Werbemaßnahmen So gewinnen Sie Ihre ersten Kunden

Sie sind neu am Markt und wollen möglichst schnell neue Kontakte knüpfen? Dann brauchen Sie einen Fahrplan für Ihre Werbemaßnahmen. Wichtiger als ein großes Budget ist dabei die richtige Kundenansprache.

Die ersten Kunden gewinnen

Gülcan Urul ist stolz darauf, die Sprache ihrer Kunden zu sprechen. Dabei geht es der ersten türkischstämmigen Optikermeisterin in Nordrhein-Westfalen nur um die Bedürfnisse rund ums Sehen. Bei Urul, die selbst fünf Sprachen spricht, gehört die Vielfalt zum Geschäftskonzept.

So hat sie sich mit dem Dortmunder Norden bewusst für einen Standort entschieden, an dem Menschen mit unterschiedlicher ethnischer Herkunft zusammenkommen. In der „Brillenwelt Optik Urul“ kann sich jeder Kunde in seiner Muttersprache von der Meisterin und ihren Mitarbeiterinnen beraten lassen. Ein Zusatzservice, der sich für die Gründerin zum wertvollen Alleinstellungsmerkmal entwickelt hat: „Es erleichtert den nicht deutschsprechenden Kunden den Schritt zur richtigen Sehhilfe.“

Mit ihrer interkulturellen Kompetenz hat sich Gülcan Urul einen Wettbewerbsvorteil geschaffen, den Marketingexperten etwas sperrig als USP (Unique Selling Proposition) bezeichen. Dabei geht es im Wesentlichen um die Frage, wie sich ein Unternehmen mit seinem Angebot von der Konkurrenz unterscheiden kann. Für Neueinsteiger ohne Kundenstamm ist die richtige Antwort darauf überlebenswichtig. Oft gibt es in ihrer Branche bereits mehrere etablierte Mitbewerber in der Region. Das kann nur gelingen, wenn der Betrieb etwas bietet, was andere nicht haben.

Mit Marketing beim Kunden punkten

Bei Gülcan Urul erfüllt das Multikulti-Konzept eine existenzielle Funktion für den Betrieb: Es sorgt für Bekanntheit. So ist sie eine begehrte Gesprächspartnerin in der örtlichen Presse, auch im Fernsehen war sie aufgrund ihres Engagements für Jugendliche mit Migrationshintergrund zu sehen. Um Kunden aus der Umgebung zu gewinnen, hat sie Hinweise auf ihr Angebot in mehreren Sprachen am Geschäft angebracht sowie in türkischen und anderssprachigen Zeitungen und Branchenbüchern inseriert.

Wie wichtig ein eindeutiger USP sowie durchdachte Werbeaktivitäten für den Markterfolg sind, zeigt eine Studie der Fachhochschule Trier. Diese hat untersucht, warum Gründer in der Startphase wieder aufgeben müssen. Nach Finanzierungs- und Liquiditätsproblemen folgt die „unzureichende Marketing- und Wettbewerbsanalyse“ gleich auf Platz zwei der Ausstiegsursachen. Laut Studie überschätzen Gründer oft das Geschäftsvolumen iher Idee und stürzen übereilt in einen Markt, ohne ihn ausreichend zu kennen. Kommt dann ein unprofessionell wirkendes Erscheinungsbild hinzu, gestaltet sich der Markteintritt nach den Erkenntnissen der Wissenschaftler „zu einem wahren Spießrutenlaufen“.

Lange überlegt hat Clemens Herre nicht, als der Malerbetrieb seines Chefs zur Übergabe anstand. „Ich habe mich klassisch hochgearbeitet, da blieb nicht viel Zeit für Äußerlichkeiten“, erklärt der Malermeister. Im Gegensatz zu Neueinsteigern hatte der Unternehmer in Tuttlingen zwar den Vorteil eines bestehenden Kundenstamms, doch so richtig zufrieden war Herre mit seiner Situation nicht. So ging er zwar stets in sauberer Branchenkleidung und geputzten Schuhen zum Kunden, wurde jedoch oft schon im Hausflur mit einem Kostenvoranschlag abgefertigt. Inzwischen hat Herre für sich und sein Unternehmen erkannt, wie wichtig ein professionelles Erscheinungsbild für ein Auftragsgespräch beim Kunden ist. Geholfen hat ihm dabei die Stuttgarter Persönlichkeitstrainerin Evelyn Knauß (siehe Interview). Heute sitzt er in passender Businesskleidung gemütlich beim Kaffee im Wohnzimmer und spricht mit seinen potenziellen Auftraggebern darüber, wie er ihr Heim verschönern kann.

