Standort: Gute Geschäfte in der City

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In vielen Innenstädten sind konkurrierende Handwerkershops unmittelbare Nachbarn. Was Unternehmer beachten müssen, wenn sie an einem solchen Standort florierende Umsätze erzielen wollen.

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    © Stephan Minx
    Das Fotostudio von Klaus Daniel liegt in der Altstadt von Regensburg, das bringt ihm viel Laufkundschaft.
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    © Chart: handwerk magazin
    Bei den Verkaufsflächen nehmen die Citylagen gegenüber der grünen Wiese wieder zu.

Die Konkurrenten kommen und gehen, das Fotostudio Daniel bleibt. Vor wenigen Jahren existierten in der Regensburger Altstadt noch rund ein halbes Dutzend Fotostudios. „2012 gab der erste Wettbewerber auf, 2014 warfen zwei weitere Konkurrenten das Handtuch“, blickt Klaus Daniel, Inhaber des 50 Jahre alten Familienunternehmens zurück. Jetzt muss sich Daniel nur noch gegen einen Wettbewerber in Citylage behaupten. Der fotografiert nicht nur, sondern verkauft auch Fotozubehör.

Von diesem margenarmen Geschäft hat sich Daniel verabschiedet. „Über 70 Prozent des Umsatzes mache ich mit Porträtfotografie“, berichtet der Handwerksunternehmer. Die zweitwichtigste Einnahmequelle sind Werbeaufnahmen. Auch hier fotografieren Daniel und seine acht Mitarbeiter fast ausschließlich Menschen. Ansonsten haben sie sich auf intensive Nachbearbeitungen ihrer Arbeiten spezialisiert. Hierin sieht Daniel den wichtigsten Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz.

Wer wie Daniel einen angestammten Unternehmenssitz mitten in der City hat, kann im Wettbewerb zahlreiche Trümpfe ausspielen. Wenn Produkte und Dienstleistungen überzeugen, kaufen hier Kunden aus der ganzen Region und vielleicht sogar Touristen sowie weitere auswärtige Besucher regelmäßig ein.

Kein Selbstläufer

Allerdings ist die Citylage kein Erfolgsgarant für Handwerker, denn der Nachbar ist auch Konkurrent. Auch erfolgreiche Filialisten melden häufig nur stagnierende oder allenfalls moderat steigende Umsätze. Wachsende Besucherzahlen haben nicht unbedingt wachsende Wirtschaftszahlen zur Folge. Viele Verbraucher begnügen sich bei Innenstadtbesuchen mit Schaufensterbummeln oder Preisvergleichen und kaufen weiterhin im Internet ein. Gleichzeitig steigen die Kosten vor allem für die Miete. Auch in einer mittelgroßen Stadt wie Regensburg werden für 1-A-Lagen über 40 Euro pro Quadratmeter verlangt.

In großen Metropolen wie Hamburg, Köln, Berlin und München sind die Spitzenmieten auf über 300 Euro pro Quadratmeter geklettert. Hinzu kommt eine verschärfte Konkurrenz. In vielen Innenstadtlagen liegen branchengleiche Betriebe nur einen Steinwurf vom eigenen Unternehmen entfernt.

Frequenz ist entscheidend

Der Erfolg eines solchen Standorts steht und fällt mit der Frequenz. Im Idealfall passieren diesen nicht nur Shoppingkunden, sondern auch Touristen während der Stadtbesichtigung, Arbeitnehmer auf dem Weg zum Arbeitsplatz und andere Innenstadtbesucher. „Auch angestammte Unternehmen können sich häufig nur halten, wenn ihr Betrieb im Einzugsbereich eines sogenannten Frequenzgebers liegt“, erklärt Timm Jehne, Consultant beim Marktforschungsinstitut GfK in Nürnberg (siehe Kasten „Geomarketing“). „Von dessen Kunden wird auch er profitieren.“

