Überblick Neue Regeln der Arbeitsstättenverordnung

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Arbeitsschutz und Gesundheit

Bei der Ende letzten Jahres in Kraft getretenen Novelle der Arbeitsstättenverordnung wurden Einzelvorschriften zusammengefasst und an die sich veränderten Bedingungen der Arbeitswelt angepasst. Ziel ist es, Sicherheit und Gesundheit der Mitarbeiter in Arbeitsstätten – dazu zählen auch Baustellen – zu gewährleisten. Was jetzt gilt – der Überblick.

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Telearbeitsplätze

Aufgrund des Wandels in der Arbeitswelt und der Forderung nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden klare Regelungen für Telearbeitsplätze in die Arbeitsstättenverordnung aufgenommen. Damit werden rechtliche Unklarheiten in der Praxis beseitigt.

Telearbeitsplätze sind vom Arbeitgeber für einen festgelegten Zeitraum eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich der Beschäftigten. Telearbeit erfordert klare Rahmenbedingungen zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten. Grundlage ist eine Vereinbarung mit dem Beschäftigten über die Einrichtung eines Bildschirmarbeitsplatzes im Privatbereich, über die Arbeitszeit und die Arbeitsbedingungen/Arbeitsplatzgestaltung.

Mit der Regelung wird gleichzeitig klargestellt, dass beruflich bedingte "mobile Arbeit", z.B. das gelegentliche Arbeiten mit dem Laptop in der Freizeit oder das ortsungebundene Arbeiten, wie unterwegs im Zug, nicht vom Anwendungsbereich der Arbeitsstättenverordnung erfasst wird.

Arbeitsschutz-Unterweisung

Durch die Arbeitsschutz-Unterweisung werden die Beschäftigten in die Lage versetzt und aktiv dazu angehalten, sich bei der Arbeit und in Notsituationen sicherheitsgerecht zu verhalten. Die Pflicht zu einer solchen Unterweisung bestand bereits bisher. Jedoch fehlten die entsprechenden Hinweise, über welche Gefährdungen die Beschäftigten unterwiesen werden müssen ( z.B. Brandschutzmaßnahmen, Erste Hilfe, Fluchtwege und Notausgänge). Die Änderung ist also eine praxisgerechte Konkretisierung für Arbeitgeber, damit diese einer jetzt schon bestehenden gesetzlichen Verpflichtung besser nachkommen können.

Umgang mit psychischen Belastungen

Künftig müssen auch psychische Belastungen bei der Beurteilung der Gefährdungen (Gefährdungsbeurteilung) berücksichtigt werden. Dies wird grundsätzlich bereits mit dem Arbeitsschutzgesetz vorgeschrieben. Für Arbeitsstätten wird dies jetzt konkretisiert und betrifft etwa Belastungen und Beeinträchtigungen der Beschäftigten durch störende Geräusche oder Lärm, ungeeignete Beleuchtung oder ergonomische Mängel am Arbeitsplatz.

Sichtverbindung aus Arbeitsräumen nach außen

Die Regelung der Sichtverbindung nach außen gilt für dauerhaft eingerichtete Arbeitsplätze und für sonstige große Sozialräume; sie gilt nicht für jede Art von Sanitärräumen. Die Regelung stellt klare und einheitliche Anforderungen, wie möglichst ausreichend Tageslicht und eine Sichtverbindung aus Arbeitsräumen nach außen gewährleistet werden können. Lassen die baulichen oder betrieblichen Gegebenheiten eine Sichtverbindung nach außen nicht zu, etwa in Bereichen von Flughäfen, Bahnhöfen, Sportstadien oder Einkaufszentren, kann von einer Sichtverbindung nach außen abgesehen werden.

Die Regelung zur Sichtverbindung nach außen war bereits von 1975 bis 2004 Teil der Arbeitsstättenverordnung. Neu ist in der Arbeitsstättenverordnung die eindeutige Auflistung von Ausnahmen, die Missverständnisse und Unklarheiten vermeidet und die besondere Erfordernisse in der Praxis im Blick hat.

