Steuerberatung: Was taugt Ihr Steuerberater?

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Eine aktuelle Studie liefert interessante Aufschlüsse zur Zusammenarbeit zwischen Handwerkern und ihren Steuerberatern. Was gut funktioniert, wo es häufig hakt – und worauf Handwerker achten sollten, wenn sie einen Steuerexperten suchen.

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    © Foto. Rafael Kroetz
    43 % der Unternehmer haben ihren Steuerberater gewechselt. Gründe: Unzufriedenheit mit der Beratung und gestörtes Vertrauensverhältnis. 66 % der befragten Steuerkanzleien betreuen regelmäßig über 100 Mandanten. 52 % von ihnen vertreten vor allem Unternehmen. 27 % der Steuerberater haben ihren Branchenschwerpunkt im Handwerk, 20 % im Baugewerbe und 19 % in der Gastronomie. 29 % der Mandanten haben mehrmals pro Monat, 30 % einmal pro Monat und 33 % mehrmals pro Jahr Kontakt mit ihrem Steuerberater.
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    72 % der Mandanten legen großen Wert auf eine schnelle Bearbeitung. Bei den Steuerberatern sind es nur 55 Prozent. 59 % der Mandanten erachten den persönlichen Kontakt zum Steuerberater als besonders wichtig oder sehr wichtig. 11 % ist das egal.
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    „Meine Mandanten erwarten auch ­Beratung zu Themen wie Fotovoltaik-Anlagen oder Vermietung.“ Monika Walter, ­ Steuerberaterin in ­Laberweinting.
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    66 % der Steuerberater haben in ihrer Kanzlei noch kein Qualitätscontrolling etabliert. 18 % planen das zumindest. 84 % der Steuerberater bewerten den persönlichen Kontakt zum Mandanten als sehr wichtig. Bei den Klienten sind es nur 59 %.

Als der mittelständische Unternehmer aus der Nähe von Münster endlich dazu kam, seine Steuerunterlagen genau anzuschauen, traute er seinen Augen kaum: Das Finanzamt hatte einen Verlust von 209 000 Euro ignoriert, den er mit einer Firma seiner kleinen Unternehmensgruppe gemacht hatte.

Umgehend stellte er seinen Steuerberater zur Rede, der wenig später zerknirscht einräumte, dass der Fehler nicht beim Finanzamt lag. Er selbst habe vergessen, den Verlust in das entsprechende Feld der elektronischen Steuererklärung einzutragen. Leider sei das Versäumnis auch beim Prüfen des Steuerbescheids nicht aufgefallen.

Das Problem: Inzwischen war die einmonatige „Festsetzungsfrist“ abgelaufen, was die Chancen auf eine nachträgliche Berücksichtigung des Verlustes schmälerte. Nach dem sowieso schon ärgerlichen Verlust drohte also das zweite Desaster – eine unvermindert hohe Steuerlast.

Allerdings könnte der Fall noch glimpflich enden. Denn der Bundesfinanzhof entschied 2015: Entscheidend sei, ob der Fehler des Steuerberaters „grob fahrlässig“ war (Az.: IX R 18/14). Das Finanzgericht Münster muss dies nun prüfen – und wenn die Richter das Versäumnis als harmloses Vergessen einstufen, darf der Verlust doch noch berücksichtigt werden. So sehen es die komplexen Regeln zur Änderung „bestandskräftiger“ Steuerbescheide vor.

Ratgeber in allen Lebenslagen

Die westfälische Zitterpartie zeigt: Steuerberater sind bisweilen alles andere als zuverlässig. Und das kann gravierende Folgen haben, die weit über den steuerlichen Bereich hinausgehen. Schließlich sind Steuerberater für Mittelständler häufig nicht nur Buchhalter, sondern die wichtigsten Ratgeber in sämtlichen finanziellen und bisweilen sogar privaten Angelegenheiten. Doch wo hakt es besonders oft? Wie können Unternehmer und ihre Berater Konflikte verhindern? Und vor allem: Worauf sollten Mittelständler achten, um unter den rund 83 000 Steuerberatern in Deutschland einen zu finden, der möglichst gut zu ihnen passt?

