Zimmerer Schneestern: Starke Kerle mit Mission

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Im schwäbischen Durach entsteht Equipment für Action-Sport-Projekte weltweit. Die Macher von Schneestern bauen alles: vom Übungselement für Bikeschulen bis zum kompletten Snowpark.

das Team  von Schneestern
Große Sprünge wagt das Team von Schneestern. Es will weltweit Action-Sportparks bauen. - © Schneestern

Was macht ein gelernter Zimmerer, der zudem Profi-Freeskier ist und dem Ende der 90er-Jahre die Anlagen zum Ausüben seines Sports fehlen? Er gründet eine Firma und baut sich seine Anlagen selbst. So geschehen bei Dirk Scheumann, der seit mittlerweile 20 Jahren mit seinem Unternehmen Schneestern für immer neue Produkte sowie die passende Infrastruktur sorgt, um Action-Sport betreiben zu können.

Technisch komplexer

Waren es am Anfang eher einfache Geländer, die geschweißt und verkleidet wurden, sind die Elemente für Snowparks heute technisch komplexer geworden. Schneestern baut auch Tunnel mit Lichteffekten oder Abklatschhände, die bei Berührung Geräusche machen. Eine eigene Software rechnet Anfahrtsgeschwindigkeiten und Sprungweiten der Skifahrer und Snowboarder aus, damit jede Schanze die optimale Größe bekommt und Gefahren minimiert werden.

Das Unternehmen aus dem Allgäu hat die Erfahrungen und das Wissen aus konventionellen Ingenieursdisziplinen in das Freestyle-Umfeld übertragen. Der Sport an sich bietet schon Nervenkitzel genug, da sollen Equipment und Anlagen von hoher Qualität sein und Sicherheit bieten .

Leidenschaft für den Sport

Für die Olympischen Winterspiele 2018 im südkoreanischen Pyeongchang durfte das Unternehmen aus dem Allgäu die Wettkampfstätten für die Freestyle-Bereiche Big Air und Slopestyle bauen – und Dirk Scheumann seine Leidenschaft für den Sport so richtig ausleben. „Es ist schon besonders, wenn man die Möglichkeit bekommt, in seiner Sportart einen olympischen Kurs zu gestalten. Man beeinflusst dann maßgeblich mit, wie sich der Sport weiterentwickelt.“ Was früher als Randsportart galt, ist heute olympische Disziplin . Das freut den Visionär, der seine neuen Ideen und Konzepte unermüdlich vorantreibt, und es belegt, dass er den Zeitgeist frühzeitig erkannt hat.

Was aber nicht bedeutet, dass seine sportliche Aufmerksamkeit nur den Profis und Cracks gilt. Im Gegenteil, auch die Anfänger liegen ihm am Herzen . „Uns ist es wichtig, die Kinder und Jugendlichen vom Handy und vom Computer wegzuholen und in die Bewegung zu bringen“, sagt der gelernte Zimmerer, Bautechniker und Familienvater .

So wurde die Sparte Snow um die Bereiche Bike, Wake und Skate erweitert. Grob gesagt ähneln sich die Bereiche, da jeder Sportler in irgendeiner Form gern über Schanzen und Rampen springt, egal ob mit dem Fahrrad, Inline Skates, dem Wakeboard oder mit Skiern .

Zweiter Geschäftsführer

2018 kam Kai Siebdrath als zweiter Geschäftsführer bei Schneestern hinzu. Der studierte Betriebsökonom kümmert sich eher um die Sommersportarten und die Geschäftsentwicklung, während Dirk Scheumann den Winterbereich im Fokus behält sowie die technische Entwicklung der einzelnen Elemente .

Heute beschäftigen die zwei Macher rund 100 Mitarbeiter, darunter Metallbauer, Schreiner und Schweißer. Sie produzieren – ausschließlich „Made in Germany“ – die Hindernisse, wie Boxen, Rails und Rampen, die dann in den einzelnen Anlagen eingesetzt werden. Ein Teil der Mitarbeiter sind Saisonkräfte . Sie packen nur im Winter am Berg mit an, wenn die teils spektakulären Schneeschanzen per Schaufel und Pistenraupe in Form gebracht werden. Oder im Sommer, wenn die Bikeanlagen und Skateparks entstehen. Hier sind Techniken gefragt, die man aus dem Tief- und Straßenbau kennt. Ortbeton kommt zum Einsatz und es wird viel asphaltiert.

Alles aus einer Hand

Der Großteil der Anlagen ist für eine langfristige Nutzung konzipiert, für zehn, fünfzehn oder zwanzig Jahre. In dieser Zeit kann Schneestern auch für Reparaturen oder Wartungsarbeiten beauftragt werden. Grundsätzlich bietet das Unternehmen ein 360-Grad-Konzept an. Alles soll aus einer Hand kommen, am liebsten direkt aus der Firma heraus. In Durach wird geplant, konzeptioniert, gebaut . Dann werden die Pläne vor Ort in den Trail- oder Snowparks umgesetzt. Schneestern tritt dabei als Totalunternehmer auf oder als ausführendes Unternehmen. Doch nicht allen Anlagen ist ein langes Leben beschert, manche stehen auch nur für ein paar Tage, wenn es sich im Winter um bestimmte Show-Events in einem Ski-Gebiet handelt, bei denen herausragende Snowboarder und Skifahrer ihr Können zeigen. Auch Kunstschneeschanzen haben die Schneestern-Teams schon für eine Veranstaltung errichtet, mitten in der Stadt, zusammen mit einem Gerüstbauer.

„Natürlich sind wir uns auch der Klimaveränderung bewusst“, sagt Dirk Scheumann. „Die schneesicheren Tage gehen zurück.“ Da das Unternehmen aktuell noch 60 Prozent des Umsatzes im Winter macht, strebt es eine größere Auslastung zum Sommer hin an. Auch wetterunabhängige Themen rücken neuerdings in den Vordergrund. „Wir haben erste Projekte realisiert, die komplett indoor waren.“ Bei einer Skatehalle beispielsweise spielt es gar keine Rolle mehr, wie das Wetter ist.

Action Sport in die Städte bringen

Um sich weiterzuentwickeln und zu wachsen, plant das Unternehmen langfristig das Thema Action Sport noch mehr in größere Städte zu bringen und möchte dafür die einzelnen Anlagen zu einer Art Naherholungs- oder Erlebniszentrum zusammenfassen. So ein Zentrum könnte aus einem Skatepark, einer Kletteranlage und einem Pumptrack bestehen, einer asphaltierten Endlosschleife, die sowohl Skater als auch Biker nutzen können. Und natürlich einem kleinen Café für die Pausen .

Ehrgeiziges Ziel des Teams:

„Wir wollen einen sicheren und flächendeckenden Zugang zu Action-Sportparks für alle Sportler weltweit schaffen“, so die Geschäftsführer unisono, „und mit Action-Sport die Gesellschaft und Sportwelt nachhaltig und positiv verändern. Ihren ersten Schritten im Alpenraum folgten schnell internationale Projekte. 2019 wurde nun ein erster Franchise-Vertrag mit einem langjährigen Partnerunternehmen in Riga, Lettland, geschlossen, das die Schneestern-Produkte im osteuropäischen und skandinavischen Raum vertreibt. Eine weitere Partnerschaft in Dänemark steht gerade kurz vor dem Abschluss. Und wer weiß, vielleicht klappt irgendwann sogar der Sprung über den großen Teich.