Stiftungen: Wie Sie richtig stiften gehen

Zugehörige Themenseiten:
Stiftungsrecht

Um ihr Lebenswerk zu sichern, rufen viele Mittelständler ­Stiftungen ins Leben. Welche Vorteile das Modell hat und welche Fallstricke zu beachten sind.

  • Bild 1 von 2
    © Jutta Missbach
    „Die Stiftungslösung sorgt für Stabilität.“ Gerhard Schmelzer, ­Geschäftsführer von Lebkuchen Schmidt, Nürnberg.
  • Bild 2 von 2
    © polituchiy.com
    „Beliebt ist momentan ­insbesondere das Modell der Familienstiftung.“ Prof. Dr. Christian Rödl,  Geschäftsführender Partner von Rödl & Partner in Nürnberg.

Die Mitarbeiter des Nürnberger Traditionsunternehmens Lebkuchen Schmidt haben gerade eine Zäsur erlebt: Im vergangenen Jahr starb die Schwiegertochter des Firmengründers und langjährige Chefin Henriette Schmidt-Burkhardt im Alter von 87 Jahren – hinterließ allerdings keine Erben. Doch die kinderlose Dame, die nach dem Tod ihres Mannes und ihres Schwagers rund 30 Jahre die Geschäfte führte, hatte vorgesorgt: Bereits in den Neunzigerjahren gründete sie die „Rudolf und Henriette Schmidt-Burkhardt-Stiftung“, der das Unternehmen nun gehört.

Drei Millionen Lebkuchen pro Tag

Der Fortbestand der 1927 gegründeten Firma – und vor allem die Arbeitsplätze – sind damit gesichert, die in der Hochsaison bis zu 800 Mitarbeiter können weiter drei Millionen Lebkuchen pro Tag produzieren und in alle Welt verschicken. „Das Nachfolgemodell hat für Stabilität gesorgt“, sagt Gerhard Schmelzer. Obwohl der Tod der Gesellschafterin für alle Beteiligten ein erheblicher Einschnitt gewesen sei, habe der Übergang „nahezu reibungslos“ funktioniert.  Der Lebkuchen-Schmidt-Geschäftsführer berichtet nun an den Stiftungsrat, in den Schmidt-Burkhardt Vertraute berufen hat. Das Gremium soll sicherstellen, dass es im Sinne der Verstorbenen weitergeht und das Unternehmen weder zerlegt noch verkauft wird.

Das Beispiel zeigt: Mit einer Stiftung können Unternehmer für eine geordnete Nachfolge sorgen. Und darüber denken derzeit viele von ihnen nach – schließlich steht eine Verschärfung der Erbschaft- und Schenkungsteuer bevor, und die neuen Regeln könnten bereits am 1. Januar 2016 in Kraft treten (siehe Kasten rechte Seite). Aber für welche Unternehmen kommt eine Nachfolgeregelung via Stiftung infrage? Was ist dabei zu beachten? Und vor allem: Wie verhindern Stifter, dass es Streit in der Familie gibt?

Eher Tanker als Schnellboot

Für kleine Mittelständler macht das Modell in den seltensten Fällen Sinn. Denn eine Stiftung muss verwaltet werden; für Steuerberatung, Jahresabschlüsse und Honorare der Organmitglieder  kommen schnell hohe fünfstellige Beträge pro Jahr zusammen. „Erst ab einer dreistelligen Zahl von Mitarbeitern lohnt es sich, über eine Stiftungslösung nachzudenken“, sagt Christian Rödl, geschäftsführender Partner der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft Rödl & Partner in Nürnberg. Ähnlich sieht es Elmar Uricher, Rechtsanwalt in Konstanz und Vorstandsvorsitzender des Instituts für Erbrecht. „Wir konzipieren und gründen Stiftungen in der Regel für Unternehmen, die 500 oder mehr Mitarbeiter haben“, erläutert der erfahrene Stiftungsberater. Wichtig, so Uricher, sei zudem ein stabiles Geschäftsmodell. „Für volatile Unternehmen sind Stiftungslösungen weniger geeignet – vor allem wegen längerer Entscheidungsprozesse. Schließlich hat der Stiftungsvorstand und nicht der Geschäftsführer bei wichtigen Angelegenheiten das letzte Wort.“ Unternehmen im Stiftungsbesitz seien deshalb „eher Tanker als Schnellboote“, meint Uricher, und das könne sich rächen, wenn schnelle Anpassungen an eine schwankende Ertragslage notwendig sind.