Magnetunternehmen sind wichtig

Die einzelnen Gewerke sind hierbei auf unterschiedliche „Magnetunternehmen“ (Jehne) angewiesen. Für Bäcker und Metzger können diese Rolle große Lebensmittel-, Drogerie- und Textilmärkte übernehmen. Wenn die Kunden hier ihre Einkäufe abgeschlossen haben, wollen sie auf dem Weg nach Hause häufig noch ein Brot, etwas Wurst oder einen Imbiss einkaufen. Für Optiker, Orthopädiemechaniker oder Hörgeräteakustiker kommen Ärztehäuser, Kliniken und große Apotheken in Frage. Wer diese aufsuchen muss, kann gleich nach den Behandlungsterminen eine Brille oder ein Hörgerät in Auftrag geben. „Gerade für Betriebe in der City sind Frequenzgeber wichtig, weil sie im Nahbereich nicht ausreichend Kunden akquirieren können“, sagt Jehne. Doch in den Citys vieler Kleinstädte fehlen solche Magnetunternehmen: Die großen Handelsketten ziehen ihre Outlets lieber am Ortsrand hoch. Auch Kliniken und Arztpraxen liegen häufig nicht zentral.

Pakt mit der Konkurrenz

Ein typisches Beispiel dafür ist Unterschleißheim (Landkreis München). Gleich drei Optikshops drängen sich in der knapp einen Kilometer langen Bezirksstraße, der wichtigsten Einkaufsstraße der 26 000-Einwohner-Kommune. „Mit meinem ersten Konkurrenten habe ich eine Art Gentleman’s Agreement getroffen“, berichtet Dirk Redler, Inhaber von Lohhof Optik Loop. Vor rund zehn Jahren machte 200 Meter von seinem 1990 gegründeten Shop entfernt eine Filiale der Handelskette Matt Optik auf. „Mit den jeweiligen Filialleitern habe ich häufig die Schaufenstergestaltungen abgestimmt, damit nicht vergleichbare Produkte ausliegen“, blickt Redler zurück. Das klappte auch deshalb, weil beide Wettbewerber sich an unterschiedliche Zielgruppen wenden. Matt Optik wirbt mit klassischen Marken um mittlere und ältere Brillenträger, Lohhof Optik Loop hat sich auf modische Gläser für jüngere Verbraucher spezialisiert. Genau diese Verbraucher hat der dritte Optikshop im Visier, der vor knapp einem halben Jahr von einer Vorortstraße in die Bezirksstraße wechselte. Jetzt will Redler sich mit Events und Give-Aways gegen drohende Umsatzverluste wappnen. In den Shopräumen spielt ein Klavierspieler, für weibliche Stammkunden soll es beim nächsten Besuch einen Blumenstrauß und für deren Kinder ein Eis geben.

Augenoptiker Dirk Redler hat bislang alles richtig gemacht. Er entwickelte ein lokales Alleinstellungsmerkmal, machte den Shop auch für Laufkunden attraktiv und investierte in Kundenbindungsmaßnahmen.

Kernkompetenz definieren

„Jeder Unternehmer muss sich fragen, was seine Kernkompetenzen sind, welche Zielgruppen er hat und womit er am meisten Gewinn machen kann“, rät Experte Jehne. Wegzug ist selten eine Lösung. Ansonsten müsse der Unternehmer den Markt stets sorgfältig sondieren. Jederzeit kann neue Konkurrenz hinzuziehen.

Das erlebt gerade Fotograf Klaus Daniel. Am Rand der Regensburger Altstadt hat vor Kurzem ein Billigpreis-Filialist aufgemacht. Ein Rezept gegen den neuen Wettbewerber hat der Handwerksunternehmer bereits. „Bei diesem gibt es vier Abzüge für Bewerbungsfotos, bei mir beliebig viele“, sagt Daniel. „Mit diesem Kundenvorteil werbe ich jetzt.“

Insgesamt sind Innenstadtlagen in den letzten Jahren für Unternehmen wieder attraktiver geworden. Viele Citys melden steigende Besucherzahlen. Vorbei sind die Zeiten, als Verkaufsflächen nur noch auf der grünen Wiese wuchsen und in den Innenstädten zurückgingen. Seit fünf Jahren ist der Anteil der Citylagen am gesamten Verkaufsflächenaufkommen wieder genauso hoch wie 1980 (siehe Tabelle auf Seite 25). „Die City ist wieder in den Fokus des öffentlichen Bewusstseins gerückt“, stellt das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) im Bericht „Handel im Wandel“ fest. Als Folge fragen die Immobilienentwickler verstärkt Bestands- und Leerflächen in zentraler Lage nach. Auch viele Kommunalpolitiker und Stadtverwaltungen haben den Trend erkannt. Sie machen Innenstädte leichter erreichbar und werten diese mit Events auf.