Eine aktuelle Studie zur „Zusammenarbeit zwischen Steuerberater und Mandant“ liefert zu diesen Fragen wichtige Hinweise: Das Rosenheimer IT-Haus Agenda hat in Kooperation mit dem Deutschen Steuerberaterverband fast 800 Steuerberater und mehr als 450 ihrer Firmenkunden befragt – darunter zahlreiche Handwerksbetriebe. Im Fokus standen kleine Kanzleien mit bis zu elf Mitarbeitern; also genau jene Kategorie, die im Handwerk üblicherweise zum Zug kommt.

Das Ergebnis: Unternehmer sind meistens mit ihrem Berater zufrieden, immerhin 77 Prozent der Befragten würden ihn weiterempfehlen (siehe Studienergebnisse, linke Spalte). Für viele war es aber ein weiter Weg zum Glück: 43 Prozent der Befragten haben ihren Steuerberater schon mal gewechselt. Und tatsächlich zeigt ein genauer Blick auf die Studienergebnisse, dass es bisweilen gewaltig hakt.

Haken Nr. 1:
Eigeninitiative und aktive Beratung

In besonderem Maße ist dies beim Thema aktive Beratung der Fall. Denn hier offenbart die Studie erhebliche Diskrepanzen: Während Eigeninitiative 65 Prozent der Mandanten wichtig ist, gilt dies nur für 41 Prozent der Steuerberater. „Vielen ist nicht bewusst, dass sich Unternehmer eine aktivere Beratung wünschen“, erläutert Sebastian Theisen, Marketingchef bei Agenda.

Anders ausgedrückt: Gefragt sind Berater, die auch ungefragt handeln. „Ich weise meine Mandanten zum Beispiel auf etwaige Gesetzesänderungen oder Grundsatzurteile hin, die finanzielle Folgen haben können“, sagt Monika Walter, Steuerberaterin aus dem niederbayrischen Laberweinting. „Auch, wenn sich wichtige betriebswirtschaftliche Kennzahlen verändern oder aus meiner Sicht eine Nachfolgeregelung sinnvoll wäre, thematisiere ich das.“

Das sollte eigentlich Standard sein. Zu den Aufgaben eines Steuerberaters gehört es, die Interessen eines Mandanten „bestmöglich zu vertreten“, sagt Christian Michel, Rechtsanwalt und Experte für Berufsrecht beim Deutschen Steuerberaterverband in Berlin. Dazu gehöre auch eine aktive Beratung in steuerlichen Fragen, für die deshalb „kein gesondertes Honorar“ gefordert werden dürfe, so Michel.

Allerdings nehmen es einige Steuerberater nicht allzu genau, was die Eigeninitiative angeht. Das zeigt ein Fall aus Niedersachsen. Dort hatte ein Berater versäumt, Einspruch gegen die Umsatzsteuerbescheide einer selbständigen Familienhelferin einzulegen. Und das, obwohl ein Musterprozess zu der Frage anhängig war, ob die Tätigkeit – die Unterstützung von Familien in Notsituationen wie einer Krankheit der Mutter – überhaupt umsatzsteuerpflichtig ist.

Als der Bundesfinanzhof dies schließlich verneinte, konnte sich die Familienhelferin das Geld deshalb nicht mehr vom Finanzamt zurückholen – aber von ihrem Steuerberater: Das Oberlandesgericht Celle verurteilte ihn zu fast 6000 Euro Schadensersatz (Az.: 3 U 174/10). Da eine Änderung der Rechtslage in Fachkreisen bereits länger diskutiert worden sei, hätte der Berater die Initiative ergreifen und Einspruch einlegen müssen, stellten die Richter klar.

Das zeigt: Wer nicht aktiv berät, ist womöglich sogar schadensersatzpflichtig. Damit es gar nicht erst zu solchen Konflikten kommt, sollten Unternehmer das Thema „aktive Beratung“ ansprechen und zudem deutlich machen, in welchem Umfang sie Eigeninitiative erwarten.

Haken Nummer 2:
Branchenkompetenz

Die Agenda-Studie bestätigt, welche zentrale Rolle Steuerberater für Mittelständler spielen: 77 Prozent beziehen ihn bei unternehmerischen Entscheidungen ein, für 72 Prozent ist er gar der wichtigste Berater. Kein Wunder: Gerade kleinen Betrieben fehlt nicht nur bei steuerlichen, sondern auch bei betriebswirtschaftlichen und juristischen Fragen häufig das Know-how.