Den Erfolg bestimmt der Chef selbst

„Wer den Kittel auszieht, fängt an Geld zu verdienen“, erklärt Berater Klaus Steinseifer das Phänomen. So überrascht der Geschäftsführer der Steinseifer-Seminare seine Teilnehmer in den Managementkursen regelmäßig damit, dass er sich gleich zu Beginn ausführlich mit dem Unternehmer, seiner Persönlichkeit und seinem Erscheinungsbild beschäftigt. „Im Handwerk steht und fällt der Erfolg mit dem Chef, er ist das Fundament des gesamten Unternehmens“, sagt der ehemalige Inhaber eines Malerbetriebs in Stuttgart.

Nach seiner Erfahrung ist es in Zeiten von Dumpingpreisen und immer vergleichbarer werdenden Leistungen überlebenswichtig, dass der Unternehmer jede Chance nutzt, um sich von der Konkurrenz abzuheben. Denn, so Steinseifer, bestimmen Erscheinungsbild und Umgangsformen heute bei 93 Prozent aller Kunden die Kaufentscheidung. Verantwortlich für den Wertewandel ist die Krise. Wie eine Studie von BBDO-Consulting in Düsseldorf zeigt, hat der Faktor „Menschlichkeit“ in den letzten beiden Jahren um zehn Prozent an Bedeutung gewonnen. Ähnlich starke Zuwächse gab es bei den Faktoren „Vertrauen und Ehrlichkeit“ sowie Beständigkeit.

Clemens Herre weiß inzwischen genau, was es heißt, auf Augenhöhe mit den Kunden zu verhandeln. „Wenn ich heute beim Kunden auf dem Sofa sitze, erhalte ich Einblicke ins Privatleben, die mir neue Chancen für ein individuelles Angebot bieten.“

Fahrplan: So klappt die Eröffnung

Je exakter die Planung des großen Projektes, desto besser können Sie sich als Unternehmer bei der Eröffnung um Interessenten und Ihre potenziellen Kunden kümmern; die wichtigsten Punkte:

1. Budget festlegen

Stellen Sie vorher einen realistischen Kostenplan auf. Eine Rieseneröffnung mit Event-Charakter lockt zwar viele Neugierige, naturgemäß verursacht aber ein Massenevent auch hohe Streuverluste. Je spezieller das Angebot und je ausgewählter die Zielgruppe, desto mehr Argumente sprechen für eine gezielte Aktion im kleineren Kreis.

2. Für PR sorgen

Informieren Sie die örtlichen Medien rechtzeitig über die bevorstehende Eröffnung. Erkundigen Sie sich bei den jeweiligen Medien, wer für diese Art der Bericht-erstattung zuständig ist, und laden Sie die Journalisten individuell ein. Im Gegensatz zu einer Anzeige ist eine Berichterstattung im redaktionellen Teil kostenfrei und sorgt noch dazu für mehr Aufmerksamkeit.

3. Stärken zeigen

Präsentieren Sie zur Eröffnung Ihr gesamtes Leistungsspektrum. Neben Schautafeln, Fotos oder kleinen Videos eignen sich dazu vor allem Mustervorführungen, bei denen die Besucher „live“ die Entstehung eines Produkts verfolgen können. Nutzen Sie diese Chance, um die besonderen Stärken Ihres Angebots zu kommunizieren.

4. Auskunft geben

Nutzen Sie als Gründer und Firmeninhaber die Chance, an einem solchen Tag mit möglichst vielen potenziellen Kunden ins Gespräch zu kommen. Das ist ein harter Job, der genau wie das Event selber eine gute Vorbereitung erfordert. Überlegen Sie sich deshalb bereits im Vorfeld schlüssige Antworten auf die wesentlichen Kundenfragen. Sind Sie unsicher, was die Leute interessiert, hilft ein kleiner Feldtest im Freundes- und Bekanntenkreis.

5. Eröffnungsangebote bereithalten

Belohnen Sie Ihre Besucher mit exklusiven Sonder- und Serviceangeboten. Ideal sind Gutscheine, die der potenzielle Kunde später verrechnen kann, wenn Sie für ihn tätig werden oder er bei Ihnen einkauft. Auch die üblichen Werbemittel kommen immer noch gut an, vorausgesetzt Sie bieten mehr als den klassischen Kugelschreiber.

Startmarketing: Die wichtigsten Werbemittel für Einsteiger

Lieber weniger, dafür aber effektiv - als Gründer müssen Sie nicht gleich alle Werbekanäle bedienen. Beschränken Sie sich zunächst auf die folgenden Maßnahmen:

