Nachfolge: Illegaler Datentransfer

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Datenschutz

Wird ein Handwerksbetrieb verkauft, werden stets auch Daten von Mitarbeitern und Kunden übertragen. Vergisst der Verkäufer dabei ­allerdings den Datenschutz, setzt er den Unternehmenskauf aufs Spiel.

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    Ohne Einwilligung der Kunden ist die Weitergabe der Kundendatei an den Erwerber gefährlich.
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    „Der Verkäufer sollte seinen Kunden rechtzeitig eine Widerspruchs­frist setzen.“ Christiane Bierekoven, Fachanwältin für IT-Recht bei Rödl & Partner, ­Nürnberg.

Franz Falk, betriebswirtschaftlicher Berater der Handwerkskammer Stuttgart, ist normalerweise ein gelassener Mann. Spricht man ihn allerdings auf das Thema Datenschutz beim Unternehmenskauf an, verändert sich sein Gesichtsausdruck zur sorgenvollen Miene. „Die Handwerksunternehmer sind für die Problematik noch gar nicht sensibilisiert. Wenn ich ihnen dann aber die Konsequenzen aufzeige, erstarren ihre Gesichter.“ Damit befinden sich Handwerker in bester Gesellschaft. Denn selbst gestandene Rechtsanwälte sind schon nichts ahnend direkt in diese folgenschwere Rechtsfalle hineingetappt. So hat der Bundesgerichtshof (BGH) einen Kanzleiübernahmevertrag für null und nichtig erklärt, weil der Verkäufer offene Honorarforderungen und die Mandantendatei an einen Kollegen veräußert hatte, ohne sich vorher die Genehmigung aller Mandanten einzuholen (Az.: VIII ZR 94/94). Darin sah der BGH einen groben Verstoß gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht der Mandanten.

Salvatorische Klausel einbauen

Dem veräußernden Anwalt war aber noch ein weiterer kapitaler Fehler unterlaufen: Er hatte in den Kaufvertrag keine salvatorische Klausel aufnehmen lassen. Diese regelt, dass ein Vertrag im Zweifel nach wie vor wirksam bleibt, wenn ein Teil nichtig ist. Nach der gesetzlichen Grundregel ist es genau umgekehrt: Eine nichtige Vertragsklausel infiziert im Zweifel den gesamten Vertrag. Konsequenz: Der Anwalt musste dem Erwerber den Kaufpreis für die übergebene Kanzlei zurückzahlen. Der Wert eines Handwerksbetriebs bemisst sich maßgeblich nach der Zahl seiner Kunden. Bei der Übertragung der Kundendatenbank müssen sich aber vor allem die Verkäufer stets vor Augen halten, dass hier personenbezogene Daten übertragen werden und der Vorgang damit dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) untersteht. Grundsätzlich müssen dann alle Kunden vor dem Abschluss des Unternehmenskaufvertrags ihre schriftliche Einwilligung zur Weitergabe ihrer Daten an den Erwerber erteilen.

Vertragsverhandlungen absichern

Heikel ist bereits die Phase der Vertragsverhandlungen. Denn schon hier werden einzelne Kundendaten, Mitarbeiterdaten und Geschäftsgeheimnisse ausgetauscht. Schließlich kauft heutzutage kein Erwerber mehr die Katze im Sack. Also prüft er das Zielunternehmen vor der Unterschrift unter den Vertrag im Rahmen einer sogenannten Due Dilligence auf Herz und Nieren. Um auch in dieser frühen Phase den Datenschutz zu wahren und Geschäftsgeheimnisse zu schützen, sollten die Vertragsparteien einen Geheimhaltungsvertrag abschließen. Er stellt klar, welche Mitarbeiter zur Geheimhaltung verpflichtet werden. Außerdem legt er fest, welche Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse für welchen Zeitraum geheim gehalten werden müssen und welche Vertragsstrafe fällig wird, wenn der potenzielle Erwerber dagegen verstößt.

Für den Kaufinteressenten ist es natürlich wichtig zu wissen: Welche Personen sind in meinem künftigen Unternehmen beschäftigt und zu welchen Konditionen? „Doch im Rahmen der Due Diligence darf der Kaufinteressent nur anonymisierte Musterverträge prüfen,“ erläutert Rechtsanwältin Christiane Bierekoven. Die Fachanwältin für Informationstechnologierecht und Associate Partner bei Rödl & Partner, Nürnberg, warnt: „Die echten Daten der Beschäftigten sind tabu. Ihre Weitergabe verstößt gegen das Bundesdatenschutzgesetz.“ Der Grund: § 32 BDSG erlaubt nur die Weitergabe von Daten zur Durchführung von Beschäftigtenverhältnissen. Sollen einzelne Daten schon während der Vertragsverhandlungen weitergegeben werden, müssen die jeweiligen Beschäftigten explizit einwilligen. Außerdem gilt: Im vorvertraglichen Verhandlungsstadium dürfen zudem auch die Kundendaten nur anonymisiert weitergegeben werden.

Share Deal hat Vorteile

Eine ähnliche Herausforderung ergibt sich bei den Kundendaten. Auch dies sind personenbezogene Daten. Ihre Weitergabe erfordert gemäß § 4 BDSG die Zustimmung der Betroffenen. Hier muss man unterscheiden: Erfolgt der Unternehmenskauf im Wege des Share Deal, werden beim Kauf rechtlich betrachtet keine Daten weitergegeben. Der Käufer tritt im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in sämtliche Rechte des Verkäufers ein; dabei bleibt der Rechtsträger der Gleiche, weil ausschließlich gesellschaftsrechtliche Anteile übertragen werden. Folge: Die Kunden müssen nicht zustimmen.

Anders sieht es beim beim Asset Deal aus. Hier werden einzelne Rechtsgüter übertragen. Gehört dazu auch der Kundenstamm, ändert sich der Rechtsträger bzw. die verantwortliche Stelle im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes. Konsequenz: Jeder einzelne Kunde muss sich damit einverstanden erklären, dass der Käufer sein neuer Vertragspartner wird und vom Verkäufer die Kundendaten erhält. Sonst ist er aus der Datei zu löschen.