Sind die Voraussetzungen erfüllt, kommen zwei Modelle infrage. Da wären zunächst die „gemeinnützigen Stiftungen“, zu denen auch die Rudolf und Henriette Schmidt-Burkhardt-Stiftung gehört, die „Wissenschaft und Forschung“ fördert. „Solche steuerbegünstigten Stiftungen unterliegen einer strengen Stiftungsaufsicht und müssen Erträge für gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verwenden“, sagt Rödl. Das kann neben  Wissenschaft und Forschung etwa die Förderung des „Wohlfahrtswesens“, des Naturschutzes oder „der Hilfe für politisch, rassisch oder religiös Verfolgte“ sein. Anders ausgedrückt: Bei gemeinnützigen Stiftungen geht es – neben dem stabilen Fortbestand des Unternehmens – nicht darum, die eigene Familie zu versorgen. Sondern um eine gute Sache. Und dafür entscheiden sich keineswegs nur kinderlose Unternehmer wie Henriette Schmidt-Burkhardt. So werden häufig gemeinnützige Stiftungen gegründet, wenn die Angehörigen kein Interesse an der Firma haben und bereits ausreichend Privatvermögen erben.

Gewappnet für den Scheidungskrieg

Weiter verbreitet im unternehmerischen Bereich ist aber die zweite Variante: die sogenannte  Familienstiftung, deren Erträge in aller Regel die Angehörigen als „Destinatäre“ erhalten. Damit sind sie finanziell abgesichert, obwohl ihnen das Unternehmen nicht gehört. „Motiv für diese Variante ist häufig ein gewisses Misstrauen gegenüber den Nachkommen“, sagt Erbrechtler Uricher. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass sie noch sehr jung sind, dass der Stifter ihre unternehmerischen Qualitäten anzweifelt oder dass er schlicht fürchtet, sie könnten sein Lebenswerk nach seinem Tod schnellstmöglich verkaufen, um Kasse zu machen.

Geht das Unternehmen an eine selbst gegründete Stiftung, müssen sich Patriarchen dagegen keine Sorgen machen. Die Entscheidungsmacht liegt dann bei den Gremien der Stiftung, in die meist langjährige Berater oder enge Vertraute einziehen. Das sorgt für Stabilität und Planungssicherheit. Ein weiteres Motiv für Familienstiftungen, das nach Urichers Beobachtung eine immer wichtigere Rolle spielt: Scheidungskriege in der Familie können dem Unternehmen nichts anhaben – anders als nach einer klassischen Übertragung der Firma. „Wenn Nachkommen Eigentümer des Unternehmens sind und sich scheiden lassen, stehen dem Ex-Partner über den sogenannten Zugewinnausgleich oft hohe Summen zu“, warnt Uricher. Erben könnten dann gezwungen sein, einen Teil des Unternehmens zu verkaufen, um die Ansprüche zu bedienen.

Um dieses Risiko auszuschließen, so Uricher, seien bei klassischen Nachfolgeregelungen umfangreiche Änderungen von Ehe-, Gesellschafts- und Erbverträgen erforderlich. „Das scheut mancher Erbe, weil es zu Konflikten mit dem Partner führt.“ Bei einer Stiftung dagegen kann von vorneherein nichts passieren. „Im Scheidungsfall haben Gatten allenfalls Zugriff auf Privatvermögen, das ihr Partner dank der Ausschüttungen der Stiftung oder anderer Einkünfte während der Ehe aufgebaut hat“, erklärt Uricher. Das Stiftungsvermögen – und damit der Unternehmenswert – fließe dagegen nicht in die Berechnung des „Zugewinnausgleichs“ ein.

