Nachunternehmer Im Schlepptau der Großen

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Subunternehmer

Größere Aufträge abwickeln, die Kapazitäten besser auslasten – vom Trend zu Komplettangeboten profitieren auch die Nachunternehmer. Vorausgesetzt, die Generalunternehmer arbeiten fair.

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    Dachdeckermeister Markus Schmidt (Forchheim) arbeitet als Subunternehmer, um „Masse zu machen“.
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    Geschäftsführer Tilo Kiess (re.) und Wolfgang Roßkopf, Innenausbauer in Stuttgart, arbeiten nur noch im Ausland für deutsche Generalunternehmer: „Die Zusammenarbeit ist hier viel partnerschaftlicher“, weiß Kiess aus langjähriger Erfahrung.
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    © Chart: handwerk magazin
    Spitzenreiter Hochbau: Der Zukauf von Fremdleistungen gehört in vielen Branchen bereits zum Tagesgeschäft.

Natürlich sind Dachdeckermeister Markus Schmidt Privatkunden am liebsten. „Die Marge stimmt und ich muss nicht ewig aufs Geld warten“, sagt der Geschäftsführer von Schmidt Bedachungen aus Forchheim. Doch hier einige Ziegel zu tauschen oder dort einen Dachstuhl zu erneuern reicht nicht aus, „um jeden Monat 20 Mitarbeiter zu bezahlen“. Neben Marge muss der Betrieb auch Masse machen, allein schon weil sich so günstigere Konditionen für den Materialeinkauf bei Lieferanten aushandeln lassen. Weil jedoch immer mehr Bauherren – auch private – am liebsten alles schlüsselfertig an Komplettanbieter vergeben, kommen Handwerker bei größeren Projekten oft nur als Nachunternehmer zum Zug.

„Wir arbeiten für Generalunternehmer, weil wir so an größere Bauvorhaben kommen, etwa Wohnungsbaugesellschaften, die zehn große Mietshäuser auf einen Schlag sanieren“, erklärt Schmidt. „Die Aufträge sind enger kalkuliert als im Privatgeschäft, dafür ist eine gewisse Auslastung garantiert und es ergeben sich oft weitere Tätigkeiten.“ Etwa 40 Prozent des Umsatzes erwirtschaftet der Betrieb mit Aufträgen als Nachunternehmer und dem direkten Geschäft mit der öffentlichen Hand, rund 60 Prozent stammen von Privatkunden.

Spielraum zum „Nein“ sagen

Vom Trend zum Komplettangebot profitieren somit auch klassische Handwerksbetriebe: Wer per Werkvertrag als Nachunternehmer für Komplettanbieter – Bauträger, Generalübernehmer oder Generalunternehmer – arbeitet, gewinnt Aufträge, die im Direktkontakt zu Bauherren nicht zu haben sind: vom schlüsselfertigen Einfamilienhausbau, über Gewerbe- und Industriebau bis hin zur Sanierung öffentlicher Gebäude. Leistungen von Handwerkskollegen einzukaufen gehört in einigen Gewerken mittlerweile sogar zum Tagesgeschäft. Nach einer Auswertung des Landesverbands Bayerischer Bauinnungen liegt der Fremdleistungsanteil etwa im Hochbauhandwerk bei knapp 27 Prozent.

Bei Komplettanbietern sind vor allem Betriebe mit besonderem Leistungsangebot gefragt. Wie die Schreinerei Stirnweiß aus Forchheim. „Beim ersten Auftrag für einen Generalunternehmer wurden 500 spezielle Türen benötigt“, sagt Schreinermeister Otto Stirnweiß, Chef von sechs Mitarbeitern. „Weil wir Elemente nicht nur montieren, sondern auch individuell produzieren können, hat sich die Zusammenarbeit bei anderen Projekten fortgesetzt.“ Ein Drittel des Umsatzes erzielt Stirnweiß mit Generalunternehmern und Bauträgern, ein weiteres Drittel mit Architekten und ein Drittel mit Privatkunden. Ein guter Mix, findet der Unternehmer: „Hängt man zu sehr von einem ab, diktiert der den Preis. Man braucht Spielraum, um auch mal Nein sagen zu können.“

