Selbstbestimmt bleiben Für alle Fälle: Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsvollmacht

Es verlangt Mut, mitten im Leben an drei Dinge zu denken: Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Betreuungsvollmacht. Der tragische Unfall von Michael Schumacher zeigt: Es ist nie zu früh.

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    Was Ärzte (nicht) tun dürfen, regelt der Handwerksunternehmer per Vorsorgevollmacht und Patientenverfügung..
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    „Viele Ärzte verstehen die rechtliche Regelung zur Patientenverfügung nicht.“ Dietmar Kurze, ­Rechtsanwalt und Geschäftsführer von VorsorgeAnwalt e.V.

Kein Chef denkt gern darüber nach, wie es im Betrieb weitergeht, wenn er einmal schwer verunglücken sollte. Dabei sind viele Handwerkerberufe erheblichen Verletzungsgefahren ausgesetzt. Ein Stück weit ist es durchaus verständlich, die Horrorszenarien einfach zu verdrängen, um den Alltag optimistisch zu bewältigen. Sollte aber einmal etwas passieren, rächt sich die versäumte Auseinandersetzung mit den Risiken des Lebens garantiert.

Welche Maßnahmen sollten Ärzte in die Wege leiten und welche Behandlungen wie zum Beispiel künstliche Ernährung oder Flüssigkeitszufuhr unterlassen, wenn der Firmenchef aufgrund schwerer Verletzungen im Koma liegt und sich nicht äußern kann?

Drei wichtige Dokumente

Diese Lücke hat der Gesetzgeber vor fünf Jahren mit dem Patientenverfügungsgesetz geschlossen. Damit können Handwerker vorsorglich für den Fall der Einwilligungsunfähigkeit festlegen, ob und inwieweit sie einer ärztlichen Behandlung oder pflegerischen Begleitung zustimmen oder diese ablehnen. Neben der Patientenverfügung, die im Krankenhaus bei Fragen über Leben und Tod greift, gibt es zwei weitere wichtige Dokumente zur Vorsorge.

Zum einen die Vorsorgevollmacht: Mit ihr kann der Chef einer Person seines Vertrauens die Wahrnehmung einzelner oder aller Angelegenheiten für den Fall übertragen, dass er die Fähigkeit, selbst zu entscheiden, einbüßt. Sie verhindert, dass das Gericht einen fremden Betreuer einsetzt. Während der in der Patientenverfügung eingesetzte Bevollmächtigte nur in den dort erfassten Situationen aktiv werden kann, regelt die Vorsorgevollmacht auch, dass die darin eingesetzte Person des Vertrauens umfassend tätig werden kann: also einen Pflegedienst beauftragen, Bank- und Steuerangelegenheiten erledigen und Pflegeleistungen beantragen.

„Insbesondere Firmenchefs sollten eine Vorsorgevollmacht anlegen“, rät Gerrit Tigges, Fachanwalt für Medizinrecht aus der Kanzlei Möller und Partner in Düsseldorf, „da sie auch Regelungen über den Fortbestand, die Führung und schlimmstenfalls den Verkauf des Unternehmens enthalten kann“.

Des Weiteren gibt es die Betreuungsverfügung. Damit legt der Handwerksunternehmer im Voraus fest, wen das Gericht bei festgestellter Hilfsbedürftigkeit als Betreuer bestellen soll, wenn es ohne rechtliche Betreuung nicht mehr weitergeht und keine Vorsorgevollmacht besteht. Genauso kann darin bestimmt werden, wer auf keinen Fall vom Gericht als Betreuer eingesetzt werden soll.

Patientenverfügungen oft fehlerhaft

„Obwohl die Patientenverfügung gesetzlich verankert ist, gibt es mit ihr Probleme“, stellt Dietmar Kurze fest. Der Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer von VorsorgeAnwalt e.V. zählt auf: „Erstens: Die Patientenverfügung ist schlecht formuliert, meist als Ankreuzmuster. Zweitens: Es wurde kein Bevollmächtigter bestimmt, der den verfügten Willen bei den behandelnden Ärzten durchsetzt. Und drittens: Sie wird im Ernstfall nicht gefunden.“ Dabei soll bereits ein Viertel der Bevölkerung ein solches Dokument erstellt haben.

Ärzte müssen Patientenwillen achten

Rechtsanwalt Tigges berichtet aus der Praxis, dass oft widersprüchliche Dinge in der Patientenverfügung verlangt werden. „Wenn man etwa eine Magensonde ablehnt, im Krankenhaus aber klar wird, dass diese nur vorübergehend notwendig ist, etwa nach einem Unfall, und Aussicht auf weitgehende Heilung besteht, würde der Patient sterben, wenn sich der Arzt an die Verfügung hält.“ Daher rät er, detaillierte Ausführungen zu Wünschen, Werten und Ängsten zu machen.

Ist die erfolgte Beratung in der Verfügung dokumentiert – zum Beispiel mit Stempel und Unterschrift des Hausarztes –, wird das Behandlungsteam daraus den Schluss ziehen, dass der Patient genau wusste, was er niederschrieb. Um den Willen noch besser zu ermitteln, empfiehlt die Bundesärztekammer, auch Wertevorstellungen oder religiöse Überzeugungen festzuhalten, die zeigen, was dem einzelnen Handwerker im Notfall wichtig ist.

Derart verbindlichen Patientenverfügungen  müssen die Ärzte folgen. Die Missachtung des Patientenwillens ist als Körperverletzung strafbar. Aktive Sterbehilfe dürfen die Ärzte dagegen nicht leisten.

Checkliste: Für den Notfall vorsorgen

Bei der Formulierung und Hinterlegung von ­Patienten- und Vorsorgevollmachten lauern zahlreiche Fallen, die es zu umgehen gilt.

Betreuungsgericht einschalten

Kommt es trotz Patientenverfügung zum Konflikt mit dem Behandlungsteam und führen Gespräche ins Leere, rät Rechtsanwalt Tigges, dass der Bevollmächtige das Betreuungsgericht einschaltet.

Notfallkarte immer mitführen

Es gibt derzeit keine offizielle Stelle, die Patientenverfügungen registriert. Das Zentrale Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer erfasst nur mit Vorsorgevollmachten verknüpfte Patientenverfügungen. Doch kann dort nur das Betreuungsgericht anfragen. Daher sollten Handwerker stets eine Notfallkarte mit sich führen.

Angehörige und Mitarbeiter informieren

Außerdem müssen Angehörige und Mitarbeiter im Betrieb Bescheid wissen, wo sich welche Dokumente befinden. Eine Vorsorgevollmacht ist gerade bei kleinen Handwerksbetrieben, bei denen nur eine Person unterschriftsberechtigt ist, besonders wichtig. Ansonsten kann der komplette Betrieb mit dem Ausfall des Chefs handlungsunfähig werden.

Holen Sie sich juristischen Rat

Da ein hohes Risiko besteht, eine unbrauchbare Vollmacht auszustellen, sind sowohl juristischer Rat als auch eine notarielle Form anzuraten. Existiert keine Vorsorgevollmacht oder wird die mangelhaft erstellte Urkunde nicht anerkannt, kann das Betreuungsgericht selbst einen Bevollmächtigten bestimmen, der das Unternehmen möglicherweise weder kennt noch weiß, was zu tun ist.