Gefährliche Fesseln

Ganz wichtig: In der Stiftungssatzung sind klare und wohlüberlegte Klauseln unverzichtbar. So sollten Stifter unmissverständlich regeln, welche Destinatäre der Familienstiftung wie viel bekommen. Zudem gilt es, den Stiftungszweck – in der Regel die Fortführung des Unternehmens und die Versorgung der Destinatäre – eindeutig zu benennen.  Allerdings sollten Unternehmer dabei der Versuchung widerstehen, den Stiftungsorganen allzu strenge Auflagen mit auf den Weg zu geben. „Unternehmer geraten leicht in Versuchung, sehr konkret die Richtung vorzugeben“, berichtet Uricher. Das kann beispielsweise dazu führen, dass sie den Verkauf von Unternehmenssparten oder die Expansion in neue Geschäftsbereiche verbieten.

Fesseln legt auch der Staat an. So ist die Auflösung einer Stiftung nur selten möglich, weil die Stiftungsaufsicht des jeweiligen Bundeslandes zustimmen muss. Und das machen die Beamten in der Regel nur, wenn die Firma pleite ist oder wenn die Stiftung ihren Zweck aus anderen Gründen nicht mehr erfüllen kann – etwa, weil die Destinatäre gestorben sind. Doch nicht nur in solchen Fällen kann es sinnvoll sein, eine Stiftung aufzulösen. Auch, wenn die Geschäfte dauerhaft schlechter laufen und die Erträge kaum noch reichen, um den Stiftungsapparat zu finanzieren, macht Weitermachen wenig Sinn. Stiftungsexperten hoffen deshalb auf die eingeleitete Reform des Stiftungsrechts.

Wie Stiftungen besteuert werden

Weil steigende Steuern drohen, wollen viele Mittelständler jetzt ihre Nachfolge regeln. Mit gutem Grund: Denn die bisherigen Steuerprivilegien stehen auf dem Prüfstand des Gesetzgebers – Ende völlig offen. Was bei Stiftungen aus steuerlicher Sicht zu beachten ist.

  • Gesetzesänderung. Das Bundesverfassungsgericht hat zwar eine Frist bis Ende Juni 2016 gesetzt, aber das neue Erbschaftsteuerrecht könnte bereits am 1. Januar in Kraft treten. „Laut aktuellem Zeitplan soll der Bundesrat die Neuregelung noch im November verabschieden“, sagt Christian Rödl von Rödl & Partner in Nürnberg. Gerade bei größeren Mittelständlern könnte es dann teurer werden, weil die bisherigen Verschonungsregeln für Betriebsvermögen wegfallen – auch bei der Übertragung an eine Stiftung.
  • Steuerprivilegien. Die aktuellen Vorschriften können zur völligen Steuerfreiheit führen – je nachdem, wie lange und in welcher Form Firmenerben das Unternehmen fortführen. Laut Gesetzentwurf hätten Unternehmer jedoch nicht mehr automatisch Anspruch auf Privilegien: Ist der Betrieb mehr als 26 Millionen Euro wert, soll mit einer „Verschonungsbedarfsprüfung“ ermittelt werden, ob Erben die regulären Steuern zahlen können oder dafür die Firma ganz oder zum Teil verkaufen müssten.
  • Übertragung. Geht das Unternehmen an eine Familienstiftung, müssen die Nachkommen keine Erbschaft- und Schenkungsteuer zahlen – schließlich werden sie keine Eigentümer, sondern nur „Begünstigte“. Zahlen müssen stattdessen Stifter und Stiftung als Gesamtschuldner. Anschließend unterstellt das Finanzamt alle 30 Jahre eine erneute Übertragung – und die „Erbersatzsteuer“ wird fällig. Wichtig: Die Übertragung einer Firma an eine gemeinnützige Stiftung ist steuerfrei.
  • Erträge. Das gilt auch für die Erträge einer solchen Stiftung – jedenfalls für den Teil, der für steuerbegünstigte Zwecke eingesetzt wird. Für Familienstiftungen gilt dagegen das Körperschaftsteuergesetz, sie werden damit ähnlich besteuert wie Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH). „Die Ausschüttungen, die die Begünstigten erhalten, müssen sie wie Dividenden versteuern“, gibt Steuerexperte Christian Rödl zu bedenken.