Kein Auftrag um jeden Preis

Denn Niedrigpreise sind im Geschäft mit Komplettanbietern die Norm. „Die Generalübernehmer erkämpfen sich die Aufträge und der Handwerker muss dann in dieses Budget passen“, beschreibt Tilo Kiess, Geschäftsführer von Alfred Kiess Innenausbau aus Stuttgart, 50 Mitarbeiter, den Markt. Betriebe sollten daher genau rechnen, empfiehlt Bertram Roscher, Rechts- und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht in Leipzig. „Im Zweifel lieber einen Auftrag ablehnen.“ Vor allem, wenn es für die Kalkulation kein detailliertes Leistungsverzeichnis gebe, sei Vorsicht geraten. „Je pauschaler die Leistungsbeschreibung, desto geringer ist die Chance für nicht kalkulierte Arbeiten eine Zusatzvergütung zu erhalten. Hier muss unbedingt ein Puffer für unvorhergesehene Leistungen eingerechnet werden.“

Ein akzeptabler Preis sichert aber längst nicht den Erfolg: „Nachunternehmer müssen prüfen, ob sie den Auftrag überhaupt ausführen können“, rät Peter Haas, aufs Bauhandwerk spezialisierter Unternehmensberater aus Rodgau. Reicht die Kapazität von Personal, Maschinen und Fuhrpark? Können Baustoffe in der benötigten Menge vorfinanziert werden? Wer hier falsch plant, gefährdet die termingerechte Fertigstellung – und bringt sich in große Schwierigkeiten.

„Hat der Generalunternehmer mit seinem Auftraggeber eine Vertragsstrafe vereinbart und gerät das Projekt wegen eines Nachunternehmers in Verzug, muss dieser dem Generalunternehmer die gesamte Vertragsstrafe – in der Regel sind dies fünf Prozent der Gesamtauftragssumme – erstatten“, erklärt Rechtsanwalt Roscher. Jede fremdverschuldete Behinderung der eigenen Arbeit müsse deshalb unbedingt schriftlich angezeigt werden.

Der hohe Termindruck erfordert auch eine andere Führung der Mitarbeiter. „Durch die zeitlich enge Taktung ist die Arbeit hektischer als im Privatbereich“, sagt Markus Schmidt. Zugeständnisse an Termine kennt auch Schreinermeister Stirnweiß: „Ich habe auch schon Teile vom Lieferanten persönlich abgeholt.“ Ein Engagement, dass „ein guter Generalunternehmer zu schätzen weiß“, so Stirnweiß.

Partner sorgfältig auswählen

Denn im Idealfall sei die Zusammenarbeit ein gegenseitiges Geben und Nehmen. „Erfolgsfaktoren sind der gute persönliche Kontakt und die Gewissheit, dass Leistungen bezahlt werden“, ergänzt Dachdeckermeister Schmidt. Ein guter Generalunternehmer kläre Probleme zeitnah im persönlichen Gespräch auf Augenhöhe und so, „dass man sich anschließend noch sehen wolle“. Weil dies nicht immer der Fall ist, arbeitet Schmidt nur noch mit Generalunternehmern, die er als zuverlässig einschätzt. „Wir haben Lehrgeld in fünfstelliger Höhe bezahlt, weil Firmen uns nicht bezahlt haben.“

Vor Blauäugigkeit warnt auch Innenausbauer Tilo Kiess: „Es gibt sehr große Unterschiede zwischen den Generalunternehmern. Manche versuchen, bei der Leistungsfeststellung unberechtigte Abzüge herauszupressen, oder Terminverzögerungen werden unangemessen hoch eingeschätzt.“ Wie hart der Preiskampf zuweilen ist, beschreibt ein Insider: „Es gibt Firmen, die Bauleitern Prämien versprechen, für jeden Euro, den sie nicht bezahlen.“