betriebsräume auf Wunsch mit Eltern und Partnern der Lehrlinge statt. Der geschäftsführende Gesellschafter der Kemmer & Hein OHG, einem Kraftfahrzeugbetrieb für Fahrzeugrestaurierung in Speyer, macht das, weil „man gleich einen Rückhalt im privaten Umfeld der Azubis schafft, wenn man dabei Begeisterung auslöst für den Betrieb und die Arbeit – eben nicht nur bei den Azubis selbst.“

Für sein besonderes Engagement in der Ausbildung bekam Kemmer bereits 2007 den „Heribert-Späth-Preis“ des Deutschen Handwerks, sein Einsatz für den Nachwuchs ist bis heute vorbildlich. Seine drei Azubis sind für ihn vor allem wertvolle Helfer im Betriebsalltag: „Ein Lehrling, der Bier holen geht, ist Verschwendung.“ Sein vorrangiges Ziel ist es, die jungen Leute schnellstmöglich in den Betriebsprozess einzubinden, damit sie von Anfang an effektiv mitarbeiten können.

Dazu muss man zunächst die „Potenziale der Azubis feststellen“, wo Stärken und Schwächen liegen. Bewerbungsgespräch und Praktikum genügen hier nicht, erst im Betriebsalltag stellen sich „Lieblingsarbeiten“ heraus. Mit diesen kann man die Lehrlinge dann motivieren. „Leistungsanreize sind wichtig, aber nicht nur durch Geld“, weiß Kemmer, „man kann auch Arbeit durch Arbeit belohnen“. Dabei sollten sich „Routinearbeiten mit interessanten, neuen Arbeiten“ abwechseln, meint Rita Petry.

Nicht unbetreut in die Ecke stellen

Unbedingt vermeiden sollte man, „Leute unbetreut in die Ecke zu stellen“, rät Matthias Kemmer. Das demotiviert die jungen Arbeitskräfte genauso wie stumpfsinnige, sinnlose Arbeiten. Ein weiterer Tipp des Kraftfahrzeugtechnikermeisters: „Nicht überbemuttern.“ Denn ein Azubi muss sich lohnen und nicht nur Zeit und Geld kosten. Chef und Mitarbeiter sollten sich in gesundem Maß um den Lehrling kümmern, aber dabei nicht ihre eigene Arbeit liegen lassen.

Es gibt keine blöden Fragen

Wichtig ist, dem Azubi von Anfang an Rückmeldung zu geben: Lob, Kritik, Anerkennung, Verbesserungsvorschläge. Matthias Kemmer möchte seinen Azubis in Gesprächen das Gefühl geben, „dass sie fast jeden Blödsinn fragen dürfen“, und nicht Angst haben müssen, den zuständigen Ausbilder zu stören. Fragen werden gerade anfangs oft aufkommen. Rita Petry rät deshalb: „Geduld haben und auch des Öfteren betriebliche Abläufe ausführlich erklären.“ Es ist schließlich noch kein Meister vom Himmel gefallen.

Ebenfalls gängige Praxis, nicht nur bei Kemmer: Azubis arbeiten Azubis ein. Die ehemaligen Neulinge wissen genau, welche Fragen sie damals beschäftigt haben. Wenn diese alle in den ersten Wochen geduldig beantwortet sind, verfliegt auch die anfängliche Nervosität und der neue Lehrling kann statt mit schweißnassen Händen mit einem Lächeln im Gesicht seinen Ausbildungstag motiviert beginnen.

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