Rallye AÏcha des Gazelles: Das Dreamteam: Viola,Vanessa und der Vito

Dritter Platz in der Kategorie Crossover und beste Neueinsteiger: Das Handwerkerinnenteam Viola Hermann und Vanessa Wagner übertraf in der marokkanischen Wüste alle Erwartungen.

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    Die Frauenrallye führte Viola Hermann (li.) und Vanessa Wagner (re.) über 2500 km durch die Wüste und im Anschluss zum großen Finale in die Küstenstadt Essaouira.
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    Der Mercedes-Benz Vito 4x4 119 CDI Bluetec des Handwerkerinnenteams auf dem Weg durch die Sahara.

Vorsichtig, aber zielstrebig bahnt sich der Mercedes-Benz Vito seinen Weg durch die marokkanische Saharalandschaft. Das Gelände ist anspruchsvoll, der Reifendruck entscheidend. Ist er zu niedrig, drohen Reifenplatzer auf den Geröllfeldern. Ist er zu hoch, versinkt das Fahrzeug in der nächsten Sanddüne.

Bei Viola Hermann ist dieses Wissen in den letzten acht Tagen in Fleisch und Blut übergegangen. Routiniert steuert die 44-jährige Goldschmiedin den 2,5-Tonner durch die Wüste, stets im Hinterkopf, dass jeder Fahrfehler verheerende Folgen haben kann. Es ist die letzte Etappe der diesjährigen Rallye Aïcha des Gazelles du Maroc, einer acht Tage andauernden Fahrt quer durch die marokkanische Sahara. 2500 Kilometer haben Viola Hermann und ihre Teamkollegin, Sanitär- und Heizungsbauerin Vanessa Wagner hinter sich gebracht, die Nächte fernab jeglicher Zivilisation campiert.

Dann ist das Ziel erreicht: Viola Hermann und Vanessa Wagner, das Team von handwerk magazin und der Deutschen Handwerks Zeitung, haben einen hervorragenden dritten Platz bei der Frauenrallye Aïcha des Gazelles 2015 erreicht. Die zwei Unternehmerinnen behaupten sich gegen ihre 300, teils professionellen Mitstreiterinnen. Viola Hermann und Vanessa Wagner sichern sich auch die Auszeichnung als beste Neueinsteiger. „Dieser Preis bedeutet uns sehr viel“, freut sich Hermann. „Er unterstreicht, wie tapfer wir uns zwischen den ganzen erfahrenen Teams geschlagen haben.“

Die Handwerkerinnen hatten sich bei einem Auswahltraining, veranstaltet von handwerk magazin und Mercedes-Benz, als Teilnehmerinnen qualifiziert und starteten am 21. März in Nizza. Danach ging es mit der Fähre nach Marokko und dann in mehreren Etappen in die Sahara, wo in der Nähe der Wüstenstadt Erfoud die eigentlichen Rennen stattfanden. Dabei wurden Strecken abseits jeglicher Straßen oder Wege bewältigt, es ging über Schotterpisten und Sanddünen. Das Ziel der Rallye war Essaouira an der marokkanischen Atlantikküste.

Anders als im Motorsport üblich, setzt das Reglement bei der Aïcha-Rallye nicht auf den Faktor Zeit. Es gilt, mittels Karte und Kompass möglichst dicht an der Ideallinie zu navigieren. Zusätzliche Kilometer werden mit Strafpunkten geahndet, verpasste Checkpoints gleich mit 60 oder gar 120. Gefestigte Navigationskenntnisse sind daher ebenso gefragt wie langjährige Fahrerfahrung in schwierigem Gelände.

Dickes Lob von Mercedes

Vanessa Wagner fand meistens den kürzesten Weg von einem Checkpoint zum anderen und brachte das Team am Ende des Tages wieder wohlbehalten ins Camp zurück. „Es ist Wahnsinn, welcher Druck täglich auf mir lastete“, erzählt die selbständige Sanitär- und Heizungsbauerin, die oft noch spät nachts über ihren Karten brütete. Ein Druck, der vom Organisator durchaus gewollt ist. Denn die seit 25 Jahren stattfindende Rallye ist nicht als Spaßveranstaltung gedacht. Sie soll bewusst mit Vorurteilen gegenüber Frauen im männerdominierten Motorsport aufräumen.

Voll des Lobes über das Handwerkerinnenteam ist auch Mercedes-Mechaniker Sascha Belca, der die Teams bei der Rallye betreut hat: „Die Mädels sind echt Bombe! Das Auto sieht trotz des ständigen Offroadfahrens immer noch aus wie neu. Und gemessen an ihrer Kilometeranzahl hatten wir mit ihnen das bisher erfolgreichste Handwerkerinnenteam im Rennen. Wir sind total happy.“

Generell gibt es in diesem Jahr beim Stuttgarter Autohersteller viel Grund zur Freude. Denn die Teams von Mercedes-Benz belegen in der Crossover-Klasse alle drei vorderen Plätze. So geht der Sieg an das amerikanische Team Alyssa Roenigk und Chrissie Beavis im Mercedes Sprinter, gefolgt vom hauseigenen Mercedesteam mit Andrea Spielvogel und Julia Salamon im Mercedes Vito.

  • Die Fakten
  • Die Rallye Aïcha des Gazelles fand zum 25. Mal statt. Es gab vier Fahrzeugklassen und 158 Teams. Die Strecke war insgesamt 2500 Kilometer lang, der östlichste Punkt lag vier Kilometer vor der algerischen Grenze. Bei der Rallye gibt es kein Preisgeld, mit den Einnahmen werden Hilfsprojekte in Marokko finanziert.

Betrieb geschlossen

Viola Hermann und Vanessa Wagner mussten die dreiwöchige Abwesenheit wegen der Rallyeteilnahme natürlich organisieren, schließlich sind beide Unternehmerinnen. Während Vanessas Vater Werner den gemeinsamen SHK-Betrieb im hessischen Hattersheim alleine führte, hat Viola Hermann ihren Betrieb kurzerhand geschlossen. „Ich wollte einfach den Kopf frei haben und nicht übers Geschäft nachdenken.“

Als Team haben sie prima funktioniert, „gerade in Extremsituationen haben wir das immer gemerkt“, so Wagner. „Wenn eine von uns Nervenflattern bekam, hat die andere umso nüchterner agiert.“ Dem stimmt Fahrerin Viola zu: „Wir hätten uns beide keinen besseren Partner wünschen können. Es war perfekt.“ Nicht einen einzigen Streit habe es gegeben.

Zu Hause angekommen, zieht Vanessa Wagner noch einmal Fazit: „Mittendrin habe ich mir oft gedacht: einmal und nie wieder. Ständig dieser Druck und der permanente Schlafmangel. Doch jetzt könnte ich sofort wieder los. Irgendwie hab ich mich wohl mit dem Rallye-Virus infiziert. Wenn ich könnte, würde ich nächstes Jahr sofort wieder teilnehmen.“