Es geht also nicht nur darum, Bücher zu führen, Belege zu dokumentieren und Steuererklärungen zu erstellen. Steuerberater sollen auch die Rentabilität und die Firmenstruktur analysieren, Investitionen kalkulieren und bei der Nachfolgeregelung helfen. Doch wie weit können und dürfen sie dabei überhaupt gehen?

Im betriebswirtschaftlichen Bereich – also etwa bei Rentabilitätsanalysen, Kalkulationen oder auch Nachfolgeregelungen – gibt es in der Regel keine Probleme. „Steuerberater haben regelmäßig das erforderliche Know-how, und die Beratung ist ihnen berufsrechtlich ausdrücklich gestattet“, sagt Michel vom Steuerberaterverband. Allerdings müsse für eine betriebswirtschaftliche Beratung eine „gesonderte Vergütungsvereinbarung“ getroffen werden.

Steuerberaterin Walter setzt sich mehrmals im Jahr mit ihren mittelständischen Mandanten zusammen und analysiert die jeweils aktuellen betriebswirtschaftlichen Auswertungen (BWA) – und rät zum Gegensteuern, wenn sich Kennzahlen, etwa zum Wareneinkauf, in die falsche Richtung entwickeln. „Meine Erfahrung ist, dass die Mandanten das schätzen und Ratschläge auch annehmen“, betont sie.

Bei der BWA-Analyse hilft ihr, dass sie etliche Handwerksbetriebe berät – dadurch kann Walter Abweichungen vom Normalfall schneller erkennen. Das zeigt: Unternehmer sollten darauf achten, dass ihr Steuerberater über Branchenkompetenz verfügt.

Eine totale Spezialisierung hält Walter, die neben Handwerkern vor allem Einzelhändler und Dienstleistungsbetriebe betreut, allerdings nicht für notwendig. „Das kann bisweilen sogar zu einem Tunnelblick führen“, warnt sie. In ländlichen Gebieten sei eine Fokussierung auf eine einzelne Branche sowieso schwierig, weil es an großen Unternehmen mangele. Ein weiteres Indiz für betriebswirtschaftliche Kompetenz ist – neben der Branchenerfahrung – ein „Fachberater“-Titel: Über den Steuerberaterverband werden mehrere Lehrgänge angeboten, zum Beispiel für „Vermögens- und Finanzplanung“, „Controlling und Finanzwirtschaft“ und „Unternehmensnachfolge“. „Mandanten können dann sicher sein, dass ihr Berater tatsächlich über fundierte Kenntnisse in seinem Fachgebiet verfügt und zu Recht damit wirbt“, erläutert Christian Michel.

Haken Nummer 3:
Jura und Berufsrecht

Kniffliger als im Finanz- und BWL-Bereich wird es, wenn Steuerberater auch juristisch helfen sollen. „Mit Blick auf das Rechtsdienstleistungsgesetz dürfen sie dies in der Regel, insoweit es sich um eine Nebenleistung zur steuerlichen Beratung handelt“, klärt Michel auf. „Man muss deshalb stets im Einzelfall prüfen, wie weit der Steuerberater gehen darf.“

Das Problem: Die Grenzen sind noch nicht abgesteckt. „Mangels Urteilen haben sich in dieser Frage noch keine klaren Abgrenzungskriterien herauskristallisiert“, sagt Michel. Ein Beispiel verdeutlicht die Problematik: Bei einer rein steuerlich getriebenen Umstrukturierung darf der Steuerberater in der Regel auch gesellschaftsrechtliche Fragen prüfen. Spielen steuerliche Aspekte dagegen nur eine untergeordnete Rolle, müsste ein Anwalt oder ein Notar eingeschaltet werden.

Steuerberaterin Walter hält sich deshalb raus, sobald es um juristische Kernfragen geht – und schaltet Experten aus ihrem Netzwerk vor Ort ein. „Wenn es beispielsweise darum geht, einen Gesellschaftsvertrag zu erstellen, mache ich eine Telefonkonferenz mit dem jeweiligen Anwalt und einem Notar“, berichtet sie. Anschließend sei es Sache des Anwalts, den Vertrag zu erstellen. „Trotzdem bleibe ich zentrale Ansprechpartnerin.“

Unternehmer sollten deshalb darauf achten, dass ihr Steuerberater ein Netzwerk von Experten hat, die er einbinden kann. Denn dann müssen sie nicht selbst suchen – und haben weiter einen zentralen Ansprechpartner, der alles Weitere koordiniert.

