Nanotechnologie Kleine Teilchen mit großer Wirkung

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Baustoffe

Seit zwei Jahrzehnten arbeiten Forscher daran, Baustoffe durch den Einsatz kleinster Teilchen (Nanopartikel) zu verbessern. Dadurch entstehen intelligente Baustoffe, wie hochfester Beton oder selbstreinigende Dachziegel.

Baustoffe werden mit Nanoteilchen versetzt, um verbesserte Eigenschaften zu erreichen. - © Fraunhofer-ISC

Nanotechnologie heißt wörtlich übersetzt Zwergentechnologie. Es geht um sehr kleine Strukturen im Bereich zwischen einem und hundert Nanometern. Ein Nanometer ist der milliardste Teil eines Meters. Nanoteilchen sind Verbünde von einigen wenigen bis einigen Millionen Atomen oder Molekülen. Seit ungefähr 30 Jahren gibt es spezielle Mikroskope, die diese kleinen Elemente besser sichtbar machen.

Materialien ändern in der Nanowelt ihre Eigenschaften. Ein Beispiel dafür ist Gold, das im Nanobereich eine rötliche Farbe bekommt und schon bei ganz niedrigen Temperaturen schmilzt. Forscher machen sich diese speziellen Eigenschaften für Produktentwicklungen zunutze.

Wie werden Nanomaterialien hergestellt?

Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, Nanomaterialien herzustellen. Forscher zermahlen große Teile, bis sie immer kleiner werden oder bauen Nanoteilchen auf, in dem sie Moleküle miteinander reagieren lassen. Noch sind viele dieser Herstellungsverfahren aufwendig und teuer.

Wo werden Nanomaterialien eingesetzt?

Nanomaterialien sind heute schon in vielen Produkten enthalten, wie in Sonnencreme, Putzmitteln, Autolacken und Farben. Auch bei der Entwicklung von Baustoffen gilt die Nanotechnologie als Schlüssel zu innovativen Produkten. Geforscht wird an Materialien, die sich selbst reinigen und selbst heilen und an Anstrichen, die Schadstoffe und Gerüche abbauen.

Auf dem Markt sind schon seit einigen Jahren selbstreinigende Dachziegel. Die eingebrannte Oberflächenbeschichtung zerstört mit Hilfe des Sonnenlichts organische Schmutzteilchen wie Fettablagerungen, Ruße, Moose und Algen. Mit der Zugabe von Nanopartikeln sollen außerdem klassische Baustoffe wie Beton verbessert werden.

Wie funktioniert der Beton mit Nanopartikeln?

Beton ist schon immer ein Nanomaterial. Bei der Aushärtung vernetzen sich im Inneren feinste Nädelchen und wachsen zusammen. So bildet der Baustoff seine Festigkeit aus. Forscher können das mittels neuer Mikroskopietechniken seit einiger Zeit nachweisen. Ein Nachteil von Beton ist, dass bei der Aushärtung Poren übrig bleiben. Dort kann sich Feuchtigkeit sammeln, irgendwann wird das Material brüchiger.

Das wollen Entwickler mit der Zugabe von Nanopartikeln verhindern. Sie werden dem Zement beigemischt und füllen bei der Aushärtung die feinen Poren aus. „Je weniger Porenraum entstehen kann, desto stabiler wird der Beton“, erklärt Karl-Heinz Haas vom Fraunhofer-Institut für Silicatforschung (ISC). Schwerpunkt des Forschungsinstituts ist die Herstellung von Nanomaterialien. Ziel der Forscher ist es, Beton mit fast stahlähnlichen Festigkeiten herzustellen. Das würde schlankere Wandaufbauten ermöglichen und damit Material und Energie bei der Herstellung einsparen.

Noch werden die Betonwerkstoffe mit Nanopartikeln in Laboren und an Instituten erforscht. Ein Vorläufer des Nanobetons ist aber heute schon auf dem Markt, ultrahochfester Beton (UHPC).

Welche Vorteile hat UHPC?

Ultrahochfester Beton (UHPC) ermöglicht durch seine hohe Tragfähigkeit besonders leichte und filigrane Bauwerke. Bei der Herstellung wird weniger Zement benötigt als bei herkömmlichem Beton. Dem ultrahochfesten Beton wird klein gemahlenes Mikrosilica beigemischt, das bei Verbrennungsprozessen, wie der Eisenherstellung, anfällt. Das Material setzt sich in die Poren und verhindert, dass das Mauerwerk porös wird.

Der Baustoff besitzt damit eine dreifach höhere Festigkeit als normaler Beton. Derzeit ist UHPC allerdings auch noch mindestens dreimal so teuer wie normaler Beton und wird hauptsächlich für Spezialanwendungen eingesetzt. „Das ist noch kein Massenbaustoff“, sagt Haas.

Wie sind die Zukunftsaussichten?

Ein Spezialbindemittel für UHPC bietet beispielsweise die Dyckerhoff AG an. Die durcrete GmbH, Technologiepartner von Dyckerhoff, berät Firmen, die mit dem Spezialbeton bauen möchten. So sind bereits Fassaden für Bürogebäude und Brücken entstanden. Durch die hohe Festigkeit und die Materialersparnis könnte der neue Spezialbeton vielleicht schon in einigen Jahren dazu beitragen, bei der Herstellung von Gebäuden Rohstoffe und Kohlendioxid-Emissionen einzusparen.