Regionale Förderprogramme NRW: Kraftprotz der Republik

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Finanzierung mit Regionalmitteln und Fördermittel

In NRW schlägt das industrielle und gewerbliche Herz Deutschlands. Gut 190.000 Handwerksunternehmen tragen zu Wohlstand und Beschäftigung bei. Doch Fachkräftemangel und Digitalisierung fordern die Betriebe heraus. Die Regierung hilft mit einer Förderoffensive.

Das Deutsche Bergbau-Museum in Bochum – nach Umbau noch attraktiver.
Das Deutsche Bergbau-Museum in Bochum – nach Umbau noch attraktiver. - © mushmedia/iStockphoto.com

Nordrhein-Westfalen (NRW) ist ein Land der Superlative. Es ist der bedeutendste Wirtschaftsstandort der Republik. Mehr als 800.000 Unternehmen sind hier beheimatet. Ein starker Mittelstand mit zahlreichen international agierenden Firmen sowie zehn der 30 DAX-Konzerne machen das Bundesland zu einer der wichtigsten Volkswirtschaften Europas. 20 der 50 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands und jeder vierte Weltmarktführer aus Deutschland sitzen in NRW.
Einen großen Anteil an der ökonomischen Kraft des Landes hat das Handwerk. Die rund 190.000 zumeist inhabergeführten Handwerksbetriebe mit ihren 1,13 Millionen Mitarbeitern „leisten einen entscheidenden Beitrag zu Wohlstand und Beschäftigung in unserem Land“, betont Andreas Pinkwart, Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes NRW, im jüngsten Handwerksbericht der Landesregierung. Seit Jahren befinde sich das Handwerk in einem starken Konjunkturzyklus. Die Auslastung der Betreibe sei im Herbst 2018 nochmals gestiegen. Der Auftragsbestand erreiche immer neue Höchststände.

Demografischer Wandel sorgt für Nachwuchssorgen im Handwerk

Auch im bisherigen Verlauf des Jahres 2019 hält die gute Geschäftslage an. So berichtet Berthold Schröder, Präsident der Handwerkskammer Dortmund, auf Anfrage, von „Rekordwerten bei der Konjunktur“. Alles paletti im Handwerk also? Nicht ganz. Tatsächlich steht das Handwerk in NRW vor großen Herausforderungen. „Der demografische Wandel sowie der Fachkräftemangel fordern das Handwerk heraus“, sagt Schröder. Und weiter: „Unsere Betriebe suchen intensiv nach geeignetem Personal – und werden vielfach nicht fündig.“
Der Trend zum Studium spiele hier eine Rolle. Die guten Karriereperspektiven im Handwerk seien oftmals gar nicht in den Köpfen der Jugendlichen präsent. Weitere Herausforderungen seien die Digitalisierung, die Berufsbilder und Märkte im Handwerk massiv verändere, sowie die überbordende Bürokratie, die abgebaut werden müsse, damit Handwerker sich wieder stärker auf ihre eigentlichen Geschäfte konzentrieren könnten.
Um die Belange des Handwerks richtig zu erfassen, hatte der Landtag im Jahr 2015 eine überfraktionelle Arbeitsgruppe eingerichtet. Seit 2017 fließen die Empfehlungen dieser sogenannten Enquetekommission „Zukunft von Handwerk und Mittelstand in NRW“ zu wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, Fachkräftesicherung, Ausbildung und Digitalisierung in die Förderprogramme der Landesregierung ein. So hat die Koalition aus CDU und FDP die Landesmittel zur Verbesserung der technischen, digitalen Ausstattung der überbetrieblichen Bildungsstätten des Handwerks zweimal in Folge verdoppelt, auf aktuell acht Millionen Euro. „Ein guter Vorstoß, dem weitere folgen müssen“, wie Kammerpräsident Schröder meint.