  • Website: Bevor sie sich selbst auf den Weg machen, informieren sich immer mehr potenzielle Kunden via Internet über einen Anbieter. Deshalb sollte die Website nicht nur grafisch ansprechend sein, sondern auch umfassend über die angebotenen Leistungen informieren. Da die meisten Einsteiger (noch) nicht mit umfangreichen Referenzlisten punkten können, ist es zum Aufbau des notwendigen Vertrauens sinnvoll, neben fachlichen Qualifikationen auch persönliche Angaben aufzunehmen.
  • Mundpropaganda: Andere über sich reden zu lassen ist die älteste und preiswerteste Form der Werbung. Anstossen lässt sich der notwendige Dialog am Besten durch eine professionelle Presse- und Öffentlichkeitsarbeit. Und zwar nicht nur einmalig zum Start, sondern Anlässe (Beispiel: Die ersten 100 Tage am Markt) gibt es gerade beim Unternehmensaufbau genug.
  • Mailings : Je passgenauer das Angebot für den Kunden, desto besser stehen die Verkaufschancen. Über die Direktmarketingcenter der Deutschen Post lassen sich die Wunschkunden in einer Region nahezu ohne Streuverluste erreichen. Die fachkundige Beratung zu Zielgruppenauswahl, Versandform und Mailinggestaltung ist im Preis inbegriffen, dank der neuen Produktionsmöglichkeiten sind Mailings heute auch bei sehr kleinen Stückzahlen lohnend.
  • Firmenprospekt: Es läuft zwar heute vieles übers Netz, dennoch ist eine kleine Broschüre mit den wichtigsten Informationen zum neuen Unternehmen genauso ein Muss wie eine ordentliche Visitenkarte. Entscheidend für den Wiedererkennungswert ist ein einheitliches Design mit professionellem Firmenlogo.
  • Hausmesse/Events: Wer es schafft, potenzielle Kunden in die eigenen vier Wände zu locken, hat etwas Entscheidendes bereits gewonnen: Aufmerksamkeit. Um das zu erreichen, sind vor allem Aktionen zum Mitmachen und Miterleben gefragt. Damit Kosten und Aufwand überschaubar bleiben, kann es sinnvoll sein, einen oder mehrere Partner hinzuzunehmen.

Interview: „Den eigenen Wert erkennen“

Ein gutes Erscheinungsbild hat mit dem eigenen Wert zu tun: Persönlichkeitstrainerin Evelyn Knauß aus Stuttgart erklärt, worauf es beim Kunden ankommt.

handwerk magazin: Was sind die typischen Fehler der Handwerker beim Erscheinungsbild?

Evelyn Knauß: Die Klassiker sind natürlich schmutzige Schuhe und Kleidung sowie der Geruch nach Rauch oder Alkohol.

Fehlt den Unternehmern die gute Kinderstube?

Auf keinen Fall, oft mangelt es nur am Gefühl dafür, wie gewisse Verhaltensweisen beim Kunden ankommen. Solange die Geschäfte einigermaßen laufen, gibt es für die meisten Unternehmer keinen Anlass, an ihrem Profil zu feilen.

Was ist daran so schlimm?

Ein gutes Erscheinungsbild hat viel mit der eigenen Wertigkeit zu tun. Für eine neue Maschine investieren die meisten ohne großes Nachdenken mehrere tausend Euro, bei der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit wird dagegen oft geknausert. Dabei sind es im Alltag gerade die vermeintlich kleinen Dinge, die den Unterschied zur Konkurrenz ausmachen.

Saubere Kleidung alleine reicht also nicht?

Sie ist die Voraussetzung, dass mich der Kunde überhaupt in sein Wohnzimmer lässt. Diesen Vertrauensvorsprung muss ich als Unternehmer nutzen, indem ich nett und aufmerksam mit dem Kunden spreche und auf seine Bedürfnisse eingehe.

Muss der Unternehmer dazu einen Anzug tragen?

Aber keinesfalls. Entscheidend für den Erfolg ist ein authentischer Auftritt. Der Kunde muss merken, dass sich der Unternehmer wohlfühlt und sein Markenzeichen Ich, also das Gesamtpaket aus Optik, Verhalten und Auftritt, stimmig ist. Das kann in Hemd und Jackett genauso funktionieren wie in einer ordentlichen Freizeithose mit Polohemd.

Werbeausgaben: Im Schnitt bis 5.000 Euro

Während jeder fünfte Handwerksbetrieb überhaupt kein Geld für Werbemaßnahmen ausgibt, stecken 72 Prozent immerhin bis zu 5000 Euro jährlich in Maßnahmen zur Kundengewinnung. Zu diesem Ergebnis kam eine im Auftrag der telegate AG durchgeführte Umfrage bei 500 kleinen und mittelständischen Unternehmen. Danach stehen im Handwerk immer noch Anzeigen in der regionalen Tageszeitung an der Spitze der Werbehitliste, auf den Plätzen zwei und drei liegt die Werbung in gedruckten Branchenbüchern sowie in Anzeigenblättern.

Als erste nicht-klassische Werbeform folgt auf Platz vier der Eintrag in Online-Branchenverzeichnisse, Platz fünf belegt mit dem Werbebrief per Post wieder ein echter Klassiker der Kundengewinnung. Insgesamt liegt das Handwerk bei Budgethöhe und Wahl der Werbemittel zwar absolut im Durchschnitt der befragten Klein- und Mittelbetriebe, hinkt damit aber dem Trend zum Einsatz effizienterer und zielgruppenspezifischer Online-Marketing-Formen genauso hinterher wie der Rest des Mittelstands.