Hinzu kommt: Die Berufshaftpflichtversicherung eines Steuerberaters zahlt nicht, wenn er außerhalb des zulässigen Bereiches tätig war. Im Fall einer Falschberatung könnten Unternehmer etwaige Schadensersatzansprüche also nur durchsetzen, wenn beim Steuerberater privat genug zu holen ist.

Kompetenzüberschreitungen können also gravierende Folgen haben – für alle Beteiligten. Das sollte jedem bewusst sein, der am liebsten alles aus einer Hand bekäme.

Zufrieden nach Steuerberaterwechsel

Wie es im Alltag zwischen Steuerberater und Mandant läuft: Die wichtigsten Ergebnisse der Steuerberater-Studie im Überblick.

Kundenzufriedenheit.
Gut vorbereitet und freundlich  – die wohl wichtigste Zahl der Agenda-Studie: 77 Prozent der Mandanten sind so zufrieden, dass sie ihren Steuerberater weiterempfehlen. Das liegt vor allem daran, dass die Berater sich genug Zeit nehmen (58 Prozent sind in dieser Hinsicht „äußerst zufrieden“), Termine einhalten (56 Prozent) und gut vorbereitet sind (53 Prozent).

Mitarbeiterbewertung.
Auch die Mitarbeiter der Kanzleien kamen bei der Umfrage gut weg. Vor allem wegen ihrer Freundlichkeit, mit der 54 Prozent der Mandanten „äußerst zufrieden sind“. Zudem schätzen 45 Prozent der Unternehmer, dass sie oft „gleichbleibende Ansprechpartner“ haben.

Wechselquote.
Allerdings war es für viele Mandanten ein weiter Weg zum Glück: 43 Prozent der Befragten haben ihren Steuerberater bereits gewechselt, meist wegen Unzufriedenheit mit der Beratungsleistung oder wegen eines gestörten Vertrauensverhältnisses.

Wechselgrund Transparenz.
Wer nach den Ursachen für Unzufriedenheit und Steuerberaterwechsel forscht, stößt in der Studie auf erstaunliche Diskrepanzen. Etwa beim Thema Transparenz: 96 Prozent der Mandanten wünschen sich transparente Rechnungen, bei denen nachvollziehbar ist, wofür welche Kosten angefallen sind. Von den Steuerberatern halten dies nur 81 Prozent für wichtig. Sie nehmen das Thema also nicht so ernst wie ihre Mandanten.

Wechselgrund Bearbeitungsgeschwindigkeit.
Nicht ganz so groß, aber immer noch signifikant ist die Diskrepanz beim Thema „Schnelligkeit der Bearbeitung“: Während dies drei Viertel der Mandanten „wichtig“, „sehr wichtig“ oder gar „äußerst wichtig“ finden, liegt die Quote unter den Steuerberatern nur bei 66 Prozent. Wie die Studie zeigt, kann dies jedoch ein triftiger Grund für einen Wechsel sein.

Steuerberaterwahl: Darauf kommt es an:

Damit die Zusammenarbeit auf Dauer klappt, sollten Handwerker von vornherein mit ihrem Steuerberater Tacheles reden.

1. Erwartungshaltung.
Der Handwerker muss dem Steuerberater schon beim ersten Kennenlernen klar zu verstehen geben, dass er keinen überbezahlten Buchhalter braucht, sondern einen echten betriebswirtschaftlichen Berater. Für diese Zusatzleistung darf der Steuerberater dann aber im Gegenzug auch eine überdurchschnittliche Honorierung erwarten, die ebenfalls klar kommuniziert werden muss.

2. Schuster, bleib bei Deinen Leisten.
Der wahre Experte zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass er seine eigenen Grenzen kennt und deshalb ein Expertennetzwerk pflegt. Handwerker sollten eher skeptisch statt dankbar reagieren, wenn ihr Steuerberater mal eben einen fertigen GmbH-Vertrag aus dem Ärmel schüttelt. Die gesellschaftsrechtliche Beratung ist kompliziert und gehört in die Hand eines versierten und erfahrenen Rechtsanwalts.

3. In der Krise zeigt sich der wahre Meister.
Solange die Konjunktur brummt und die Geschäfte blendend laufen, kann der Steuerberater kaum glänzen. Wenn der Druck wächst, Wolken aufziehen oder eine Betriebsprüfung ansteht, zeigt er seine wahre Klasse.