Entfesselungspakete und geldwerte Gutscheine helfen Handwerkern

Zudem hat die Regierung im Rahmen ihrer „Entfesselungspakete“ die digitale Gewerbeanmeldung ermöglicht. „Mit dem Gewerbe-Service-Portal.NRW sind wir Vorreiter in Deutschland“, schreibt Staatssekretär Christoph Dammermann und verkündete gleichzeitig die Zusammenarbeit mit der Freien Hansestadt Bremen. Ziel sei es, einheitliche Standards für die Kommunikation mit der Verwaltung zu schaffen.
Ohnehin dreht sich vieles in NRW um neue Technologien. Mitte 2018 vereinbarten Wirtschaftsminister Pinkwart und hochrangige Vertreter des nordrhein-westfälischen Handwerks eine „Digitalisierungs-offensive“. Fünf der in der Tabelle auf Seite 55 aufgeführten Fördertöpfe sind Teil dieses Vorstoßes: Beratung durch BIT und BB, Handwerk-Digital, PROFI-Handwerk sowie Gutscheine und Assistenten. Dazu Andreas Ehlert, Präsident Handwerk NRW: „Um das Land in der Digitalisierung nach vorne zu bringen, müssen wir die gesamte Klaviatur spielen: von der Haustechnik über die Mobilität bis hin zur öffentlichen Verwaltung. Überall ist das Handwerk mit im Spiel.“

Digitalisierungsoffensive und Ideenförderung

Übergeordnetes Ziel der Digitalisierungsoffensive sei es, die Chancen der digitalen Transformation durch gemeinsame Aktivitäten besser zu nutzen. Das heißt: Es geht nich so sehr um das Hinstellen prall gefüllter Fördertöpfe, als vielmehr um gemeinsamen Austausch, aktiven Wissenstransfer und die gezielte Förderung von Ideen. Leistung freilich soll belohnt werden. Ein Baustein in diesem Konzept ist daher der „Innovationspreis Handwerk NRW“. Er ist mit 20.000 Euro dotiert und ist, laut Wirtschaftsministerium, nach dem Zukunftspreis des Bundespräsidenten die höchstdotierte Auszeichnung dieser Art in Deutschland.

Eine zentrale Rolle in der Förderpolitik spielt die landeseigene NRW.Bank. Ihr Vorstandsvorsitzender Eckhard Forst betont neben der Notwendigkeit der Fachkräftesicherung und der Stärkung der Innovationsfähigkeit die Bedeutung von Effizienz und Nachhaltigkeit für Hand-werksunternehmen. Daher unterstütze die Förderbank Betriebe auch bei der Finanzierung von Investitionen in ressourcen- und energiesparende Maßnahmen. „Das reduziert Kosten, erhöht die Produktivität und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit“, ist Forst überzeugt.

De NRW.Bank ist das Förderinstitut des Bundeslandes

Die Staatsbank bedient ein breites Spektrum kreditwirtschaftlicher Förderprodukte. Die für Handwerker wichtigen zeigt die Tabelle links. Kunden der NRW.Bank sind in erster Linie Hausbanken. Wer sich über das Förderinstrumentarium informieren möchte, kann also auf seine Volksbank, Privatbank oder Sparkasse zugehen und die Förderfähigkeit seines Vorhabens prüfen lassen. Auch über die Homepage der NRW.Bank findet man eine Fülle an Informationen. Sich dort vorab zu informieren ist ratsam. Der Grund: Ein Berater der Hausbank hat unter Umständen das Interesse, die Finanzierung komplett im eigenen Haus darzustellen – oder er ist in der Thematik nicht fit, scheut den Prüfungsaufwand und wiegelt ab. Dann entgehen dem Unternehmer möglicherweise vorteilhafte staatliche Mittel.

Wichtig: Ein Förderantrag muss immer vor Beginn des Vorhabens gestellt werden. Die Kammern beraten kostenlos, freie Fördermittelberater nehmen eine Gebühr – die hoch sein kann. Hemmungen, die bereitstehenden Fördermaßnahmen zu nutzen, sollten Handwerker nicht haben. Denn sie leisten einen „entscheidenden Beitrag zu Wohlstand und Beschäftigung“. NRW ist auch oder sogar vor allem wegen des starken Handwerks der Kraftprotz der Republik.

Förderübersicht: So hilft das Wirtschaftsministerium

Das Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen fördert – meist mit Zuschüssen zu Beratungsleistungen. Wichtig:
Der Antrag auf Förderung muss vor Beginn des Vorhabens gestellt werden.