Arbeitschutz: Prämie von der BG-Bau jetzt sichern

Wer als Baubetrieb in Maßnahmen zum Arbeitsschutz investiert, kann dafür Prämien bis maximal 20.000 Euro kassieren. Voraussetzung ist eine Mitgliedschaft oder eine freiwillige Versicherung in der BG-Bau sowie ein BG-Beitrag von mindestens 100 Euro pro Jahr.

Wie hoch die Prämie im Einzelfall ausfällt, hängt vom jeweiligen Jahresbeitrag ab.Generell gibt es Prämien für alle Anschaffungen, die dazu beitragen, Gefahrenquellen im Betrieb zu reduzieren. Das betrifft nach Angaben der BG-Bau die folgenden Bereiche:

  • Schutz der Atemwege
  • Baumaschinen und Baustellen-LKW
  • Arbeiten in Höhen
  • Schutz vor elektrischen Gefahren
  • sichere und ergonomische Handmaschinen
  • Verhaltensprävention
  • Organisation des Arbeitsschutzes
Beispiel: Ein Unternehmen, das jährlich etwa einen BG-Beitrag von 250 bis 15.000 Euro zahlt, kann beim Kauf eines entsprechenden Produkts oder für eine Maßnahme in den genannten Bereichen eine Prämie von fünf Prozent des Umlagebetrags, maximal jedoch 750 Euro erhalten. Der Antrag dazu muss im Jahr der Investition gestellt werden, diese muss der Unternehmer per Rechnung nachweisen.

Wichtig: Da die Fördertöpfe beim Kauf von Produkten limitiert sind, sollten interessierte Unternehmen schnell handeln. Alle Infos zur Förderung und Antragsfomulare zum Download gibt es unter https://www.contorion.de/bg-bau?vct=b2b#alleinfos

Passivrauchen: Nicht immer Anspruch auf rauchfreien Arbeitsplatz

Nach der Arbeitsstättenverordnung hat der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit die nicht rauchenden Beschäftigten wirksam vor den Gesundheitsgefahren durch Tabakrauch geschützt werden. Nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts gilt das aber nicht immer.

Bei Arbeitsstätten mit Publikumsverkehr hat der Arbeitgeber nach § 5 Abs. 2 ArbStättV nämlich nur insoweit Schutzmaßnahmen zu treffen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung es zulassen. Das hat wohl der Croupier eines in Hessen betriebenen Spielcasinos übersehen, als er seinen Arbeitgeber einen tabakrauchfreien Arbeitsplatz einklagte. Er hatte im Durchschnitt wöchentlich zwei Dienste von jeweils sechs bis zehn Stunden in einem abgetrennten Raucherraum zu arbeiten. Nur dort und im Barbereich ist den Gästen das Rauchen gestattet. Der Raucherraum ist mit einer Klimaanlage sowie einer Be- und Entlüftungsanlage ausgestattet.

Gesundheitsgefährdung muss minimiert werden 

Das reichte dem Bundesarbeitsgericht aus (Az.: 9 AZR 347/15). Der beklagte Arbeitgeber macht in seinem Spielcasino von der Ausnahmeregelung in § 2 Abs. 5 Nr. 5 des Hessischen Nichtraucherschutzgesetzes (HessNRSG) Gebrauch, die das Rauchen in Spielbanken ermöglicht. Er muss deshalb Schutzmaßnahmen nur insoweit treffen, als die Natur des Betriebs und die Art der Beschäftigung dies zulassen.

§ 5 Abs. 2 ArbStättV verpflichtet ihn laut Bundesarbeitsgericht allerdings dazu, die Gesundheitsgefährdung zu minimieren. Diese Verpflichtung habe mit der baulichen Trennung des Raucherraums, seiner Be- und Entlüftung sowie der zeitlichen Begrenzung der Tätigkeit des Klägers im Raucherraum erfüllt, betonten die Erfurter Richter.