  • Innovationscluster Handwerk NRW (IC-H)
    Über die Kammern und Fachverbände wird der Austausch von Informationen zwischen Handwerksbetrieben eines Netzwerks gefördert. Eine Schlüsselrolle bei Entwicklung und Umsetzung der zu findenden Strategien kommt der Vernetzung der Firmen zu. Schwerpunkte der Cluster sind Information, Sensibilisierung und Beratung. So soll das Thema Digitalisierung an Handwerksunternehmen herangetragen und im gemeinsamen Austausch weiterentwickelt werden.
    Antrag und Infos: lgh.nrw
  • PROFI-Handwerk NRW
    Handwerksunternehmer erhalten für die Teilnahme an Beratungs- und Coachingmaßnahmen einen Zuschuss in Höhe von 50 Prozent und maximal 3.000 Euro für sechs Beratertage. Themen sind Digitalisierung, Vernetzung und Reorganisation von Wertschöpfungsketten. Ziele sind die Steigerung der Kompetenzen in der Unternehmensführung sowie der Innovationsfähigkeit und Wachstumsorientierung.
    Antrag und Infos: nrwbank.de
  • Handwerk-Digital NRW
    Gefördert wird die systematische Steigerung des Digitalisierungsgrades von kleinen und mittleren Handwerksunternehmen. Wie dies im Betrieb geschehen soll, wird in diesem Projekt entwickelt und erprobt. Im Fokus stehen Webinare, Roadshows und Cybercafés. Es wird von den Kammern in Dortmund und Bielefeld sowie von den Fachverbänden Metall und Tischler umgesetzt.
    Antrag und Infos: lgh.nrw
  • Innovations- / Digitalisierungsgutscheine
    Kleine und mittlere Unternehmen, die neue Produkte, auch mit externer Hilfe wie einer Hochschule, entwickeln oder ein bestehendes Angebot wesentlich verbessern, können sich die Ausgaben bis zu 80 Prozent erstatten lassen. Dafür gibt es Innovationsgutscheine. Sie sind nach Abschluss der Maßnahme innerhalb von sechs Monaten beim Projektträger Jülich einzulösen. Jeder Schein hat einen Gegenwert von 10.000 Euro bis 15.000 Euro. Die Gutscheine können auch von mehreren Unternehmen für ein größeres Forschungsvorhaben kumuliert werden.
    Antrag und Infos: ptj.de
  • Innovations-/Digitalisierungsassistenten
    Unternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten, die für ihr Innovations- oder Digitalisierungsvorhaben für die Dauer von 24 Monaten einen Akademiker als Assistenten einsetzen, erhalten einen Zuschuss von bis zu 15.000 Euro pro Jahr. Der Zuschuss erhöht sich auf 22.500 Euro, wenn das Unternehmen bisher keinen Akademiker beschäftigt hatte. Innovationsassistenten sollen themenoffen für Wissens- / Technologietransfer in das Unternehmen und für eine Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit sorgen. Digitalisierungsassistenten sollen die Projektierung neuer digitaler Geschäftsmodelle, die Digitalisierung von Prozessen, Produkten und Dienstleistungen sowie die IT-Sicherheit stärken.
    Antrag und Infos: ptj.de
  • Nutzung unabhängiger Beratung
    Gefördert wird die Beratung durch unabhängige Experten bei Gründungen und Übernahmen. Der Zuschuss beträgt 50 Prozent der Beratungskosten, maximal 400 Euro je Beratungstag. Gründungen werden mit bis zu vier Tagen gefördert, Übernahmen mit bis zu sechs Tagen. Der Zuschusssatz steigt auf 80 Prozent bei Personen mit geringem Einkommen. Vor dem Antrag muss ein persönliches Kontaktgespräch bei einer zugelassenen Beratungsstelle geführt werden.
    Infos: lgh.nrw
  • Beratung durch BIT und BB
    Der Wissenstransfer im Handwerk soll gestärkt werden. Gefördert werden Informations-, Beratungs- und Technologietransfernetzwerke der Handwerksorganisationen sowie entsprechende Qualifizierungsmaßnahmen. Die Beratung findet durch die Beauftragten für Innovation und Technologie (BIT) statt. Die Beratung speziell zu Unternehmensführung und -gründung erfolgt durch die Betriebsberatungsstellen des Handwerks (BB). Die Angebote sind für Handwerksbetriebe sowie Existenzgründer kostenlos.
    Anträge und Infos : nrwbank.de
  • Meistergründungsprämie NRW (MGP NRW)
    Die Förderung wendet sich direkt an Handwerkermeister, die eine eigene Firma gründen möchten oder ein tätiges Unternehmen übernehmen oder sich mehrheitlich daran beteiligen möchten. Der Zuschuss beträgt 7.500 Euro. Die Antragstellung bei der zuständigen Kammer muss vor Gründung / Übernahme / Beteiligung erfolgen. Voraussetz-ung ist die Schaffung von sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen.
    Antrag und Infos
    : lgh.nrw